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Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Bennett
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oder gar der Dame des Hauses zu begegnen.
    Valerie fühlte sich überdies völlig allein mit ihrem Kummer. Grandma wiederholte immer nur stereotyp, dass sie selbst dahinterkommen würde, warum die Fullers kein Umgang für sie wären.
    »Warum misst du mit zweierlei Maß?«, hatte Valerie ihre Großmutter gefragt, nachdem diese an jenem schrecklichen Tag kurz nach ihr das Restaurant verlassen hatte. »Du sprichst mit Mister Fuller, als wärt ihr alte Freunde, während du mir den Kontakt zu seinem Sohn James untersagst. Was hat das zu bedeuten? Denkst du ernsthaft an eine geschäftliche Verbindung mit ihm?«
    »Um Himmels willen, nein!«, hatte Grandma erwidert und dann mit entwaffnender Ehrlichkeit hinzugefügt, es mache ihr einfach nur Freude, Elizabeth Hamilton zu ärgern. Und die ärgere sich nun einmal kolossal darüber, wie zuvorkommend Mister Fuller sich ihr, der verhassten Misses Sullivan, gegenüber verhalte.
    Valerie hatte mit sich gerungen, ob sie ihre Großmutter von der Begegnung mit Richard Fuller berichten sollte, aber sie entschied sich dagegen. Sie hatte schließlich nichts gegen den Kerl in der Hand.
    Das Ganze war jetzt über vier Wochen her, und Valerie hatte sich fast durchgehend in Haus und Park verschanzt, aber sie konnte sich doch nicht das ganze restliche Leben über verstecken. Zumal sie ja nicht einmal wusste, was man ihr vorwarf und warum sich alle Freundinnen von ihr zurückgezogen hatten. Natürlich ahnte sie, dass es mit der Antwort auf die Frage zu tun hatte, ob womöglich tatsächlich schwarzes Blut durch ihre Adern floss. Wie oft hatte sie seitdem das Bild ihrer Eltern nach Hinweisen untersucht. Bei ihrer Mutter gab es nicht das geringste Anzeichen, dass sie keine Weiße war. Sie sah Großmutter verblüffend ähnlich, ein ebenso nordischer Typ. Bei ihrem Vater lag der Fall etwas anders. Er sah aus wie ein typischer Engländer, bis auf sein Haar. Das schien dunkel und besaß eine leichte Krause. Manchmal verfluchte sie das Versprechen, das sie Grandma gegeben hatte. Nun war sie gezwungen, deren ganze Lebensgeschichte zu lesen, bevor sie Klarheit über ihre eigene Herkunft bekam. Einerseits faszinierte es sie, Grandma als junge Frau zu erleben. Doch immer wieder spürte sie eine brennende Ungeduld, endlich ihr eigenes Geheimnis zu lüften.
    Wenigstens lenkte die Geschichte von Grandma und Mister Hensen Valerie von ihren Gedanken an James Fuller ab. Und dass sie sich den jungen Mann aus dem Kopf schlagen musste, daran hegte sie nicht den geringsten Zweifel. Er war genauso borniert wie seine Mutter und hatte nichts anderes im Sinn, als herauszufinden, ob sie Sklavenblut in sich hatte. Und wenn ich so weiß wie Queen Victoria wäre, niemals hätte er auch nur die geringste Chance bei mir, dachte sie wütend. Allein die Erinnerung an seine Worte, die sie unfreiwillig hatte mitanhören müssen, trieben ihr die Zornesröte ins Gesicht. Nein, an James wollte sie keinen Gedanken mehr verschwenden! Das Schlimme daran war nur, dass sie sich nicht im Mindesten für einen ihrer übrigen Verehrer erwärmen konnte. Je intensiver die Freundinnen sie mieden, desto häufiger stand ein Junggeselle vor der Tür, um sie auszuführen. Bislang war sie auf keine dieser Einladungen eingegangen. Sehr zu Großmutters Kummer, die es sehr befürwortet hätte, wenn ihre Enkelin über die harmlosen Vergnügungen endlich James Fuller vergessen hätte. Durch welche feige Äußerung Mary gegenüber er sich in ihren Augen längst disqualifiziert hatte, verschwieg Valerie ihrer Großmutter allerdings. Den Triumph, mit erhobenem Zeigefinger darauf hinzuweisen, dass sie es ja gleich gewusst habe, weil er der Enkel des alten Sklaventreibers wäre, gönnte sie ihr nicht.
    Obwohl Valerie sich einredete, mit James Fuller nie mehr auch nur ein Sterbenswort wechseln zu wollen, saß sie die meiste Zeit in ihrem Zimmer und starrte aus dem offenen Fenster in der stillen Hoffnung, James Fuller käme im Galopp angeritten, um sich bei ihr zu entschuldigen und ihr zu versichern, dass sein Herz nur für sie schlüge, ganz gleich, was für Blut durch ihre Adern flösse. Dabei ahnte er nicht einmal, dass sie Mary und ihn belauscht hatte. Und dass er in ihren Augen damit seine Liebe zu ihr, Valerie, endgültig verraten hatte.
    Doch jedes Mal, wenn sie einen Reiter wahrnahm, horchte sie auf. Und schämte sich kurz darauf ganz furchtbar für ihre törichten Phantasien.
    Valerie reckte den Hals, als sie wahrnahm, wer sich in diesem Augenblick

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