Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)
vorhin ein wenig undeutlich gesprochen. Die Familie meines Mannes heißt Hansen. Aber das ist seine Verwandtschaft mütterlicherseits. Mein Mann hieß Brodersen.« Ich lachte gekünstelt. Dieser Name würde mich noch verfolgen. Wenn unser Notar in Flensburg nur wüsste, dass ich quasi seinen Nachnamen angenommen hatte. »Also heiße ich auch so, also Brodersen!«, fügte ich hastig hinzu.
»Und Sie wollen das Zimmer mieten, Misses Brodersen. Zu welchem Preis denn?«
Ich nannte ihr das, was Nafia mit mir ausgehandelt hatte.
Misses Leyland rümpfte die Nase. »Also, ich hätte mehr verlangt, aber nun gut, abgemacht ist abgemacht. Und …«, sie zauderte, »… verzeihen Sie die Frage, aber wir hatten auch schon Pech mit unseren Gästen. Können Sie den Preis denn auch bezahlen?«
Ich wollte ihr gerade verraten, dass ich die erste Miete für eine Woche bereits geleistet hatte, da schluckte ich meine Worte herunter. Nein, das konnte ich nicht verantworten, wenngleich ich mich sehr über Nafias Verhalten ärgerte. Aber das würde ich ihr persönlich sagen, nachher, wenn ich das Geld von ihr zurückforderte. Und ich war mir ziemlich sicher, dass sie meine Forderung sogar verstehen würde, wenn ich dieser mit Händen und Füßen Ausdruck verlieh!
»Ja, ich habe einen Großteil meines Schmucks verkaufen können, denn ursprünglich war einmal Geld in der Familie Brodersen. Eine angesehene Familie von Juristen, nur mein Mann hat sein Geld in windigen Geschäften verloren. Er ist das schwarze Schaf der Familie Brodersen. Deshalb konnte ich ja auch nicht in Flensburg bleiben …« Ich unterbrach die lebhafte Schilderung meiner erfundenen Lebensgeschichte, um Luft zu holen. Je mehr ich zu erzählen habe, desto glaubwürdiger wirke ich auf die strenge Haushälterin, sagte ich mir und fügte noch eine Einzelheit hinzu, die mir sicherlich ihre Sympathie bringen würde. »Und mein Mann …« Ich senkte die Stimme. »Er hat dem Alkohol zugesprochen.«
Ich hatte auf die richtige Karte gesetzt, denn sie murmelte jetzt: »Ach, diese Männer, wenn sie wüssten, was sie uns damit antun. Aber, Sie sind noch so jung. Armes Kind.« Sie tätschelte meinen Arm. »Gut, dann richten Sie sich erst einmal häuslich ein. Die Küche ist …« Misses Leyland trat ans Fenster. »Dort, sehen Sie das Haus, das ist unser Kochhaus. Da können Sie sich jederzeit etwas selbst kochen oder gegen ein geringes Entgelt von unserer Köchin etwas herrichten lassen. Und das kleine Haus auf der anderen Seite ist das Waschhaus.«
Ich war völlig fasziniert von dem Ausblick in den tropischen Garten, an den riesige Felder mit Zuckerrohr grenzten. Ich wusste genau, wie eine solche Pflanze aussah, denn in unserem Haus in Flensburg hatten ein paar Bilder von Plantagen gehangen. Sofort wurde mir schwer ums Herz. An mein Zuhause sollte ich lieber gar nicht erst denken.
Im Garten wucherten Bäume und Büsche in Grüntönen, die ich noch nie zuvor gesehen hatte, und Blumen in den leuchtendsten Farben. Das Einzige, was nicht zu dieser Idylle passen wollte, waren Hütten, die ich nun in der Ferne, ganz am Ende der Plantage, bemerkte.
»Und was sind das dort hinten für Bauten?«
Misses Leyland folgte mit dem Auge der Richtung meines Fingers. »Ach das?«, erwiderte sie mit herablassender Stimme. »Dort wohnen unsere Sklaven.«
Mir lagen noch so viele Fragen auf der Zunge, aber ich verzichtete darauf, sie zu stellen, weil sie Misses Leyland sicher nicht behagt hätten. Und ich wollte sie auf keinen Fall gegen mich aufbringen. Ich hatte so ein vages Gefühl, dass mir ihre Zuneigung einmal sehr nützen würde. Wie sehr ich damit recht hatte, konnte ich allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen. Dabei interessierte mich natürlich brennend, ob es stimmte, was ich einst gehört hatte: dass die Sklaven keine Rechte besaßen, sondern ihrem Herrn wie bei uns dem Bauer das Vieh gehörten. Danach würde ich lieber Nafia fragen, aber ob ich das mit Händen und Füßen schaffen würde? Da kam mir eine glänzende Idee.
»Wollen Sie sich ein wenig dazuverdienen, Misses Leyland?«, erkundigte ich mich.
»Das kommt darauf an«, entgegnete sie ausweichend.
»Ich würde gern Sprachunterricht bei Ihnen nehmen und Englisch lernen. Ich denke, das kann man hier gebrauchen.«
»Ich muss Sie aber warnen. Ich bin eine strenge Lehrerin.«
Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. »Das hätte ich jetzt gar nicht gedacht«, bemerkte ich süffisant, aber Misses Leyland verstand
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