Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
farbigen Traum von sonnigen Hügeln und kühlen Marmorhallen, Brunnengeplätscher und Harfenklängen.
Verwirrt blinzelte sie in das Nachtlicht und griff nach dem Hörer.
»Pronto. Dr. Jones. Hallo?«
»Miranda, du mußt so schnell wie möglich zu mir nach Hause kommen.«
»Was? Mutter!« Mit müden Augen starrte sie auf den Wecker, der auf dem Nachttisch stand. »Es ist drei Uhr früh.«
»Ich weiß selbst, wie spät es ist. Und der stellvertretende Minister weiß es auch. Er ist vor zwanzig Minuten von einem Reporter geweckt worden, der Details über die verlorengegangene Bronzeskulptur von Michelangelo wissen wollte.«
»Was? Aber...«
»Ich möchte dieses Thema nicht am Telefon diskutieren.« Elizabeths Stimme bebte vor kaltem, kaum unterdrücktem Zorn. »Weißt du noch, wie du hierherkommst?«
»Ja, natürlich.«
»Ich erwarte dich in der nächsten halben Stunde«, sagte sie und legte auf.
Miranda schaffte es in zwanzig Minuten.
Elizabeths Heim war klein und elegant, ein zweistöckiges Stadthaus, wie es für Florenz typisch war, mit elfenbeinfarbenen Wänden und rotem Ziegeldach. Aus Kästen und Kübeln wucherten Blumen, die von der Haushälterin mit hingebungsvollem Eifer gepflegt wurden.
Durch die geschlossenen Läden fielen breite Lichtstreifen auf die dunkle Straße. Miranda hatte das Haus als geräumig in Erinnerung, eine attraktive Umgebung für Feste. Es wäre jedoch weder der Mutter noch der Tochter in den Sinn gekommen, daß Miranda hier hätte wohnen können, wenn sie in Florenz war.
Die Tür wurde aufgerissen, noch bevor sie klopfen konnte. Elizabeth stand im Rahmen, sorgfältig zurechtgemacht, in einem pfirsichfarbenen Kleid.
»Was ist passiert?« fragte Miranda.
»Genau das wollte ich dich fragen.« Nur ihre Selbstbeherrschung hinderte Elizabeth daran, die Tür zuzuknallen. »Wenn das deine Methode ist, die Richtigkeit deiner Expertise beweisen zu wollen und mir beruflichen Ärger zu bereiten, dann hast du nur letzteres erreicht.«
»Ich weiß nicht, wovon du redest.« Miranda hatte sich nicht die Zeit genommen, sich zu frisieren, und fuhr sich jetzt ungeduldig mit der Hand durch die Haare, um sie aus der Stirn zu streichen. »Du hast gesagt, ein Reporter hätte angerufen...«
»Das ist richtig.«
Aufrecht wie ein General wandte Elizabeth sich um und ging in den vorderen Salon. Im Kamin war bereits Holz aufgeschichtet, es mußte nur noch angezündet werden. Das Lampenlicht spiegelte sich in den polierten Möbeln. Auf dem Kaminsims stand eine Vase mit weißen Rosen und sonst nichts. Alle Farben waren weich und blaß.
Ein Teil von Miranda registrierte genau das, was ihr immer auffiel, wenn sie dieses oder irgendein anderes Zimmer im Haus betrat. Eigentlich waren sie eher Ausstellungsräume als ein Zuhause, und ebenso kühl.
»Der Reporter hat sich natürlich geweigert, seine Quelle preiszugeben. Aber er verfügt über ziemlich viele Informationen.«
»Vincente würde nie etwas zu früh an die Presse weitergeben.«
»Nein«, stimmte Elizabeth ihr kühl zu, »Vincente ganz sicher nicht.«
»Könnte es sein, daß der Klempner – wie war noch gleich sein Name? – mit einem Reporter geredet hat?«
»Der Klempner hätte ihn wohl kaum mit Fotos der Skulptur und mit Testergebnissen versorgen können.«
»Testergebnisse.« Miranda wurden die Knie weich, und sie mußte sich setzen. »Meine Tests?«
»Standjo-Tests«, preßte Elizabeth zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Obwohl du sie durchgeführt hast, stehen sie immer noch unter der Verantwortlichkeit meines
Labors. Und die Sicherheit dieses Labors ist durchbrochen worden.«
»Aber wie...« Jetzt endlich verstand sie den Tonfall und den Blick ihrer Mutter. Langsam erhob sie sich. »Du glaubst, ich hätte einen Reporter angerufen und ihm die Informationen gegeben? Geheime Fotos und Testergebnisse?«
Elizabeth ließ sich von Mirandas wütendem Gesicht nicht beeindrucken. »Und, hast du?«
»Nein! Selbst wenn wir nicht darüber geredet hätten, hätte ich ein Projekt nie auf diese Art und Weise gefährdet. Meine Reputation steht schließlich auch auf dem Spiel.«
»Sie könnte dadurch aber entscheidend aufgewertet werden.«
In Elizabeths Augen erkannte Miranda, daß sie sich ihre Meinung bereits gebildet hatte. »Du kannst zur Hölle gehen!«
»Der Reporter hat aus deinem Bericht zitiert.«
»Direkt zur Hölle – und nimm dein kostbares Labor gleich mit! Es hat dir immer schon mehr bedeutet als dein eigen Fleisch
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