Das Haus der Feuerfrau (German Edition)
musste ich daran denken, dass ich immer einen solchen Raum in mir selbst gefühlt hatte, einen verschlossenen Raum voll Gift und Fäulnis. Ich musste ihn suchen und aufbrechen, musste ihn von innen her reinigen. Erst dann konnte ich anfangen, die Geister in meinem Lebenshaus zu vertreiben. Aber ich erinnerte mich, in der Bibel gelesen zu haben: ‚Wenn ein Geist ausgetrieben wird, und das Herz, in dem er gewohnt hat, bleibt leer, so kehrt er nach einer Weile zurück, und wenn er es dann gekehrt und gefegt vorfindet, so bringt er sieben andere Geister mit, die noch ärger sind als er selbst ...‘ Ich fand das sehr klug. Und ich spüre auch, dass etwas Neues in mir Platz gefunden hat.“
Sie sahen mich beide an. Dann fragte Terry etwas misstrauisch: „Sind Sie etwa fromm geworden – wie Robert? Er ist da ein bisschen schräg.“
„Ich weiß nicht recht, was ihr unter ‚fromm‘ versteht. Ich kann von mir nur sagen, dass ich seit einer Weile eine ungeheure Sehnsucht nach Leben empfinde – und dass es dabei um mehr geht, als es mir gut gehen zu lassen oder Spaß zu haben. Mir ist manchmal zumute, als spürte ich, wie ein Strom von Leben und Energie aus einer anderen Dimension herüberquillt und mich durchdringt ... und dann geschehen Dinge mit mir.“
Elena entgegnete leise: „Ich denke, das ist dasselbe, was wir empfinden, wenn wir das rote Licht hier im Haus sehen. Aber das ist nicht Gott, oder?“
„Warum denn nicht? Wenn es etwas Lebendiges und etwas Gutes ist, dann kommt es von Gott, das ist meine Ansicht. Aber ich will darüber nicht diskutieren; ich wollte euch nur erklären, warum ich dieses Fest gerne an meinem 50. Geburtstag abhalten möchte. Dieses Haus und ich haben dasselbe Schicksal. Wir stehen beide unter einem Todesfluch, und wir wollen beide davon befreit werden. Also feiern wir am besten gemeinsam.“
Das sahen sie ein.
Tag der Lebenden, Tag der Toten
Jeder im Haus, sogar Alec, war sofort begeistert von dem Gedanken, eine Party für unsere Gespenster zu feiern. In der darauffolgenden Woche hatten wir alle Hände voll zu tun, um alles zu besorgen und herbeizuschaffen, was unsere schemenhaften Freunde (und Feinde, denn die hatten wir zwangsläufig mit einladen müssen) erfreuen mochte. Terry und Elena, die sich in solchen Dingen am besten auskannten, fungierten als Zeremonienmeister und gaben uns anderen Anweisungen, was gebraucht wurde. Wenn wir schon ein solches Fest feierten, dann wollten wir uns auch möglichst eng an die alten Rituale halten, von den besonderen gelben Blumen bis zum
panna des muertos,
dem kreisförmigen Brot der Toten, das das Rad des Lebens versinnbildlichte.
Dann kam mir ein weiterer Gedanke.
Ich hatte die Gewohnheit, Stunden mit einer Art Meditation zu verbringen, bei der mir die besten Einfälle für meine Bücher – und oft auch für mein Leben – kamen. Diese Stunden verliefen nach einem fixen Zeremoniell. Ich zündete ein halbes Dutzend Kerzen an, stellte ein Schale mit getrockneten Rosen bereit, in der ein Räucherstäbchen brannte, und die schwarze Glasschale mit dem weißen Pulver, das mein Hirn zu tiefgründigen Einfällen anspornte. Dann öffnete ich die Schachtel, auf der in meiner schönen, schwungvollen Handschrift „Arcana“ stand: Sie enthielt die Erinnerungen an mein ganzes Leben. So verbrachte ich manchmal einen Nachmittag, einen Abend oder auch eine ganze Nacht, tief versunken in mich selbst. Für gewöhnlich schätzte ich es nicht, wenn ich dabei gestört wurde, aber als Robert – was sonst auch nicht seine Gewohnheit war – mitten in einer solchen Meditation an meine Zimmertüre klopfte, ließ ich ihn ein und hieß ihn willkommen.
Er entschuldigte sich. „Ich wollte dir nicht lästig fallen ... aber du hattest vergessen, das Schildchen ‚Bitte nicht stören‘ hinauszuhängen.“ (Wir hatten uns angewöhnt, auf diese Weise kenntlich zu machen, wann wir unsere Ruhe haben wollten).
„Vielleicht war das ein Wink. Komm, setz dich.“
Er gehorchte – wobei er die Glasschale mit einem leisen Kopfschütteln bedachte. Ich wusste, dass er damit nicht einverstanden war, er hielt Drogen für ebenso gefährlich wie unnötig, aber das war der Vorteil einer gewissen Reife: Wir hatten aufgehört, einander zu bevormunden. Jeder von uns durfte Fehler machen, so wie er oder sie es für richtig hielt.
„Du meditierst?“, fragte er mit einem Blick auf das Arrangement auf meinem Bett.
„Ja. Ich bin mitten in den ‚Tagen der Umkehr.‘“
Das sagte
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