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Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Büchner
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sie von einer langen Dürre ausgetrocknet; ich roch sie auch ganz deutlich. Fremde Gerüche umnebelten mich in dieser Nacht in der Tiefe, von der ich wusste, dass sie trotz ihrer Fremdartigkeit und ihrer abstoßenden Züge eine gute, fruchtbare Nacht war, ein Hort der Lebenskräfte, die sich in unserem Becken bewegten, nur wenig unterhalb der Stelle, wo ehemals unser Affenschwänzchen wurzelte. Eine kurze Zeit lang waren wir drei nackte Affen, Geschöpfe aus Erde, aus Staub und Scheiße, winzig klein unter den Sternen und doch groß genug, um durch einen Spalt in den Himmel zu lugen.
    Sobald auch die beiden Männer das Ende der Leiter erreicht hatten, machten wir uns zielbewusst auf den Weg. Wir folgten dem fernen Tom-Tom der Trommeln, vorsichtig, aber entschlossen wie Forscher, die ins Herz der Finsternis vordringen. Keiner von uns hatte Angst, dass dort am Ende des Weges etwas Böses auf uns warten könnte, aber auch das Gute kann einem gehörig bange machen, und so setzten wir schleichend einen nackten Fuß vor den anderen und verharrten atemlos bei jedem unerwarteten Geräusch. Die seltsamen Gerüche, deren Anhauch ich schon oben bei der Party bemerkt hatte, lagerten jetzt dick um uns, die Gerüche einer urtümlichen Nacht, in der glühende eidechsenähnliche Kreaturen herumhuschten und rasch wieder verblassende Leuchtspuren über die rissige Erde zogen. Hin und wieder sah ich den Schattenriss eines Baumes, der an einen Baobab erinnerte, riesenhaft und unheimlich, ein Sitz böser Geister und unruhiger Totenseelen, und hörte Vögel mit ohrenzerreißenden Stimmen schreien. Dann wieder sang einer dieser Nachtvögel, so süß und schmelzend, dass wir alle stehen blieben und lauschten. Doch überkam mich die Angst, dieser liebliche Gesang könnte Insekten anlockten, kopfgroße Spinnen und giftstachelige Skorpione, und ich drängte meine beiden Begleiter weiterzugehen.
    Auf jeden Fall war die Nacht erfüllt von geflügelten Insekten, kleinen, samtflügeligen schwarzen Schmetterlingen, die Blut leckten. Ich spürte sie überall an meinem Körper, wo die Dornen die Haut geritzt hatten und Blutströpfchen hervorquollen. Ihre winzigen Flügel schwirrten und kitzelten mich auf Brust und Rücken, Armen und Beinen. Ich sah, wie sie in Scharen über Alecs glatten weißen Körper schwärmten und zu Dutzenden an Robert hingen, dessen hellhäutiger Rücken kreuz und quer von den Dornen zerrissen war wie von den Schlägen einer Geißel. Mir ekelte erst vor den winzigen Wesen, die von meinen Verletzungen lebten, aber der Ekel hielt nicht lange an. Ihre Gier schmerzte nicht, sie leckten nur das Blut, das schon geflossen war, und jedes von ihnen wurde von einem Tröpfchen satt. Ich gönnte es ihnen. Wenn ich schon bluten musste, so sollte wenigstens ein anderes Lebewesen daran satt werden. Auch die beiden Männer machten keine Anstalten, die Vampirschmetterlinge zu verjagen, also waren sie wohl ganz meiner Meinung.
    Kreuz und quer über unseren Weg sausten die leuchtenden Geckos und zogen ihre Feuerspuren. Die Vögel sangen, einmal bösartig grell und schrill, dann wieder verlockend und verderblich zugleich, und mit jedem Schritt, den wir machten, kam das dumpfe Rollen der Trommeln uns näher. Bald konnten wir die Menschen erkennen, die diese Trommeln schlugen. Sie hockten auf gekreuzten Beinen um ein Feuer, das auf der Kuppe eines niedrigen Hügels brannte. Ob es Männer oder Frauen waren, konnten wir nicht erkennen, denn alle hatten kahl geschorene Schädel und kupferfarbene Gesichter mit fremdartigen Zügen, und alle waren in wallende schwarze Gewänder gehüllt, die sich bei jeder Bewegung der trommelnden Hände bauschten, als wären sie von einem eigenen Leben erfüllt. Rund um das Feuer tanzten andere Menschen, ebenso dunkel und fremdartig und ebenfalls in schwarze Roben gewickelt. Es war ein langsamer, zeremonieller Tanz, der wohl die Ouvertüre zu einem Ritual darstellte, denn inmitten der Tänzer wartete eine Frau – ebenfalls kupferfarben, aber in ein weißes Kleid gehüllt und (ich konnte es nicht glauben, aber nach allem, was ich in dieser Nacht schon erlebt hatte, war es wohl keine Besonderheit) mit einem weißen Florentiner Hut auf dem Kopf! Sie war die einzige rundum, die Haare hatte, und zwar sehr lange, teils schwarze, teils aschgraue Haare, die im Wüstenwind flatterten.
    Alec stieß mich plötzlich an. „Die Frau!“, flüsterte er. „Kennst du sie wieder? Das ist die Frau, die an unser Gartentor kam!“
    Und

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