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Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Büchner
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Anblick der dunkelbunten Ornamente auf meiner Haut verblüfft: „Gehst du mit den Kleidern unter die Dusche?“
    „Das sind keine Kleider.“
    Er schüttelte sich das nasse Haar aus der Stirn und angelte nach der Brille. „Was denn sonst?“
    Es war ein Tag der Wunder und Schrecken für ihn. Erst starrte er mich blinzelnd an, als traute er seinen Augen nicht, dann fuhr er neugierig mit dem Zeigefinger über meine Schulter. Da ich meine Tinten stets unter den Kleidern versteckte – teils, um sie vor Licht zu schützen, teils, weil sie nicht jeden Hinz und Kunz etwas angingen – und er mich nie zuvor nackt gesehen hatte, war ihm mein farbenfroher Anblick völlig unerwartet gekommen. Ich musste lächeln, als ich ihm zusah, wie er splitternackt und triefnass vor mir stand und ernsthaft meine ornamentale Oberfläche studierte, wobei er seine Brille vor und zurückschob, um Einzelheiten besser sehen zu können. Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck, als betrachtete er eine ausgefallene Spezies eines tropischen Schmetterlings, der aufgespießt und getrocknet in einem Schaukasten steckte.
    „Es sieht ziemlich exotisch aus“, murmelte er, während er vorsichtig an einem blauen und fuchsiafarbenen Ornament kratzte. Anscheinend vermutete er, dass die Farbe abgehen könnte. „Du bist schon eine seltsame Frau, Charmion. Was hast du noch für Geheimnisse?“
    „Ich könnte es dir erzählen, aber danach müsste ich dich umbringen.“
    Er lachte und schob sich näher an mich heran. Die Art, wie er mich berührte, hatte etwas Linkisches an sich; sie verriet, dass er nie wirklich gelernt hatte, mit einer Frau umzugehen, und sich dieses Mangels bewusst war. Als er die Hand auf meine üppige Brust legte, tappte er hin wie ein Schuljunge, der seine ersten Erfahrungen macht. Er mochte seine Frau sehr geliebt haben, aber sexuelle Ekstasen hatte er ihr wohl kaum geschenkt.
    Ich zog ihn an mich und umarmte ihn, während das lauwarme Wasser der Dusche über uns beide strömte, und als ich ihn so fest umschlungen hielt und meinen Schoß an seinem Schenkel rieb, durchpulste mich der Höhepunkt meiner eigenen Leidenschaft mit einer Intensität, dass ich aufschrie und nach Atem rang und mich an den Mann klammerte.
    Da es ein so strahlender Tag war, trugen wir drei von den Küchenstühlen hinaus und setzten uns im Vordergarten in den Schatten der Zypressen. Alec hatte eine Flasche Weißwein aufgemacht. Wir tranken geruhsam und ließen einander Zeit, das Erlebte zu verarbeiten. Zum Unterschied von allen anderen Arten von Sex endet ein sadomasochistisches Spiel nie mit dem Höhepunkt. Es gibt immer ein
après le jeu.
Zu gefährlich sind die Emotionen, die da aufgestört werden, denn an einem intensiven Spiel – und vor allem, wenn man so hoch setzte wie Robert – ist immer der ganze Mensch beteiligt. Die Seele agiert noch eine ganze Weile lang weiter, nachdem sich der Hormonspiegel längst wieder beruhigt hat. So hielten Alec und ich uns an die ehrwürdige Regel, einander – und das schloss natürlich unseren gemeinsamen Freund mit ein – nicht allein zu lassen, ehe wir nicht sicher sein konnten, dass wir wieder voll in den Alltag zurückgefunden hatten.
    Robert saß eine Weile lang träumerisch vor sich hinstarrend da, dann begann er plötzlich zu lachen. Wir kannten ihn schon so weit, dass er nachher ungeheuer aufgekratzt war und dazu neigte, über jede Fliege an der Wand zu lachen; wir wussten aber auch, dass sich unter diesem Gelächter tiefe Wunden und sengende Schmerzen verbargen, und so hörten wir ihm mit liebevoller Aufmerksamkeit zu, als er hervorplatzte: „Heute Nachmittag habe ich gedacht: Das gilt eigentlich nicht, eine Toilette zu reinigen, die sowieso sauber ist ... Als ich auf der Straße war, lebte ich einen Winter lang davon, dass ich in einem kleinen Gasthaus die Toiletten putzte, und
die
hatten mehr zu bieten als ein bisschen Staub auf den Fliesen. Ich weiß noch, wie ich eine voll gekotzte Pissrinne auswischte und dachte: Oh Gott, warum tust du mir das an! Und Er entgegnete: Halt‘s Maul, ich habe dich noch billig davonkommen lassen. Soll ich euch davon erzählen?“
    Natürlich nickten wir beide.
    „Als es allmählich Winter wurde“, berichtete Robert Junkarts, „bekam ich Angst. Ich wusste nicht, wie ich überleben sollte, wenn es fror und schneite, und da ich unter falschem Namen lebte, konnte ich nicht einmal in eines der städtischen Asyle gehen. Da gab mir ein Penner den Tipp, ich sollte es in einem

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