Das Haus auf den Klippen
verdächtigten, aber Coogan fand die Angaben
enttäuschend. »Ich kann Ihre Gefühle darüber verstehen, daß Sie
kein einziges Bild Ihrer Tochter im ganzen Haus gefunden haben«, sagte er, »aber ich habe die Erfahrung gemacht, daß die
Leute nach solch einem tragischen Ereignis unterschiedlich reagieren. Die einen kramen jedes Foto hervor, das sie von dem
Menschen, den sie verloren haben, besitzen, während die anderen sofort Bilder und Erinnerungsstücke wegpacken oder sogar
vernichten, die Kleider weggeben, das Auto des Verstorbenen
verkaufen, ja sogar eigens umziehen. Es scheint fast, als ob sie
glauben, es sei leichter, über den Schmerz hinwegzukommen,
wenn man alles, was Erinnerungen hervorruft, entfernt.«
Er schlug einen anderen Kurs ein. »Sie lernten doch Scott Covey kennen, als Ihre Tochter schon mit ihm verheiratet war. Da
er Ihnen fremd war, müssen Sie sich Sorgen gemacht haben.
Haben Sie möglicherweise über seine Herkunft Erkundigungen
eingezogen?«
Graham Carpenter nickte. »Ja, in der Tat. Keine sehr umfassende Nachforschung, aber alles, was er uns erzählt hat, stellte
sich als richtig heraus. Er wurde in Columbus, Ohio, geboren
und wuchs dort auf. Sein Vater und seine Stiefmutter gingen
später nach Kalifornien in den Ruhestand. Er besuchte die Universität von Kansas, hat aber keinen Abschluß gemacht. Er versuchte es als Schauspieler, ist aber nicht weit damit gekommen
und hat dann als Geschäftsführer für eine Reihe kleiner Theaterunternehmen gearbeitet. So hat ihn Vivian dann letztes Jahr getroffen.« Er lächelte freudlos. »Vivian gab zu verstehen, er hätte
ein Privateinkommen. Ich glaube, das war eine Erfindung uns
zuliebe.«
»Ich verstehe.« Nat erhob sich. »Ich will ehrlich sein. Bis dato
scheint alles zu stimmen, was ich gehört habe. Ihre Tochter war
in Covey völlig vernarrt, und er verhielt sich zweifellos so, als
sei er in sie verliebt. Die beiden hatten eine Reise nach Hawaii
vor, und sie hatte einer Reihe von Leuten erzählt, daß sie entschlossen sei, bis dahin wirklich gut tauchen zu lernen. Sie wollte alles mit ihm machen. Er ist ein hervorragender Schwimmer,
war aber noch nie mit einem Boot umgegangen, bevor er sie
kennenlernte. Der Sturm wurde eigentlich nicht vor Mitternacht
erwartet. Ehrlich gesagt hatte sie im Grunde die nötige Erfahrung und hätte daran denken müssen, das Radio anzumachen
und den Wetterbericht zu verfolgen.«
»Heißt das, daß Sie die Ermittlungen einstellen?« fragte Carpenter.
»Nein. Aber es heißt, daß es, einmal abgesehen von den offensichtlichen Faktoren, daß Vivian eine reiche junge Frau war
und die beiden nur kurze Zeit verheiratet waren, praktisch nichts
gibt, von dem man ausgehen könnte.«
»Ah ja. Nun, ich danke Ihnen, daß Sie uns das haben wissen
lassen. Ich begleite Sie hinaus.«
Sie waren gerade an der Verandatür angelangt, als Anne Carpenter hinter ihnen herrief. »Mr. Coogan.«
Nat und Graham Carpenter drehten sich beide um.
»Nur eines noch. Ich weiß, daß die Leiche meiner Tochter in
schrecklichem Zustand war wegen der langen Zeit, die sie im
Wasser war, und wegen der Meerestiere, die sie angegriffen
haben…«
»Ich fürchte, das stimmt«, bestätigte Nat.
»Anne, Liebes, warum quälst du dich denn zusätzlich?« warf
ihr Mann ein.
»Nein, laß mich zu Ende reden. Mr. Coogan, waren die Finger
der rechten Hand von meiner Tochter intakt, oder haben sie gefehlt?«
Nat zögerte. »Eine Hand war schlimm zugerichtet. Die andere
nicht. Ich glaube, es war die Rechte, die in bösem Zustand war,
aber da möchte ich lieber die Obduktionsbilder überprüfen.
Warum fragen Sie?«
»Weil meine Tochter immer einen sehr wertvollen Smaragdring am Ringfinger der rechten Hand getragen hat. Von dem Tag
an, als ihn meine Mutter ihr geschenkt hat, nahm Vivian ihn nie
ab. Wir haben Scott danach gefragt, weil der Ring ein Familienerbstück war und wir ihn zurückhaben wollten, falls man ihn
gefunden hat. Aber er hat uns mehr oder weniger zu verstehen
gegeben, ihre Hand sei verstümmelt gewesen und der Ring verschwunden.«
»Ich gebe Ihnen innerhalb einer Stunde Bescheid«, sagte Nat.
Als Nat wieder in seinem Büro war, widmete er sich eingehend den Obduktionsbildern, bevor er die Carpenters anrief.
Alle zehn Fingerspitzen fehlten. An der linken Hand steckte
der Ehering am Ringfinger. Der Ringfinger der rechten jedoch
war wirklich übel zugerichtet. Zwischen dem obersten Glied und
der Handfläche war er bis
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