Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
ihrem Gepäck und durchsuchte schließlich noch ihren Schrank, die Kommode und den Kosmetikkoffer im Badezimmer.
Er brauchte über eine Stunde, bis er fertig war und sich dem zweiten Schlafzimmer widmen konnte.
Als er damit fertig war, kannte er Andrews Exfrau recht gut. Sie mochte seidene Unterwäsche und das Parfüm Opium.
Ihre Kleidung war zwar konservativ, stammte aber von Topdesignern. Sie benötigte viel Geld, um ihren teuren Geschmack zu befriedigen, und er nahm sich vor, ihr Einkommen zu überprüfen.
Der Laptop auf ihrem Schreibtisch wies darauf hin, daß sie sich Arbeit mitgebracht hatte. Der Inhalt ihrer Hand- und ihrer Aktentasche war unspektakulär. Ihr kleiner lederner Schmuckkasten enthielt ein paar gute Stücke aus italienischem Gold, ein paar sorgfältig ausgesuchte Juwelen und ein antikes Medaillon aus Silber mit dem Foto eines Mannes und dem einer Frau. Sie waren schwarzweiß, bereits vergilbt und wahrscheinlich schon vor dem Zweiten Weltkrieg aufgenommen.
Vermutlich ihre Großeltern, dachte er.
Er verließ die beiden schlafenden Frauen und ging den Flur entlang zu Richard Hawthornes Zimmer. Auch er schlief fest.
Ryan brauchte zehn Minuten, um die Quittung für einen Lagerraum in Florenz zu finden. Er steckte sie ein.
Nach dreizehn Minuten fand er die .38er, ließ sie aber da, wo sie war.
Nach zwanzig Minuten hatte er das kleine Notizbuch entdeckt, das in einer schwarzen Herrensocke steckte. Ryan überflog die gekritzelten Eintragungen und verzog die Lippen zu einem grimmigen Lächeln.
Er steckte das Büchlein in die Tasche und ließ Richard schlafen. Sein Erwachen, dachte Ryan, während er hinausschlüpfte, wird rauh genug sein.
»Wie bitte, hast du gerade gesagt, daß du heute nacht in das Schlafzimmer meiner Mutter eingebrochen bist?«
»Ich habe nichts gestohlen«, beruhigte Ryan Miranda. Seit Stunden schon versuchte er, sie endlich einmal allein zu erwischen.
»In ihr Schlafzimmer?«
»Ich bin durch das Wohnzimmer gegangen, wenn es dich beruhigt. Es hätte doch nichts genutzt, sie alle hier zu versammeln, wenn ich nicht aktiv geworden wäre. Ich habe einen Schließfachschlüssel aus ihrer Handtasche entwendet. Mir
kam es seltsam vor, daß sie ihn auf einer solchen Reise bei sich trägt. Aber er ist von einer amerikanischen Bank. Einer Bank aus Maine – mit einer Filiale in Jones Point.«
Miranda saß hinter ihrem Schreibtisch, zum ersten Mal, seit sie heute früh um sechs Uhr aufgestanden war. Es war inzwischen Nachmittag, und Ryan hatte sie während ihres Termins mit dem Floristen erwischt und sie vor die Alternative gestellt, entweder freiwillig mit ihm in ihr Büro zu gehen oder dorthin geschleppt zu werden.
»Ich verstehe das nicht, Ryan. Warum soll der Schlüssel zu einem Bankschließfach wichtig sein?«
»Leute tragen normalerweise die Dinge, die wichtig oder wertvoll für sie sind, bei sich, weil sie nicht wollen, daß andere Leute sie in die Finger bekommen. Auf jeden Fall gehe ich der Sache nach.«
Miranda öffnete den Mund, schloß ihn aber wieder, ohne etwas zu sagen. »In Elises Zimmer habe ich nur ihren Laptop gefunden. Komisch, daß sie ihn mit dort hingeschleppt hat, wo sie doch die meiste Zeit hier verbringt. Wenn es sich ergibt, gehe ich noch einmal hin und versuche, ob ich ihn öffnen kann. Natürlich nur, wenn sie nicht in ihrem Zimmer ist.«
»Oh, das wäre das beste«, erwiderte Miranda.
»Genau. In der Morelli-Suite habe ich soviel Schmuck gefunden, daß du einem Elefanten damit das Kreuz brechen könntest. Diese Frau ist ernsthaft schmucksüchtig – und wenn ich mir Zugang zu Vincentes Bankkonto verschaffen kann, werden wir sehen, wie hoch er sich verschuldet hat, um das alles bezahlen zu können. Und dein Vater ...«
»Mein Vater? Er ist doch erst nach Mitternacht angekommen.«
»Wem sagst du das? Ich bin auf dem Weg aus der Suite deiner Mutter fast mit ihm zusammengestoßen. Nett vom Hotelpersonal, sie alle auf dem gleichen Flur unterzubringen.«
»Wir haben die Zimmer so gebucht«, murmelte sie.
»Jedenfalls habe ich erst die anderen Zimmer erledigt. Dadurch hatte er Zeit, sich einzurichten. Er ist auf der Stelle eingeschlafen. Wußtest du, daß dein Vater im letzten Jahr dreimal auf den Cayman-Inseln war?«
»Auf den Caymans?« Miranda wunderte sich, daß ihr Kopf nicht einfach von den Schultern fiel, so wie er sich drehte.
»Beliebtes Reiseziel. Gut zum Tauchen, Sonnen und Geldwaschen. Aber das ist alles nur Spekulation. Aber in
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