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Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman

Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman

Titel: Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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meine Anwälte anweisen, die Schulden einzutreiben, die Henning als Prokurist der Reederei Matthes bei mir hat, dann hättest du doch wohl nichts dagegen, oder? «
    Sie lächelte ihn an. » Was hast du gesagt? Ich habe dich nicht verstanden. «
    Er nickte schmunzelnd. » Aber ich habe dich verstanden. «

Dritter Teil – »Champagnerwitwe«

M arionetten des Teufels
    Elsa streifte oft durch den intensiv duftenden Garten, den sie von allen Dingen des Hauses am liebsten mochte. Sie hatte zwischen Bougainvilleen, Flammenbüsche, Goldtrompeten, Malven, Jasmin und Hibiskus einige Sträucher Kamelien gepflanzt, die der blaue Schmetterling besonders gern anflog, und die ersten Erfolge waren bereits zu sehen. Hin und wieder erblickte sie tatsächlich ein Exemplar, dem sie folgte, solange es möglich war. Wenn der azurne Horizont des Meeres das Tier unsichtbar machte oder es einfach hügelabwärts verschwand, entstand ein Moment der Traurigkeit, den sie nicht kontrollieren konnte. Dann wünschte sie, der Schmetterling wäre nie erschienen.
    Die meiste Zeit über schwebte Elsa jedoch unbeschwert durch die Tage, als wäre sie selbst ein blauer Falter, immer auf der Suche nach belebendem Nektar, der sie erfrischte. Sie organisierte Picknicks an ungewöhnlichen Orten und ließ sich von Gung zu diesem Zweck herumfahren, sie mietete große Yachten samt Crew für eine gemeinsame Fahrt um die Insel, nahm mit dem Einverständnis von Titus einige Veränderungen bei der Einrichtung vor, plante einen Anbau, bestellte neue, extravagante Kleider für sie alle, kochte traditionelle Gerichte und aß für zwei, für sich und das Baby. Jeden Tag fuhr sie nach Port Rabaul, um auf dem Markt einen Vogel zu kaufen, den sie dann vom Garten der Villa aus in die Freiheit entließ. Wegen der Schwangerschaft tanzte sie nicht, sah aber amüsiert dabei zu, wie Paulette Iolana nach und nach Charleston, Swing, Tango und Fox beibrachte.
    Erstaunlicherweise mochte sie beide Frauen, wenn auch auf ganz unterschiedliche Art. Iolana hatte das Potenzial, zu dem zu werden, was Elsa nie gehabt hatte – eine Vertraute, eine beste Freundin. Noch kannten sie sich nicht lange genug dafür, aber Elsa schaffte es immer häufiger, Iolana vor der Melancholie zu bewahren, an deren Rand sie balancierte wie am Schlund eines Vulkans. Iolana kümmerte sich im Gegenzug wie eine überbesorgte Krankenschwester um Elsa. Was Paulette anging, so war ihre herbe Direktheit weit erfrischender als ernüchternd. Es machte Elsa Spaß, die Französin zu einer Unternehmung zu überreden, zu der sie eine halbe Stunde vorher nicht die geringste Lust gehabt hatte. Umgekehrt war es ein stilles und verrücktes Vergnügen, Ziel ihrer verbalen Attacken zu sein, weil Elsa wusste, dass sie es eigentlich nicht so meinte. Langsam und stetig – beinahe ohne dass sie selbst es bemerkten – entwickelten Elsa, Paulette und Iolana einen Umgang miteinander, der einer Geheimsprache glich.
    Die Rolle von Titus in dem Ganzen war in Elsas Augen eine sehr einfache: Ohne ihn gäbe es das alles nicht. Die Villa, der Garten, die Schmetterlinge, die Ausflüge, die Picknicks, die Sorglosigkeit – all das war sein Werk. Außerdem hatte er Elsa mit Iolana und Paulette zusammengebracht, sie gewissermaßen erschaffen.
    In den ersten Wochen nach dem Einzug in die Villa spürte sie noch eine gewisse Scham. Immerhin lebte sie in einer Art Harem, was allem widersprach, das Religion, Gesellschaft und Anstand diktierten. Ebenso beschämt war sie beim ersten Nacktporträt, das Titus von ihr, der Schwangeren, anfertigte.
    Mit der Zeit verlor diese Scham ihren Schrecken, weil sie unbedeutend war gegen den riesigen schwarzen Schatten, der da draußen drohte. Vor den Toren der Villa, außerhalb von Titus’ Welt, wartete ein Ungeheuer namens Ungewissheit auf Elsa. Es bestand aus dem Ausgeliefertsein, der Konfrontation mit einer übermächtigen Vergangenheit und dem Räderwerk einer moralisierenden Welt, die jener von Titus diametral gegenüberstand. Die Scham glich dagegen dem Schatten einer Distel. Bald spürte Elsa sie nur noch gelegentlich, etwa wenn sie Myrtle Maloy oder einer der Frauen aus dem Gefolge der Witwe begegnete, die sie mit vorwurfsvollen Blicken verstießen. Dagegen half ein weiterer Tag oben auf dem Hügel mit göttlichem Blick auf die Stadt und das Meer, und alles war wieder

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