Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Bennett
Vom Netzwerk:
Koje auf der Hanne von Flensburg zu liegen. Doch die Geräusche waren völlig anders. Und dann wieder das Klopfen an der Tür.
    »Ja, ich komme«, rief ich und rappelte mich auf. Ich fühlte mich völlig zerschlagen und wankte auf unsicheren Beinen zur Tür. Auf dem Flur warteten schon der Verkäufer des Stoffgeschäfts und eine sichtlich aufgebrachte Misses Leyland.
    »Stellen Sie sich vor. Leroy ist geflüchtet. Mit ein paar anderen. Auf einem Boot. Heute Nacht. Ich möchte wissen, woher sie das Geld dafür hatten …«
    Das brachte mich auf den Boden der Tatsachen zurück. Nun konnte ich mich an alles erinnern und hegte keinen Zweifel, dass keine Geringere als ich die Spenderin des Bootes gewesen war. Ich ballte wütend die Fäuste. Das würde er mir büßen. Mit Nafia hatte ich ja noch ein gewisses Mitgefühl, aber dieser Kerl hatte mir eiskalt meine Lebensgrundlage entzogen.
    »Dieser verdammte Bursche hat …«, stieß ich hervor und bremste mich. Erst einmal wollte ich in Erfahrung bringen, was mit ihm geschah, wenn ich ihn verriet und man ihn schnappte.
    »Den Jungen kriegen sie nicht mehr, oder?«
    Misses Leyland lachte spitz. »Da muss er schon viel Glück haben, um nicht in Ketten zurückgebracht zu werden. Und wenn Mister Sullivan zurückkommt, wird er entscheiden, was mit ihm geschieht. Wenn er Glück hat, überlebt er das.«
    Ich zuckte zusammen. Das hörte sich schlimm an, und wenn ich es so recht überlegte: Mein Geld würde ich ohnehin nicht zurückbekommen. Dafür hatten sie sich das Boot oder den Platz auf demselben besorgt. Nein, es war keine gute Idee, zu petzen, dass er mein Geld gestohlen hatte. Aber Nafia würde ich später gewiss zur Rede stellen.
    »Mister Wu will die Stoffe abliefern«, erklärte mir Misses Leyland und nannte mir den Preis. Ich wurde bleich. Was, wenn die Münzen nicht reichen würden?
    »Vielleicht kann ich nachher vorbeikommen und Ihnen das Geld bringen?«, bat ich den Besitzer des Stoffgeschäftes, was Misses Leyland prompt übersetzte.
    Mister Wu schüttelte energisch den Kopf, wandte sich sichtlich erbost an die Haushälterin und überschüttete sie mit einem Schwall von Worten.
    »Nein, er bedauert, Mister Wu wünscht Lieferung gegen Bezahlung«, übersetzte sie die Worte des Verkäufers.
    »Gut, dann darf ich Sie bitten, draußen zu warten«, entgegnete ich mit fester Stimme und schlug Mister Wu und der sichtlich neugierigen Misses Leyland die Tür vor der Nase zu. Am ganzen Körper bebend sammelte ich die Münzen zusammen und zählte sie. Ganz knapp hätte ich zwei der Stoffe bezahlen können. Aber das war mir zu riskant. Ich brauchte noch einen Notgroschen. Doch gänzlich auf ein Kleid für diese Hitze konnte ich auch nicht verzichten.
    Niedergeschlagen schlich ich zur Tür zurück und reichte Mister Wu den Preis für den grünen Stoff.
    »Ich, äh … ich, äh, nehme erst einmal nur den einen Stoff. Nachher gefällt mir Ihre Ware nicht, und ich habe das Geld umsonst ausgegeben«, stammelte ich mit hochrotem Kopf.
    Misses Leyland gab ihm meine Worte zwar sinngemäß korrekt wieder, aber sie ließ durchblicken, dass sie mein Verhalten höchst merkwürdig fand.
    Die Wangen des Verkäufers glühten vor Zorn. Misses Leyland hätte gar nicht übersetzen müssen, weil es ihm ins Gesicht geschrieben stand, was er dachte. Doch sie ließ es sich nicht nehmen, mir die empörten Worte des Verkäufers zu überbringen.
    »Das hätten Sie sich aber früher überlegen müssen. So etwas ist mir ja noch nie vorgekommen! Bestellen und nicht bezahlen. Wo gibt es denn so etwas?« Misses Leyland hielt inne und musterte mich streng. »Also, Misses Brodersen, so einen Wankelmut kennen wir auf der Insel nicht, wenn es um Geschäfte geht. Ich würde Ihnen dringend raten, die Ware abzunehmen, die sie ihm im Laden abgekauft haben!«
    Ich aber nahm den grünen Stoff an mich und verschwand damit ohne weitere Erklärung in meinem Zimmer. Dort ließ ich mich erschöpft auf mein Bett fallen und überlegte. Meine Großzügigkeit würde ohne Frage Konsequenzen haben. Mit den paar Restmünzen konnte ich mir zwar etwas zu essen kaufen, und die Miete für eine Woche hatte ich bereits bezahlt, aber dann? Was würde ich ohne Geld anfangen? Mir wurde übel. Das war einfach zu viel. Ich fand, dass ich alle Strapazen tapfer auf mich genommen hatte. Eine Woge von Selbstmitleid überfiel mich. Ich fühlte mich wie ein verlassenes Kind und brach in lautes Schluchzen aus.
    Entweder hatte ich das Klopfen

Weitere Kostenlose Bücher