Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
ihre Entscheidung bereits getroffen hatte. Es hatte keinen Sinn, noch länger darüber zu reden. »Du wirst noch heute Italien verlassen. Du wirst nicht mehr ins Labor zurückkehren und auch mit niemandem Kontakt aufnehmen, der dort arbeitet. Wenn du dich nicht daran hältst, sehe ich mich leider gezwungen, deine Stelle im Museum zu kündigen.«
»Keiner von euch, weder du noch Vater, hat dafür die Verantwortung. Andrew und ich leiten inzwischen das Institut in Maine.«
»Wenn du möchtest, daß es so bleibt, tust du, was ich sage. Ob du es glaubst oder nicht, ich versuche nur, dir Unannehmlichkeiten zu ersparen.«
»Du brauchst mir keinen Gefallen zu tun, Mutter. Wir machen deinem Namen schon keine Schande.« Verbannt, war der einzige klare Gedanke, den sie fassen konnte. Abgeschnitten von der aufregendsten Arbeit ihres Lebens und weggeschickt wie ein Kind, das ungehorsam war.
»Ich habe dir meine Entscheidung mitgeteilt, Miranda. Wenn du hierbleibst, dann auf eigene Verantwortung. Bei Standjo wirst du dann allerdings nicht mehr willkommen sein, und auch nicht beim New England Institute für Kunstgeschichte.«
Miranda fing vor Angst und Wut an zu zittern. Aber obwohl sie innerlich schrie, entgegnete sie mit ruhiger Stimme: »Das werde ich dir nie verzeihen. Niemals. Aber ich werde abreisen, weil mir das Institut wichtig ist. Und weil du dich, wenn dies vorüber ist, bei mir entschuldigen wirst. Ich werde dann erwidern: Fahr zur Hölle. Und das werden die letzten Worte sein, die ich jemals zu dir spreche.«
Sie nahm ihrer Mutter das Brandyglas aus der Hand. »Salute«, sagte sie und kippte den Brandy in einem Schluck hinunter. Dann stellte sie das Glas krachend auf den Tisch und ging. Sie sah sich nicht mehr um.
4
Während Andrew Jones an einem vollen Glas Jack Daniel’s Black nippte, dachte er über die Ehe und über menschliches Versagen nach. Er war sich durchaus der Tatsache bewußt, daß alle, die ihn kannten, der Ansicht waren, er müsse seine Scheidung langsam überwunden haben und wieder ein normales Leben führen können.
Aber er hatte keine Lust dazu. Er empfand es als tröstlich, in Selbstmitleid zu baden.
Die Ehe war ein gewaltiger Schritt für ihn gewesen, und er hatte ihn gründlich bedacht, obwohl er sehr verliebt gewesen war. Die Entscheidung, ein Gefühl in einen rechtlich legitimierten Zustand umzuwandeln, hatte ihn viele schlaflose Nächte gekostet. Niemand aus der Familie Jones hatte je viel Glück in der Ehe gehabt.
Er und Miranda nannten es immer den Fluch der Jones.
Seine Großmutter hatte ihren Mann um zehn Jahre überlebt und hatte nie – zumindest konnte ihr Enkel sich nicht daran erinnern – auch nur ein gutes Haar an dem Menschen gelassen, mit dem sie mehr als dreißig Jahre ihres Lebens verbracht hatte.
Man konnte ihr allerdings kaum einen Vorwurf daraus machen, da der nach seinem Tod unbeweinte Andrew Jones zeit seines Lebens eine verhängnisvolle Neigung zu jungen Blondinen und Jack Daniel’s Black gehabt hatte.
Sein Namensvetter war sich sehr wohl bewußt, daß der alte Mann ein Bastard gewesen war, zwar clever und erfolgreich, aber dennoch ein Bastard.
Andrews Vater wiederum zog Ausgrabungen dem heimischen Kaminfeuer vor und verbrachte die meiste Zeit fern von zu Hause, um uralten Schmutz von uralten Knochen zu wischen. War er doch einmal anwesend, sagte er zu allem ja und amen, was seine Frau anordnete, blinzelte seine Kinder wie eine Eule an, als habe er vergessen, daß es sie überhaupt gab, und schloß sich stundenlang in seinem Arbeitszimmer ein.
Bei Charles Jones waren es nicht die Frauen und der Whiskey gewesen. Er hatte mit der Wissenschaft Ehebruch begangen.
Allerdings war das der großartigen Dr. Elizabeth Standford-Jones vollkommen egal gewesen, grübelte Andrew über seinem Drink in Annie’s Place. Sie hatte die Kindererziehung den Dienstboten überlassen, den Haushalt wie ein General geführt und ihren Ehemann genauso ignoriert wie er sie.
Es brachte Andrew immer wieder zum Schaudern, wenn er sich vorstellte, daß diese kaltblütigen, nur mit sich selbst beschäftigten Menschen sich zumindest zweimal lange genug miteinander im Bett gewälzt haben mußten, um zwei Kinder zu zeugen.
Als Junge hatte Andrew sich oft vorgestellt, daß Charles und Elizabeth ihn und seine Schwester irgendwelchen armen Leuten abgekauft hatten, die heftig weinten, weil sie ihre Kinder gegen Geld für die Miete eintauschen mußten.
Als er älter wurde, war seine
Weitere Kostenlose Bücher