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Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Bennett
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blieb. Nafia schien das gar nicht zu behagen. Ob sie bereits ahnte, was jetzt kommen würde? An ihrem verschreckten Blick konnte ich schließlich erkennen, dass sie meine Sprache mittels Händen und Füßen verstanden hatte. Als ich fordernd die Hand aufhielt, brach sie in Tränen aus. Obwohl sie mir leidtat, rang ich mich dazu durch, hart zu bleiben.
    »Los, gib mir das Geld zurück«, herrschte ich sie an, während ich ihr stur meine Hand entgegenstreckte.
    Plötzlich ging sie schluchzend auf die Knie und zeigte mir ihre leeren Hände. Ich schloss daraus, dass sie das Geld nicht mehr besaß. Was sollte ich tun? Verzichten oder weiterbohren?
    Erst einmal wollte ich, dass sie aufstand, aber wenn ich sie richtig verstand, vermutete sie, dass ich sie schlagen wollte, denn sie hielt nun schützend die Hand vor ihr Gesicht. Mir wurde übel, und mein Geld war mir völlig egal. Schließlich hatte ich genug davon.
    Ich trat auf sie zu, nahm ihre Hände und sprach beschwichtigend auf sie ein. Ihr Schluchzen wurde schwächer, verebbte schließlich ganz. Sie sah mich entgeistert an. Mit einer Mischung aus grenzenloser Verwunderung und großer Erleichterung.
    »Thank you, Missus, thank you, thank you«, stammelte sie, und ich verstand, was sie mir zu sagen versuchte. Sie bedankte sich bei mir. Ich reichte ihr meine Hand und half ihr beim Aufstehen. Den ganzen Weg zu ihrer Hütte redete sie auf mich ein, wobei ich allerdings kein einziges Wort verstand.
    In der Hütte war es dämmrig und stickig, aber als Nafia ein Tuch zur Seite schob, strömten Luft und Helligkeit hinein. Die Hütte war einfach eingerichtet. Über einem Stuhl lagen ein paar Kleider. Sie breitete eines nach dem anderen vor mir aus, bis ich begriff, dass sie alle von ihr stammten und ich mir einen Schnitt aussuchen sollte.
    Meine Wahl fiel auf ein luftiges Kleid, das nicht geschnürt wurde. Wenn ich mir vorstellte, wie mir das am schwitzenden Körper kleben würde … Das erfuhr ich ja gerade am eigenen Leib, weil ich immer noch in diesem viel zu dicken Mieder steckte.
    Ich versuchte ihr zu erklären, dass ich gleich morgen die Stoffe vorbeibringen würde. Ich glaube, sie verstand. Als ich Anstalten machte, zurück zum Haus zu gehen, nahm sie mich erneut bei der Hand und zog mich in Richtung des Gartens. Dort führte sie mich zuerst ins Koch- und danach ins Waschhaus. Ich fand das lieb von ihr und auch hochinteressant, nur machten meine müden Füße langsam nicht mehr mit. Wie mich überhaupt eine bleierne Müdigkeit überkam. Ich hatte nur noch den einen Wunsch: mich in das schöne, weiche Bett zu legen!
    Nafia wollte mich gar nicht gehen lassen. Ich hatte meine liebe Mühe, ihr klarzumachen, dass ich sehr müde war.
    Auf dem Weg zum Haus kam mir Nafias Bruder entgegen. Er schien mich aber gar nicht wahrzunehmen, sondern eilte mit gesenktem Kopf an mir vorbei. Als ich gerade meine Zimmertür hinter mir schließen wollte, hörte ich Misses Leyland aufgeregt rufen: »Halt, Misses Brodersen. Warten Sie doch!«
    Stöhnend blieb ich stehen. »Was kann ich für Sie tun?«, erkundigte ich mich höflich.
    »Ich will ja nicht die Pferde scheu machen, aber ich habe eben Leroy aus dem Haus kommen sehen. Und das ist kein gutes Zeichen. Ich traue ihm nicht. Man hat mir zugetragen, dass er flüchten will. Aber ich als Frau kann da wenig ausrichten. Wenn Mister Sullivan zurück ist, werde ich ihm gleich davon berichten. Der wird sich den Knaben schon vorknöpfen. Aber bis dahin: Schließen Sie lieber die Tür ab!«
    »Natürlich!«, entgegnete ich hastig und war froh, dass ich endlich allein in meinem Zimmer war. Erst auf den zweiten Blick wurde mir klar: Jemand war in meinem Zimmer gewesen und hatte meine Sachen durchwühlt. Ein eisiger Schrecken durchfuhr mich, als ich entdeckte, dass jemand mein unberührtes Bett zerwühlt hatte. Dann hatte er bestimmt … ich mochte den Gedanken gar nicht zu Ende denken. Es zog mich zu dem Ort, an dem ich mein Geld versteckt hatte, nämlich unter dem Kopfkissen. Meine Hände zitterten, als ich es hochhob, und ich stieß einen spitzen Schrei aus: nur noch ein paar Münzen lagen verstreut auf dem Laken. Alles andere war fort!
    Ich ließ mich auf das Bett fallen und weinte bitterlich. Ich musste darüber eingeschlafen und offensichtlich so müde gewesen sein, dass ich erst am nächsten Morgen durch ein lautes Klopfen geweckt wurde. Ich brauchte einen Moment, um zu mir zu kommen. Erst wusste ich gar nicht, wo ich war. Ich meinte, in meiner

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