Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Bennett
Vom Netzwerk:
verwöhnen, oder? Das hätte ich Heinrich ja niemals zugetraut. Der hat doch eine fesche junge Frau zu Hause. Also, dann würde ich mir den Burschen mal vorknöpfen!«
    »Nein, um Himmels willen. Ich bin nicht Heinrichs Liebchen! Niemals, ich soll auf Saint Croix heiraten. Und eine Frau an Bord, das wollte Heinrich nicht riskieren. Am besten sagst du auch Heinrich nichts davon, dass du hinter mein Geheimnis gekommen bist. Lass uns beide so weitermachen wie bisher. Ich meckere über dein Essen, und du machst dich über mich lustig.«
    »Keine Sorgen, das bleibt hier drinnen verschlossen, denn die Kerle da draußen sagen tatsächlich, Weiber an Bord bringt Pech … aber was meine Kochkünste angeht, da würde ich an deiner Stelle mal ganz ruhig sein.«
    Er bückte sich und griff nach einem Topf, den er auf dem Boden abgestellt hatte. Als er den Deckel öffnete, war ich auf das Schlimmste gefasst, aber es roch erstaunlich gut.
    »Eine Suppe, habe ich nur für dich gemacht, damit du wieder zu Kräften kommst«, verkündete er mit vor Stolz geschwellter Brust. »Mund auf, min Dirn!«
    Ich tat, wie er verlangte, und ließ mich von dem bulligen Kerl wie ein Kind füttern, aber ich hatte solchen Hunger, dass ich nicht weiter darüber nachdachte, sondern seine Suppe genoss wie ein Festessen. Ich verspürte Gewissensbisse, weil ich diesen herzensguten Kerl so dreist belog. Ich würde auf Saint Croix heiraten … und wie flüssig mir diese Lüge über die Lippen gekommen war! Aber ich hatte keine Wahl. Mitwisser konnten Heinrich und ich partout nicht gebrauchen.
    Als ich den letzten Bissen gierig geschluckt hatte, konnte ich mir die Frage nicht verkneifen, wieso er sich mit einem Mal als akzeptabler Koch entpuppte. Denn die Suppe war zwar kein Wunderwerk der Kochkunst, aber sie schmeckte um Längen besser als alles, was ich bisher aus seiner Küche genossen hatte.
    Er klopfte sich vor Lachen auf die Schenkel. »Ich bin immer gut, aber dein Essen habe ich stets besonders zubereitet, weil ich dem kleinen feinen Bengel mal zeigen wollte, was ein richtiger Seemann ist. Für so eine junge Lady hätte ich natürlich besser gekocht. Aber in Zukunft kümmere ich mich persönlich drum, dass es dir schmeckt. Denn du bist viel zu dürr für deine Größe.«
    »Ich weiß schon, warum du mich ›Bohnenstange‹ nennst. Und das tu bloß weiter. Die anderen schöpfen Verdacht, wenn du aufhörst, ekelhaft zu mir zu sein.«
    Er wischte sich seine fettigen Hände an der speckigen Hose ab und reichte mir seine Hand.
    »Darauf kannst du dich verlassen! Wie heißt du eigentlich?«
    Wir tauschten einen kräftigen Händedruck, wie er zwischen zwei Seemännern üblich war.
    »Ich heiße Hanne«, sagte ich. Erst nachdem ich meinen Namen ausgesprochen hatte, wurde mir bewusst, dass ich einen groben Fehler begangen hatte. Anna, Anne, Heike, aber doch nicht Hanne. Nein, das hätte mir nicht passieren dürfen.
    »Wie unser Schiff?«
    Mist, der Koch war natürlich darüber gestolpert. Und ich spürte, wie mir die Röte in die Wangen schoss. So schnell wollte mir partout keine Ausrede einfallen. Ich beschloss, in die Offensive zu gehen.
    »Ja, genau, es wurde nach mir benannt. Ich habe es sogar getauft. Mit einer Buddel Rum.«
    »Dann bist du ja, oh Verzeihung, ich muss ja jetzt wohl ›Sie‹ zu dir sagen, also, denn sind Sie wohl die Tochter vom alten Asmussen.«
    Erst in diesem Augenblick fiel mir mit Schrecken ein, dass Hanne Asmussen sich vor Kummer ertränkt hatte und er spätestens nach seiner Rückkehr erfahren würde, dass die junge Dame sich umgebracht hatte. Dann wusste er, dass der Selbstmord fingiert war und ich mich stattdessen nach Saint Croix abgesetzt hatte … Nein, Mitwisser konnten wir wirklich nicht gebrauchen. Ich musste mich irgendwie aus der Affäre ziehen.
    »Ich, äh, nein … ich bin … nein, ich bin …«, stotterte ich, als plötzlich ein fürchterliches Gepolter ertönte, das mich erschrocken verstummen ließ.
    Es war Heinrich, der den Aufgang zur Kapitänskoje hinuntertorkelte. Er sah entsetzlich mitgenommen aus. Im Gesicht war er aschfahl. Das Haar hing ihm in feuchten Strähnen in die Stirn, und seine Augen waren verquollen. Und er stank wie Pits ganzer Rumkeller.
    »Das wäre geschafft«, lallte er, »aber wir sind am Absaufen haarscharf vorbeigeschrabbt …« Plötzlich stutzte er. Ich vermutete, dass er meinen unbedeckten Kopf wahrnahm und sich fragte, ob sein Koch das ebenfalls bemerkt hatte. Doch bevor er etwas

Weitere Kostenlose Bücher