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Das Haus auf den Klippen

Das Haus auf den Klippen

Titel: Das Haus auf den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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sie ihn aus Notwehr getötet hat,
aber das zuzugeben hieße auch zuzugeben, daß sie die Warnzeichen nicht beachtet haben.«
    Menley merkte, daß er fix und fertig war. Nach gerade drei
Tagen Urlaub war er schon wieder in der Kanzlei. Sie brachte es
nicht über sich, jetzt Scott Coveys Anfrage zur Sprache zu bringen. Nach seiner Rückkehr am nächsten Tag würde sie ihn bitten, mit Covey zu reden. Sie verstand weiß Gott, was es hieß,
von der Polizei wegen eines tragischen Unfalls verhört zu werden.
    Sie versicherte Adam, daß es ihr und Hannah bestens gehe,
daß er ihnen beiden fehle und daß sie damit beschäftigt sei, für
das neue Buch Material zu sammeln.
    Das Gespräch mit Scott Covey und das mit Adam hatten aber
ihre Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt, und so machte sie
um neun Uhr das Licht aus und ging nach oben.
    Sie schaute nach der friedlich schlafenden Hannah und stellte
fest, daß es merkwürdig muffig in dem Zimmer roch. Woher
kam das nur? fragte sie sich. Sie machte das Fenster etwas weiter auf. Eine starke, salzige Brise Seeluft fegte in den Raum. So
ist es besser, dachte sie.
    Es fiel ihr schwer einzuschlafen. Der Bahnübergang heute
hatte ihr wieder intensive Erinnerungen an den entsetzlichen
Unfall ins Gedächtnis gerufen. Diesmal mußte sie an das Warnlicht damals denken. Sie war überzeugt davon, daß sie hingesehen hatte – so etwas tat sie immer ganz automatisch –, doch die
Sonne hatte so geblendet, daß sie das Blinken nicht wahrgenommen hatte. Das erste Anzeichen dessen, was sich anbahnte,
war das Vibrieren, das von dem Zug herrührte, der auf sie zuraste. Und dann hörte sie das panische, schrille Pfeifen.
    Ihre Kehle wurde trocken, die Lippen fühlten sich blutleer an.
Doch diesmal fing sie wenigstens nicht zu schwitzen und zu
zittern an. Endlich schlief sie einigermaßen ein.
    Um zwei Uhr saß sie kerzengerade im Bett. Das Baby schrie
lauthals, und das Geräusch einer heranrasenden Eisenbahn hallte
durchs Haus.
5. August
16

A
    dam Nichols wurde das Gefühl nicht los, daß etwas im
argen lag. Er schlief nur sporadisch, und jedesmal, wenn er
aufwachte, dann mit dem Bewußtsein, daß er gerade einen vagen, beunruhigenden Traum gehabt hatte und nicht mehr wußte,
worum es ging.
    Um sechs Uhr, als die Morgendämmerung über dem East River anbrach, warf er die Bettdecke zurück und stand auf. Er
machte Kaffee und nahm ihn mit auf die Terrasse hinaus mit
dem Wunsch, es wäre schon halb acht und er könnte Menley
anrufen. Bis dahin wollte er warten, da die Kleine jetzt schon
gewöhnlich bis nach sieben durchschlief.
    Ein Lächeln huschte ihm über die Lippen, als er an Menley
und Hannah dachte. Seine Familie. Das Wunder von Hannahs
Geburt vor drei Monaten. Der Kummer über den Verlust von
Bobby, der endlich nachzulassen begann. Ein Jahr zuvor um
diese Zeit war er noch allein auf dem Cape gewesen und hätte
keinen Pfifferling darauf gesetzt, daß seine Ehe mit Menley zu
retten sein könnte. Er hatte mit einem Therapeuten darüber gesprochen und von ihm erfahren, daß der Tod eines Kindes häufig zum Scheitern einer Ehe führt. Der Psychologe hatte gesagt,
es entstünden solche seelischen Qualen, daß die Eltern manchmal nicht unter demselben Dach leben könnten.
    Adam hatte den Gedanken ins Auge gefaßt, daß es vielleicht
für sie beide besser wäre, wenn jeder seines eigenen Weges ginge. Dann hatte Menley angerufen, und Adam erkannte, daß er
von dem verzweifelten Wunsch beseelt war, die Ehe zu erhalten.
    Menleys Schwangerschaft war ohne Probleme verlaufen. Er
war dann auch bei ihr im Kreißsaal dabei. Sie hatte starke
Schmerzen, verhielt sich aber großartig. Dann aber hörten sie
vom Ende des Ganges her eine Frau schreien. Die Veränderung,
die daraufhin mit Menley geschah, war dramatisch. Ihr Gesicht
wurde aschfahl. Diese enormen blauen Augen wurden noch größer, schließlich schlug sie die Hände darüber. »Nein… nein…
Hilfe, bitte«, hatte sie ausgerufen, zitternd und schluchzend. Die
Anspannung in ihrem Körper vermehrte die Stärke ihrer Wehen,
erschwerte die Geburt.
    Und als Hannah dann schließlich geboren war und der Arzt
sie Menley dort im Entbindungsraum in die Arme legte, da
schob sie, so unfaßbar es war, die Neugeborene weg. »Ich will
Bobby«, heulte sie. »Ich will Bobby.«
    Adam hatte daraufhin die Kleine genommen und sich an den
Hals gelegt und geflüstert: »Ist schon gut, Hannah. Wir lieben
dich, Hannah«, als fürchte

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