Das Haus an der Klippe
zugleich. Dann schaute sie sich um.
Bei dem Anblick, der sich ihr bot, wäre sie beinahe in ein irres Gelächter ausgebrochen. Die beiden Verwundeten, Shirley und Wendy, drückten sich an die Wand – Daphne, mit zerfetzten Kleidern, kauerte wie eine Haselmaus hinter dem Schutzwall des kleinen Ajax – St. Uncumber rang mit Jorge vor dem sturmgepeitschten Fenster, während Feenie sie wie ein wahnsinniger Sturmdämon umkreiste, um zur rechten Zeit ihre Beute zu packen – Mrs. Stonelady saß immer noch wie ein neugieriger Gartenzwerg in der Ecke – und sie selbst, nackt bis zu Taille, mit dem blutigen Prügel in der Hand über den gefallenen Feind triumphierend – es war wie der Höhepunkt eines verrückten Horrorfilms –
Wilde Weiber,
Regie: Tarantino und Ken Russell.
Aber es war noch nicht vorbei, und daß es ein Happy-End geben würde, war nicht gesagt.
Denn für Uncumber sah es nicht gut aus. Auch wenn ihr Haß von tiefsten Emotionen gespeist war, reichte er nicht aus, um die Schwächung durch eine nicht abgeheilte Wunde und die offenbar durchgemachten Entbehrungen auszugleichen.
Ellie sah, wie der Cojo mit einem harten Schlag ihren Hals traf, so daß sie nach hinten flog und ihre um sich schlagenden Arme Feenie mitrissen, die ebenfalls zu Boden ging.
Jetzt rollte sich Jorge seitlich ab und kam mit seiner Waffe in der Hand wieder auf die Beine.
Ellie zweifelte nicht an seinen Absichten. Die Maske des netten Kerls hatte er längst abgelegt. Er würde sie ganz einfach alle umbringen.
Sie warf Popeye einen verzweifelten Blick zu, aber seine Suche nach Munition war fruchtlos gewesen.
Noch einmal brüllte sie ihre Wut auf Gott und Teufel heraus, die solch ein Spiel mit ihnen trieben.
Dann, aus dem Augenwinkel, sah sie, daß Wendy Woolley endlich die hinter der armen blassen Shirley verborgene Waffe zückte, zielte und feuerte.
Aufrecht stehend, unverletzt und in den ungefährlichen Gefilden des Geheimdienstschießstands mochte sie eine Meisterschützin sein.
Hier war sie gerade gut genug, um ihn knapp zu verfehlen, und knapp daneben war auch vorbei.
Die Kugel streifte Jorges Kopf, so daß er zusammenzuckte, bevor sie das Fenster traf.
Dann lächelte er und zielte mit seiner Pistole auf Feenie und Uncumber.
Gott oder Teufel, jetzt müßt ihr auf die Bühne! dachte Ellie verzweifelt. Nur ein direktes Eingreifen von oben kann uns jetzt noch retten.
Und Mungo Macallums teures, extra starkes Glas, das bisher allen Anfechtungen durch Mensch und Natur widerstanden hatte, beschloß nunmehr, daß die letzte Kugel eine Kugel zuviel war.
Als würde der Sturm draußen diese Schwäche ahnen und wäre es leid, daß die drinnen tobende Schlacht ihm die Schau stahl, warf er sich mit aller Macht gegen das splitternde Glas. Es gab nach, es beulte sich aus und barst mit einer Explosion, die wie eine gewaltige Kanonade schier endlos grollte, und mit einem triumphierenden Brüllen, bei dem griechische Dichter wie griechische Götter vor Neid erblaßt wären, stürmten der wütende Wind und das tosende Meer herein.
Einundzwanzig
Ein Elfensturm
E inen Augenblick lang dachte Ellie, sie würden einfach alle im Panoramasaal ertrinken, der sich inzwischen in eine Art Aquarium verwandelt hatte.
Undeutlich nahm sie wahr, wie die anderen wild um sich schlugen, wußte aber nicht, wo oben und unten war. Als nächstes bekam sie mit, wie das Wasser durch die offene Tür in den Vorraum strömte und sich sturzbachartig über die Treppe in den Keller ergoß.
Sie schüttelte den Kopf, um das Wasser aus den Augen zu bekommen, und sah sich um, konnte aber nur ein einziges Bild erfassen: Jorge, dem eine Glasscherbe fast den Kopf abgetrennt hatte, lag über der Ledertasche, aus der in Rinnsalen durchweichter Koks quoll, an dem sich nun die Fische erfreuen mochten.
Dann kehrte der Sturm wieder, als habe sich das Meer nur zurückgezogen, um mit noch längerem Anlauf wieder hereinzustürmen. Dieser neuerliche Andrang von Wind und Wasser war noch heftiger als der erste, er erfaßte alle und schleuderte sie gegen die Rückwand.
Ellie hörte, wie sie selbst in Todesangst aufschrie. Wie es den anderen erging, die bereits verletzt waren, wagte sie sich nicht vorzustellen. Aber als die Fluten wieder die Kellertreppe hinabströmten, befanden sie sich wenigstens alle in Türnähe.
»Wir müssen hier raus!« brüllte sie.
In Extremsituationen kommen Klischees wieder zu ihrem Recht.
Sie packte Novello, die das Wasser an ihre Seite
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