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Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Bennett
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Kontor erschienen ist. Er ist sonst so zuverlässig. Nein, das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.«
    »Tun Sie nicht so. Sie wissen genau, warum er fort ist! Und wahrscheinlich wissen Sie auch, wo er sich befindet«, entfuhr es mir.
    Ich meinte, für Sekundenbruchteile ein gemeines Grinsen über sein Gesicht huschen zu sehen, bevor er erneut seine verlogene Unschuldsmiene aufsetzte. »Ich weiß es nicht. Leider, aber ich könnte es mir denken. Er war vielleicht ein wenig verstört über die Annäherungsversuche einer jungen Dame der Gesellschaft, die ihn, und das kann ich bezeugen, selbst hier im Kontor aufgesucht hat. Sie hat ihm den Kopf verdreht!«
    So ein hinterhältiger Kerl. Ich konnte mich nicht länger beherrschen, wollte mich auf ihn stürzen, doch dazu kam ich nicht. Zwei kräftige Hände hielten mich fest.
    »Christian! Halte ein!«, ermahnte ihn sein Onkel, der meine Handgelenke mit eisernem Griff umklammert hielt. »Ich weiß, dass Hauke Jessen vorhatte, die junge Dame zu heiraten. Es war ihm also sehr viel an ihr gelegen. Umso merkwürdiger kommt es mir vor, dass er sich, statt diesen Plan zu verfolgen, aus dem Staub gemacht hat. Was weißt du über sein Verschwinden?«
    Pit Hensens Neffe zuckte mit den Achseln. »Gar nichts. Ich bin doch selbst überrascht, weil es so gar nicht seine Art ist …« Er stockte, und sein Blick blieb an einer Lade seines Schreibtisches hängen. »Was ist denn das?«, fragte er so übertrieben entgeistert, dass es meinen Eindruck nur noch bestärkte: Christian hatte mit Haukes Verschwinden zu tun, aber was bezweckte er damit und wie hatte er Hauke dazu bewegen können? Ich war mir jedenfalls ganz sicher, dass Hauke die Stadt nicht freiwillig verlassen hatte.
    »Jetzt verstehe ich«, rief Christian mit gespielter Empörung aus. »Er hat sich die Kasse angeeignet!«
    Pit Hensen ließ meine Hände los und beugte sich über die Lade.
    »Wie viel Geld fehlt?«, fragte er in scharfem Ton.
    »Alles. Ich schätze, es waren weit mehr als zweihundert Taler.«
    Pit Hensen schien seinem Neffen zu glauben, während ich skeptisch blieb.
    »Vielleicht hat er sich selbst an der Kasse bedient«, entfuhr es mir, ohne dass ich darüber nachgedacht hätte, was meine Bemerkung auslösen würde.
    Pit Hensen sah mich fassungslos an. »Sie wollen doch nicht etwa behaupten, dass mein Neffe mich bestohlen hat?«, fragte er streng.
    »Nein, nein, das ist mir nur so … ich meine rausgerutscht«, stammelte ich ganz gegen meine Überzeugung, denn ich konnte mir nicht helfen: Ich hielt Christian Hensen für einen üblen Burschen. Der vernichtende Blick, den er mir zuwarf, als sich sein Onkel erneut kopfschüttelnd über die leere Lade beugte, schien meinen Verdacht zu bestätigen. Er musterte mich beinahe drohend, als wollte er sagen: Wag es ja nicht, dich mit mir anzulegen! Ich wandte den Blick ab und ermahnte mich zu mehr Besonnenheit. Also sprach ich die Worte, die mich sehr viel Überwindung kosteten, die mir aber durchaus glaubwürdig über die Lippen kamen. »Entschuldigen Sie bitte, Herr Hensen, natürlich wollte ich Ihren Neffen nicht der Untreue beschuldigen. Sie müssen verstehen. Ich bin einfach recht durcheinander wegen der ganzen Sache.«
    »Das glaube ich aber auch!«, schnaubte Christian.
    Pit Hensen aber schien meine Entschuldigung erweicht zu haben, zumal ich es geschafft hatte, mir eine Träne aus dem Auge zu quetschen.
    »Lass gut sein, mein lieber Neffe. Ich bringe Fräulein Asmussen nach Hause.«
    Christian nickte zustimmend, doch kaum hatte sich Pit zur Tür gewandt, zeigte sein Neffe mir die Faust. Ich zuckte zusammen. Das war keine leere Drohung. Nein, der junge Mann war mit allen Wassern gewaschen, und er führte etwas im Schilde.
    Ich kam nicht dazu, mir weiter den Kopf über Christian Hensens finstere Pläne zu zerbrechen, weil, kaum dass wir auf der Schiffsbrücke vor dem Kontorhaus angekommen waren, Pit stehen blieb und mir fest in die Augen sah. »Und wie stellen Sie sich nun Ihre Zukunft vor, Hanne?« Er hatte mich noch nie bei meinem Vornamen genannt. Zu meiner großen Überraschung klang es sogar recht angenehm aus seinem Mund. Pit Hensens Stimme besaß einen warmen, rauen und vollen Klang. Ganz im Gegensatz zu seinem Neffen, der eine unangenehm schrille Stimme hatte.
    Ich hielt Pit Hensens Blick stand. Ich war ein wenig beschämt, weil er mich immer noch voller Respekt und beinahe liebevoll ansah. Bei allem, was er über mich wusste, hätte ich es

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