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Das Haus an der Klippe

Das Haus an der Klippe

Titel: Das Haus an der Klippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Ellie.
    Natürlich lag die medizinische Erklärung auf der Hand, wenigstens für sie, die sich im Rahmen ihrer Frauenstudien an der Uni auch mit der Physiologie der Magersucht befaßt hatte. Eine extreme Hungerkur, ob selbstverordnet oder durch Gefängniskost aufgezwungen, kann die Hormonausschüttung des Hypothalamus reduzieren, die Folge ist Hypogonadismus, der bei erwachsenen Frauen oft zu Virilismus führt.
Sic probo
. Aber dies eine Mal war Ellie von der übernatürlichen Erklärung mehr angetan.
    Bruna sah nach Kelly, und Ellie ging wieder Feenie und Mrs. Stonelady zur Hand, die für trockene Kleidung und warmes Essen sorgten.
    Nach einer Erste-Hilfe-Versorgung waren Shirley Novello und Wendy Woolley von Daphne ins Krankenhaus gebracht worden. Diese hatte es in kürzester Zeit geschafft, wieder so auszusehen, als hätte sie einen Fototermin für
Country Life.
    Feenie hatte auch Kelly bewegen wollen mitzufahren, aber Popeye hatte ihr versichert, die Vorkehrungen für ihre Behandlung würden bereits getroffen, und es war nicht zu leugnen, daß die leidende Kelly, sobald Bruna aufgetaucht war, neue Lebenskraft geschöpft hatte.
    Liebe findt zuletzt ihr Stündlein, das weiß jeder Mutter Sohn.
    Auch Andy Dalziel wirkte ein bißchen angegriffen. Er hatte die Aufgabe übernommen, an alle Bedürftigen Alkohol auszuschenken. Die einzigen Worte, die er im Frühstadium mit Ellie wechselte, waren: »Schön, dich zu sehen, Mädel, aber wie mein alter Papa zu sagen pflegte: ›Wenn die Ware nicht zu haben ist, dann stell sie nicht aus.‹«
    Ellie verstand nur Bahnhof, bis Pascoe ihr zuflüsterte: »Ich glaube, dein Negligé verwirrt ihn ein bißchen.« Worauf sie die Jacke zuknöpfte, die er ihr um die Schultern gelegt hatte.
    Dann kam Bruna zurück. »Ellie, die Stunde des Abschieds naht zu früh«, erklärte sie, »aber hier dürfen wir nicht bleiben. Ich schreibe wieder, und diesmal auf Wegen, die ruchlose Ränkeschmiede nicht stören können. Ich grüße deine kleine Tochter, die ich im Garten traf.«
    »Die Frau mit dem Schnurrbart!« erinnerte sich Ellie. »Sie hat sich nicht täuschen lassen.«
    »Kinder sehen klar«, sagte Bruna. »Vielleicht kommt der Tag, an dem wir sehen wie die Kinder.«
    Sie schloß Ellie in die Arme und drückte sie an sich. Dann küßte sie sie auf die Lippen, drehte sich um und ging.
    Ellie folgte ihr. Popeye saß am Steuer des Mercedes, die beiden Frauen schmiegten sich auf dem Rücksitz aneinander.
    Immer noch wütete der Sturm, aber als Ellie jetzt das weiße Auto in den Regen gleiten sah, schien es, als breite er einen magischen Schutzmantel darüber.
    Ellie ging wieder hinein.
    »Dann sind sie also gefahren«, bemerkte Pascoe.
    »Ja, Peter. Ich weiß, sie stehen bestimmt auf allen möglichen Fahndungslisten. Danke, daß du nicht versucht hast, sie aufzuhalten.«
    »Wen meinst du, mich? Während der große Boß auf seinem Hintern sitzt, Scotch trinkt und abwartet? Das hätte ich mich doch nie getraut!«
    »Übrigens, saßen da außer dir und Andy nicht noch ein paar andere Leute gut verschnürt hinten im Laster?«
    »Meinst du? Vielleicht fragen wir ihn lieber.«
    Aber sie stellten alsbald fest, daß Feenie die Frage bereits aufgeworfen hatte.
    »Superintendent«, sagte sie. »Was in aller Welt ist mit Ihren anderen Freunden im Lastwagen geschehen?«
    »Das weiß ich auch nicht recht«, meinte Dalziel. »Pete, mein Junge, habe ich dir nicht gesagt, du sollst sie losbinden?«
    »Ich glaube nicht, Chef«, sagte Pascoe.
    »Da bin ich mir aber ganz sicher. Wenn du es nicht getan hast, dann müssen sie noch da drinnen sein. Zum Teufel noch mal. Er wird nicht gerade erfreut sein, der alte Pimpernel, so wie ich ihn kenne!«
    Das war eine Untertreibung.
    Sempernel tobte zwar nicht, aber seine Wut drückte sich in jeder steifen Bewegung seines Körpers und in jeder abgemessenen Silbe seiner Worte aus.
    Als er erfuhr, daß Popeye mit den beiden Frauen weggefahren war, wurde sein Schweigen noch beredter.
    Und als er feststellte, daß sämtliche Telekommunikationsmittel im Haus außer Betrieb waren, geriet er außer sich vor Zorn.
    »Mr. Dalziel«, sagte er. »Mr. und Mrs. Pascoe, Miss Macallum, was heute abend im einzelnen vorgefallen ist, muß erst noch geklärt werden, aber ich möchte nicht, daß Sie glauben, Sie könnten ungestraft dem Nachrichtendienst Ihrer Majestät ins Handwerk pfuschen. Ich habe bereits genügend Informationen über Sie alle gesammelt, um Ihnen eine düstere Zukunft

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