Das Haus der Feuerfrau (German Edition)
ist unser Schicksal, dass wir hier sind – meines, Ihres, das der Kinder hier.“ Er wies auf die drei jungen Leute.
Mir klopfte immer noch das Herz im Hals – Alec war gewaltig in seinen Wutausbrüchen. Aber ich hatte Junkarts zugesagt, dass ich ihn bis zum Ende anhören würde, und ich wollte mein Versprechen halten. Außerdem wollte ich mir natürlich seine merkwürdige Geschichte nicht entgehen lassen. Mochte Alec den beinharten Skeptiker spielen; ich wusste, dass dieses Haus ein Geheimnis barg, und ich wollte ihm auf die Spur kommen.
„Erzählen Sie mir erst einmal alles“, verlangte ich.
Er nickte. „Als uns klar wurde“, begann er, „dass unser Hiersein einen Zweck hatte, versuchten wir herauszufinden, was wir tun sollten. Ich dachte, dass ich vielleicht aus der Geschichte des Gebäudes etwas entnehmen könnte, und forschte in dieser Richtung nach. Das Haus hatte schon immer den Ruf gehabt, ein Spukhaus zu sein; es gab sogar einen schriftlichen Bericht von einer Frau, die Anfang des Jahrhunderts hier gewohnt hatte, einer – “
„Ich weiß, ich habe Marie von Schwengens Büchlein gelesen.“
„Gut, dann brauche ich nichts weiter zu sagen. Das Haus galt schon als vom Unglück verfolgt, als es gerade erst erbaut worden war, und ich erfuhr, dass das mit einem Fluch zu tun habe. Irgendjemand hatte die Familie Schwertsak und alle zukünftigen Bewohner des Hauses verflucht, aber wer das gewesen war, und warum ein Fluch ausgesprochen worden war, das konnten wir nicht herausfinden. Vielleicht haben Sie mehr Erfolg.“
Es beeindruckte mich, wie fest überzeugt er war, dass wir ihnen bei ihrer geheimnisvollen Aufgabe behilflich sein würden. Aber ich konnte ihm nicht viel Hoffnung machen. „Es tut mir leid, dass ich Ihnen nicht helfen kann, aber wenn Dr. Marhold sagt, Sie müssen ausziehen, dann müssen Sie ausziehen. Er ist der Herr hier.“
„Das Haus ist sein eigener Herr“, erwiderte Robert Junkarts mit einer selbstbewussten Ruhe, die etwas Fanatisches an sich hatte. „Es wird Dr. Marhold benützen, genau wie es uns benützt. Es hat seine eigenen Pläne und Ziele. Es will von diesem Fluch frei werden, und wir müssen unser Teil dazu beitragen. Dass Dr. Marhold es renovieren ließ, gehört bereits zu seinen Plänen. Es wird dafür gesorgt werden, dass auch seine sonstigen Pläne in Erfüllung gehen.“
„Ist das nicht ein bisschen viel verlangt von einem Haufen Steine und Mörtel?“, fragte ich ironisch.
Robert Junkarts schüttelte mit einer aufreizend überlegenen Ruhe, wie Sektierer sie manchmal an sich haben, den Kopf. Sein leises Lächeln deutete an, dass hier von Dingen die Rede war, von denen ich nichts verstand, die er aber völlig erfasst hatte. „Es ist nicht das Haus allein, Frau Sperling. Ein Haufen Steine und Mörtel, wie Sie sagen, könnte gar nichts bewirken. Aber dahinter steht ein Plan. Alles kommt, wie es kommen soll, wenn die Zeit erfüllt ist.“
„Welche Zeit?“
„Es sind fast genau 150 Jahre vergangen, seit das Haus erbaut – und verflucht – wurde. Jetzt hat es eine Chance, erlöst zu werden ... wenn wir alle unser Teil tun. Wenn nicht, wird es weiter verflucht bleiben, noch einmal fünfzig Jahre lang, oder hundert Jahre. Und wir werden uns zu den Gespenstern gesellen, die jetzt schon in seinen Mauern ihr Unwesen treiben.“ Plötzlich starrte er mich mit einem harten Blick an. „Glauben Sie denn, wir werden gefragt?“, rief er. „Wir sind mit diesem Haus mit verflucht; wenn wir es nicht erlösen, gehen wir selber zugrunde.“
Ich erstarrte unter seinem Blick, in dem ein geradezu religiöses Sendungsbewusstsein loderte – oder auch nackter Wahnsinn. Ein rationaler Teil in mir warnte mich, weiter mit diesem Mann zu reden, der ein berufsmäßiger Lügner und Verkäufer von Seifenblasen gewesen war und jetzt vielleicht wirklich geistesgestört war. Aber mein Gefühl verriet mir, dass die Aura, die ihn umgab, nicht der schillernde Talmiglanz eines Lügners oder Wahnsinnigen war. Und hatte nicht ich selber diesen bizarren Albtraum gehabt, in dem das Haus als Ganzes in der Erde versank, weil ich – weil
wir
– versagt hatten?
Augenscheinlich hatte Junkarts meine Gedanken erraten, denn er bezähmte seine Erregung und fuhr mit beherrschter Stimme fort: „Sie fragen sich jetzt, ob an den Gerüchten etwas dran ist und ich wirklich den Verstand verloren habe. Glauben Sie mir, das habe ich mich selber auch schon gefragt. Es war sogar mein erster Gedanke, als ich
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