Das Haus der Feuerfrau (German Edition)
Raum war, bevor man ihn mit Erde gefüllt hatte, nicht etwa geräumt worden. An der Hinterseite kamen die Überreste einer halb vermoderten Kredenz zutage, komplett mit Küchenutensilien und Geschirr! Das Geschirr war sogar noch vollkommen erhalten, denn die Türchen der Kredenz waren geschlossen gewesen, als der Raum zugeschüttet wurde.
Danach gruben wir sehr behutsam weiter. Wir hatten die Plätze gewechselt, Alec stand jetzt unmittelbar neben den beiden Arbeitern, die die Küche ausräumten, Robert und ich hielten uns an seiner Seite, dann kamen die „Kinder“, und den Rest der Eimerkette bildeten die Polen. Jan Pika persönlich war einer der beiden, die in der Küche schaufelten. Er schien überzeugt zu sein, dass wir einen Schatz finden würden, denn er erzählte uns aufgeregt von einem anderen alten Haus, in dem man bei Bauarbeiten eine massive Eisenkiste voll Gold- und Kupfermünzen entdeckt hatte. Deshalb also schaufelte er so fleißig – er wollte derjenige sein, der den Schatz fand und dem dann der Löwenanteil gehörte!
Schaufel um Schaufel stinkender, fäulnisverseuchter Erde fiel in die Eimer. Die beiden starken Ventilatoren belüfteten den Raum, in den jetzt in einer breiten Bahn die Mittagssonne schien. Trotzdem herrschte eine widerliche, erstickende Atmosphäre darin. Immer wieder kamen aus dem festgeklumpten Erdhaufen Gegenstände zutage, die unsere Vermutung bestätigten: Die Küche war, so bizarr das auch klingen mochte, in voll betriebsbereitem Zustand verschüttet worden! Pikas Schaufel förderte vermoderte Körbe zutage, einen kurzbeinigen Hocker, einen verschimmelten Sack, gefüllte und verkorkte Weinflaschen, die dick mit salinen Ablagerungen verkrustet waren. Alles wanderte in das gierig prasselnde Feuer.
Dann traf die Schaufel des Vorarbeiters auf einen Haufen Lumpen, der sich in den noch unberührten Teil des Erdwalls fortsetzte. Gelb und weiß gestreiftes Zeug, Kattun vielleicht, mit einer Litze am Saum. Alec stieß einen lauten Ruf aus, packte den Arm des Mannes und hielt ihn fest. „He, lassen Sie das in Ruhe! Das sind Kleider ... Frauenkleider.“ Er streckte seinen Gehstock vor und stocherte vorsichtig in den Lumpen herum, hob einen verklebten und lehmverbackenen Teil davon hoch ... und darunter fanden wir einen halb vermoderten Knöpfschuh mitsamt dem dazugehörigen Bein, von dem freilich nur noch ein langer gelber Schienbeinknochen übrig war.
Kommissar Brandsteidl kannten wir bereits, als er mit seinen Untergebenen auftauchte, aber statt der jungen Pathologin war diesmal ein hängebackiger älterer Arzt im Dienst, und noch jemand war mitgekommen, obwohl er mit der Sache überhaupt nichts zu tun hatte: Kommissar Albin Sykora. Er war ein langer Mensch mit krummen Schultern, einer eingesunkenen Brust und einem trübseligen Bassett-Gesicht, aber intelligenten grünlich-braunen Augen hinter einer plumpen Brille.
Robert Junkarts fauchte geradezu, als er ihn sah. „Was machen Sie denn hier? Sie gehören nicht zur Mordkommission!“
„Oh, ich sehe alte Freunde immer gern wieder“, versetzte der Beamte. „Vor allem, wenn sie mir noch so viel schuldig sind wie Sie. Wie geht‘s? Ich sehe, Sie haben es zu einem neuen Paar Hosen gebracht – war auch an der Zeit! Die Sie letzthin anhatten, sahen aus, als hätte sie Ihnen ein Penner geschenkt. Finanzielle Probleme, hm? Ihr Schwiegersohn und Ihre Tochter sind gerade nach Kenia abgereist, um dort ein paar Wochen Safari-Urlaub zu machen ... die beiden können sich eine Menge leisten ... Sie sehen, ich bin über alle Familienangelegenheiten auf dem Laufenden.“
Robert reagierte nicht auf die Herausforderung; er zuckte nur stumm die Achseln, drehte sich um und folgte den anderen in den Keller hinunter.
Das war gegen Mittag, und zu dem Zeitpunkt drängte sich der halbe dritte Sprengel vor unserem Gartentor und gaffte neugierig herein. Die Polizisten, die Brandsteidl begleitet hatten, standen am Tor Wache und wurden mit Fragen überhäuft, wer wen umgebracht hätte. Anscheinend warteten alle darauf, dass irgendjemand verhaftet wurde.
Wir hatten die Arbeiter für den Tag heimgeschickt, nur Jan Pika war noch da. Die Beamten fingen sofort zu schniefen und zu husten an, als sie das unterirdische Loch betraten, sie wollten alle wissen, was da so stank, und betrachteten kopfschüttelnd den Pilz, den wir ihnen zeigten.
„Was ist denn das für ein Zeug?“, wollte Brandsteidl wissen.
Der Gerichtsmediziner, an den er sich gewandt hatte,
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