Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
wenigstens niemand, daß man die Beherrschung verliert.
»Das ist eine wunderschöne Gegend«, sagte Ryan. Er hielt ihre Hand fest, obwohl sie versuchte, sie ihm zu entwinden. »Abgelegen, großartige Aussicht, der Geruch des Meeres direkt vor der Haustür. Euren Garten könntet ihr ein bißchen mehr pflegen.«
Es sah so aus, als ob die Jones nicht genug Zeit im Freien verbrachten. Auf dem Rasen standen zwei große, alte Bäume, die geradezu danach schrien, daß man eine Hängematte zwischen ihnen befestigte. Ryan bezweifelte, daß Miranda je das wunderbare Gefühl genossen hatte, an einem Sommernachmittag in einer Hängematte im Schatten zu liegen.
Es gab Sträucher, die sicher im Frühjahr wunderschön blühten, ohne daß sich irgend jemand darum kümmerte. Auf dem Rasen waren kahle Stellen, die man neu aussäen und düngen müßte.
Obwohl Ryan eigentlich durch und durch ein Stadtmensch war, liebte er das Land.
»Du kümmerst dich nicht genug um deinen Besitz. Das überrascht mich, Miranda. Ich hätte gedacht, daß eine Frau, die so praktisch veranlagt ist wie du, darauf bestehen würde, ihren Besitz zu erhalten und über dieses Erbe zu wachen.«
»Es ist nur ein Haus.«
»Ja, aber es könnte ein Heim sein. Bist du hier aufgewachsen?«
»Nein.« Sie war ganz benommen vom Weinen. Am liebsten wäre sie wieder hineingegangen, hätte ein Aspirin genommen und sich in einem abgedunkelten Zimmer hingelegt. Aber sie hatte nicht die Kraft, sich gegen ihn zu wehren. Er zog sie zu dem Pfad, der am Kliff entlangführte. »Es hat meiner Großmutter gehört.«
»Das macht schon mehr Sinn. Ich konnte mir nämlich nicht vorstellen, daß dein Vater als Erwachsener hier hätte leben wollen. Das würde gar nicht zu ihm passen.«
»Du kennst meinen Vater doch überhaupt nicht.«
»Natürlich kenne ich ihn.« Sie stemmten sich gegen den Wind, während sie den Pfad hochstiegen. Im Laufe der Jahrhunderte hatte der Wind die Felsen glatt und rund gemacht. Sie schimmerten wie Zinn im Sonnenlicht. »Er ist aufgeblasen und
arrogant. Sein Blickwinkel ist so eng, daß er in seinem Beruf zwar genial sein mag, aber als menschliches Wesen unzulänglich ist. Er hat nichts von dem, was du gesagt hast, registriert«, fügte er hinzu, als sie die Plattform erreicht hatten, die über dem Meer emporragte. »Er weiß nämlich gar nicht, wie man zuhört.«
»Offensichtlich du aber.« Miranda entzog ihm ihre Hand und verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust. »Ich weiß nicht, warum es mich noch überrascht, daß jemand, der anderen Leuten das Eigentum stiehlt, nicht davor zurückschreckt, private Gespräche zu belauschen.«
»Das weiß ich auch nicht. Aber darum geht es doch jetzt gar nicht. In Wirklichkeit geht es darum, daß du jetzt in der Luft hängst. Was willst du dagegen unternehmen?«
»Was kann ich schon tun? Ich mag zwar im Institut die Chefin sein, aber letztendlich arbeite ich immer noch für meine Eltern. Und nun bin ich eine Zeitlang meiner Pflichten enthoben. So ist es eben.«
»Das muß nicht so sein, wenn du Rückgrat hast.«
»Du hast ja keine Ahnung.« Heftig drehte Miranda sich zu ihm um, und das Selbstmitleid in ihren Augen wich heftigem Zorn. »Sie leiten den Laden, und das war schon immer so. Wie du es auch interpretieren magst, ich tue lediglich, was man mir aufträgt. Ich leite das Institut zusammen mit Andrew, weil keiner von den beiden sich mit der Alltagsarbeit abgeben wollte. Und wir haben immer gewußt, daß sie uns jederzeit den Boden unter den Füßen wegziehen können, wenn ihnen danach ist. Und jetzt haben sie es getan.«
»Und du nimmst das einfach so hin? Tritt doch zurück, Miranda!« Ryan packte in ihre Haare, die vom Wind wild durcheinandergeweht wurden. »Zeig ihnen, was du kannst! Das Institut ist nicht der einzige Ort, an dem du glänzen kannst.«
»Glaubst du, irgendein größeres Museum oder Labor würde mich nach diesem Vorfall noch haben wollen? Die Fiesole-Bronze hat mich ruiniert. Ich wünschte bei Gott, ich hätte sie nie gesehen.«
Niedergeschlagen setzte sie sich auf die Felsen und starrte auf den Leuchtturm, der sich wie weißer Marmor vom klaren blauen Himmel abhob.
»Dann bau dir ein eigenes Labor auf.«
»Das ist ein Wunschtraum.«
»Das haben viele Leute auch zu mir gesagt, bevor ich die Galerie in New York eröffnet habe.« Ryan setzte sich neben sie.
Miranda lachte kurz auf. »Der Unterschied wird wahrscheinlich sein, daß ich nicht vorhabe zu stehlen, um von dem Erlös
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