Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman
gut. Das Einzige, was das Leben in der Villa von dem Leben auf dem Ozeandampfer im negativen Sinne unterschied, war der eng begrenzte Personenkreis, in dem es sich abspielte. Titus lud zu Elsas groÃem Bedauern niemals Gäste ein und gab auch keine Partys. Max war der einzige Besucher.
Max ⦠Er war ein Kapitel für sich.
Der Arzt kam alle zwei Wochen in die Villa, um Elsa zu untersuchen, und sie sorgte anfangs immer dafür, dass sie nicht allein mit ihm war. Die erste Untersuchung fand drei Wochen nach ihrer Rückkehr im Beisein aller Bewohner der Villa statt. Nur so war gewährleistet, dass es nicht zu einer vertraulichen Unterredung kommen konnte, die Elsa mehr fürchtete als irgendetwas sonst. Trotz dieser VorsichtsmaÃnahme schlug ihr das Herz vor Freude bis zum Hals, als sie mit ihm zusammenkam. Ihre Gefühle waren verwirrend, was natürlich an der speziellen Bedeutung lag, die Max in Elsas Leben einnahm.
Einerseits war Max das personifizierte schlechte Gewissen, er war die zweite Tür, die ausgeschlagene Alternative zu dem Leben mit Titus und den Frauen. Elsa hatte sich nicht nur ein-, sondern gleich zweimal gegen ihn entschieden, zuerst wegen Henning und dann erneut, als sie auf der Rückfahrt von Deutschland hatte entscheiden müssen, wie es mit ihr und dem Kind weitergehen sollte. Es hatte damals auf Messers Schneide gestanden. Was hatte letztendlich den Ausschlag gegeben? Elsa wusste es nicht mehr, vielmehr wollte sie es nicht wissen, und genau das machte ihr die Begegnung mit Max so schwer. Sie hatte Angst, dass er etwas sagen oder tun könnte, das ihre damalige Entscheidung erschütterte, mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen.
Andererseits fand sie Max ungeheuer anziehend. Er war ein starker, gefestigter Charakter und zugleich verletzlich, er konnte resolut sein, aber auch butterweich, er hatte Sinn für Humor und dennoch eine groÃe Tiefe. Seine Liebe zum Leben, zur Freiheit und zur Südsee bewiesen ihr, dass er zu groÃen Gefühlen fähig war. Wenn sie auf die Wochen mit Max zurückblickte, fragte sie sich, wie sie ihm hatte widerstehen können. Dies jedoch brachte sie wiederum zu der unerwünschten â und absichtlich unbeantworteten â Frage, wieso sie ihm noch immer widerstand.
Max machte ihr die erste Begegnung leicht. Er untersuchte sie wie jede x-beliebige Patientin und vermied längere Blickkontakte. Seine Kommentare gab er ausschlieÃlich in einem durch und durch professionellen Tonfall ab.
» Trinken Sie ab und zu Alkohol? «
» Ja ⦠Champagner ⦠gelegentlich. «
» Mehr als nur gelegentlich « , korrigierte Iolana. » Und den Gin Pahit nicht zu vergessen. «
» Es wäre besser « , sagte Max, » Sie würden während der Schwangerschaft ganz auf Alkohol verzichten. Der Champagner könnte dem ungeborenen Kind schaden. «
» Das wusste ich nicht. «
» Natürlich nicht, woher auch? Die Forschungsergebnisse hierzu sind brandneu. «
» Danke, M⦠Herr Doktor. «
» Dafür bin ich da. Ansonsten scheint alles bestens zu sein. «
» Sagen Sie, darf man rauchen? « Sie hatte natürlich keine Zigaretten im Sinn, als sie die Frage stellte, aber das wusste auÃer ihr selbst nur Titus.
» Ich wusste gar nicht, dass Sie rauchen « , antwortete der Mediziner, und als sie nicht reagierte, fügte er hinzu: » Darüber gibt es keine Untersuchungen. Wenn Sie es nicht übertreiben, sehe ich darin kein Problem. Haben Sie sonst noch Fragen? Gut, dann komme ich übernächste Woche wieder vorbei. «
Weil er sich die ganze Zeit über anstrengte, an Elsa vorbeizuschauen, wäre einem aufmerksamen Beobachter nicht entgangen, dass er, was sie betraf, etwas mit sich herumtrug. Nun waren alle Bewohner der Villa auf dem Hügel aufmerksame Beobachter, das brachte die ungewöhnliche Lebenssituation mit sich. Demnach war es nur eine Frage der Zeit, bis sich jemand durchrang, Elsa auf Max anzusprechen. Nicht zufällig war es Iolana. Immerhin interessierte sie sich am meisten für ihre Mitbewohner.
» Sag mal « , fragte sie, » was hat dich davon abgehalten, zu Max Richter zurückzukehren? War es der Stolz? Die Samoaner sind für ihren überbordenden Stolz berühmt. «
» Ich habe bei Max gewohnt, nicht mit ihm gelebt « , erwiderte Elsa. » Das ist ein Unterschied. «
» Ich kenne den Unterschied, und trotzdem
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