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Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Bennett
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abwegig. Dieses Schreiben war der Beweis. Wahrscheinlich hatte Pit Hensen ihn genötigt, diese Worte niederzuschreiben.
    Kalte Schauer rieselten mir über den Rücken. Ich mutmaßte, dass Hensen Hauke viel Geld geboten hatte, damit er verschwand. Doch Hensen hatte nicht damit gerechnet, dass ich mehr als schöne Kleider im Kopf hatte. Im Gegenteil, ich durchschaute sein schmutziges Spiel. Wie konnte er glauben, dass ich derart dumm war, nicht über den plumpen Hinweis auf ihn zu stolpern. Meine Wut auf den feigen Hauke Jessen wandelte sich in rasenden Zorn auf Pit Hensen um. Ich schnappte mir den Brief und verließ schnaubend das Zimmer. Beinahe wäre ich auf der steilen Holzstiege gestolpert. Unter wilden Flüchen eilte ich über den Innenhof und stürmte, ohne anzuklopfen, in sein Büro. Ich erschrak zunächst, weil er Besuch von zwei Kapitänen hatte und auch Christian Hensen zugegen war, aber ihre Anwesenheit hinderte mich nicht daran, ihm den Brief auf den Schreibtisch zu knallen.
    »Geben Sie es zu! Sie haben ihn dazu gezwungen!«
    Zu meiner großen Schadenfreude liefen Pit Hensens Wangen hochrot an. Er wandte sich an seine Besucher. »Meine Herren, darf ich um eine kurze Pause bitten? Es gibt ein kleines privates Missverständnis, das der Klärung bedarf«, erklärte er in sachlichem Ton. Die beiden Seemänner standen auf und nickten Hensen verständnisvoll zu, bevor sie das Büro verließen. Pit Hensens Neffe blieb zunächst wie selbstverständlich auf seinem Stuhl sitzen, da ließ sich sein Onkel auch schon deutlich vernehmen: »Du auch, mein Junge. Das, was ich zu klären habe, geht nur Fräulein Asmussen und mich etwas an!«
    Unwillig erhob sich Christian Hensen. Kaum dass die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war, sagte ich in spitzem Ton: »Den Hinweis, dass ich mit Ihnen glücklich werden würde, hätten Sie sich schenken können. Halten Sie mich für so einfältig, dass ich das nicht durchschaue? Sie …« Ich verschluckte, was ich ihm noch an den Kopf werfen wollte.
    Pit Hensen blickte mich so durchdringend an, dass es mir förmlich die Sprache verschlug. »Halten Sie mich tatsächlich für so dumm, dass ich Ihrem Freund, steckte ich hinter diesem Brief, einen Hinweis auf mich als Ihren Ehemann diktieren würde?«
    Nein, durchfuhr es mich eiskalt, so viel Dummheit traute ich Pit Hensen nicht zu. Doch das gab ich nicht zu. »Was weiß ich, warum Sie das getan haben!«
    Pit Hensen wirkte nun wieder völlig souverän und deutete auf einen der Besucherstühle. »Nehmen Sie bitte erst einmal Platz und beruhigen sich.« Mit spitzen Fingern nahm er den Brief zur Hand und schien die Nachricht noch einmal zu lesen.
    »Ich bin ganz Ihrer Meinung, dass Hauke Jessen sie nicht aus eigenem Antrieb verfasst hat.«
    Ich muss ihn ziemlich verblüfft angesehen haben, denn seine Miene hellte sich auf. »Schauen Sie nicht so! Ich weiß zufällig, dass Hauke Jessen eine Verlobte hatte, die aber von einem Fieber dahingerafft worden ist, bevor er aus Saint Croix nach Flensburg kam.«
    »Aber warum sollte er mir gegenüber eine Verlobte als Vorwand erfinden?«, fragte ich verdutzt.
    »Das frage ich mich auch. Des Weiteren wüsste ich, wenn er dringende Geschäfte in Christiansted zu erledigen hätte. Schließlich arbeitet er für unser Unternehmen.« Er erhob sich und holte aus einer Lade seines Schrankes ein paar Schriftstücke. Eines legte er neben den Brief und verglich die beiden. »Keine Frage, es handelt sich um seine Schrift. Schauen Sie selbst.« Er winkte mich zu sich heran und zeigte mir die beiden Schreiben. Es gab keinen Zweifel, die beiden stammten aus ein und derselben Feder.
    »Aber wenn Sie es nicht waren, wer sollte ein Interesse daran haben, dass er einen solchen Abschiedsbrief an mich verfasst?« Ich konnte mir partout keinen Reim darauf machen. Doch eines wusste ich ganz sicher: Pit Hensen hatte mit der Sache nichts zu tun. Ich hatte ihm – einmal mehr – gemeinerweise unterstellt, ein gewiefter Betrüger zu sein.
    Pit Hensen zuckte die Achseln. »Keine Ahnung, was dahintersteckt, aber es gibt noch einen Punkt, der nicht der Wahrheit entspricht.«
    »Was denn noch?«, fragte ich unwirsch.
    »Er kann gar nicht an Bord eines Schiffes gegangen sein, denn die nächsten Schiffe nach Westindien werden frühestens Ende September gen Madeira auslaufen, damit sie dann im Dezember den Atlantik mit dem Nordostpassat überqueren können. Das sollten Sie als Tochter eines Reeders eigentlich wissen.«
    Ich lief

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