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Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Titel: Das Haus der bösen Mädchen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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genügte ihm nicht, er war auf Kommunikation aus. Da konnte ich nur eins tun: Verschwinden. Er wollte mich begleiten, aber er hat mächtigen Respekt vor meiner künftigen Frau Klara. Sie ist groß und kräftig, hat eine lauteStimme und kann Trinker nicht ausstehen. Ich erklärte Gnobenko also, ich ginge zu Klara übernachten. Das musste ich mehrmals wiederholen, denn er kriegte nichts mehr mit und wollte mich unbedingt begleiten. Gegen sieben war ich endlich draußen. Es regnete, ich war erkältet, und obwohl ich wusste, dass Klara nicht in Moskau war, ging ich zu ihr. Das war der einzige Ort, wo ich hin konnte. Den restlichen Abend, die Nacht und den nächsten Morgen verbrachte ich in ihrer Wohnung. Was wollen Sie noch wissen?« Sein Gesicht hatte plötzlich einen neuen, hochmütigen Ausdruck angenommen.
    »Kann das jemand bestätigen?«
    »Ich habe Lilja nicht getötet«, sagte Ferdinand. »Ich habe kein Alibi, aber ich bin keineswegs verpflichtet, mich zu rechtfertigen. Nur wer schuldig ist, rechtfertigt sich. Es ist nicht schwer zu erraten, dass Ihr Hauptmann im Krematorium auf diese dumme Idee gekommen ist. Ich bin ihm unsympathisch, und er möchte mir zu gern diesen schrecklichen Mord anhängen. Sagen Sie, haben Sie den Brief gefunden?«, fragte er ohne jeglichen Übergang, so dass Borodin nicht gleich verstand, was er meinte.
    »Ja, das haben wir«, antwortete er nach einem Räuspern. »Warum interessiert Sie das?«
    »Als ob Sie das nicht wüssten.« Ferdinand kniff unschön die kleinen hellen Augen zusammen. »Sie sind doch wohl ein bisschen klüger als Hauptmann Kossizki.«
    »Lassen Sie den Hauptmann aus dem Spiel.« Borodin spürte eine ebenso unerklärliche wie unüberwindliche Gereiztheit in sich aufsteigen. »Nein, ich verstehe nicht, warum der Brief Sie interessiert«, sagte er langsam und zwang sich zu einem Lächeln.
    »Weil ich Lilja noch nie in einem solchen Zustand erlebt habe«, murmelte Ferdinand verärgert. »Noch nie im Leben. Und wir kennen uns faktisch seit unserer Geburt. Ich habe mich immer für alles interessiert, was Lilja betraf. Für absolutalles. Ich war acht, als sie die Windpocken hatte, und las in der Bibliothek in einem medizinischen Fachbuch alles über diese Krankheit. Mit zwölf, als sie nähen und stricken lernte, wusste ich, wo man Modezeitschriften mit Schnittmustern aus Polen und dem Baltikum bekam. Mit vierzehn strickte sie mir einen Schal, blau mit grauen Streifen. Wenn es mir sehr schlecht geht, wickele ich mir den um den Hals. Und Sie fragen, warum mich der Zettel interessiert, wegen dem Lilja umgebracht wurde?«
    »Warum glauben Sie, dass sie wegen dieses Briefes ermordet wurde?«, fragte Borodin rasch, ohne sein Gegenüber anzusehen. »Sie wissen doch überhaupt nicht, was drin steht.«
    »Ich kenne Lilja einfach zu gut. Ich kannte sie …« Er zog die Schultern zusammen, als fröstele er. »Verdammt, ich kann nicht in der Vergangenheit von ihr sprechen. Lilja war ein Tatmensch. Im Gegensatz zu ihrer Schwester konnte sie nichts einfach passiv hinnehmen. Die Information, die einen solchen Schock auslöste, hat sie ganz bestimmt veranlasst, etwas zu unternehmen, vielleicht etwas Gefährliches.«
    Borodin zog wortlos die Schreibtischlade auf und nahm die durchsichtige Plastikhülle heraus. Ferdinand studierte den Brief gründlich, dann legte er ihn auf den Schreibtisch und fingerte konzentriert nach einer Zigarette.
    Borodin stand auf und öffnete das Fenster, und als er zurückkam, weinte Lunz. Große Tränen rannen über die eingefallenen Wangen und liefen in den schütteren Bart. Die Augen waren weit geöffnet und starr auf einen Punkt gerichtet.
    »Warum nur, warum?«, murmelte er. »Hätte sie ihn nicht einfach zerreißen und wegwerfen können?«
    Borodin schwieg. Als Lunz sich etwas beruhigt hatte, sagte er nachdenklich: »Ich verstehe nur eines nicht: Warum wissen Sie, obwohl Sie so viel wissen, so wenig?«
    »Zum Beispiel?« Lunz fuhr auf und zwinkerte heftig. »Was weiß ich denn nicht?«
    »Das Wichtigste. Um wen geht es in dem Brief?«
    »Olga meint ihre verhinderte Schwiegermutter, wen sonst? Wahrscheinlich herrschte zwischen den beiden Frauen eine tödliche Feindschaft. Gut möglich, dass die eine der anderen beim Sterben geholfen hat. Übrigens wollte Lilja vor zehn Jahren, als die Tragödie geschah, nicht an Selbstmord glauben, doch alle um sie herum, auch Ihr bescheidener Diener, versuchten sie zu überzeugen, dass niemand an Olgas Tod schuld war. Und

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