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Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Büchner
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verlangt?“
    Wir waren beide verwundert über die Änderung seines Verhaltens. Der da vor uns stand, war ganz sicher kein Mann, der um die Verlängerung einer Gnadenfrist betteln wollte. Seinem Gesicht, seiner Stimme, seiner ganzen Haltung war anzumerken, dass er uns etwas mitteilen wollte, das zumindest er selber für ausnehmend wichtig hielt.
    Eines musste man Alec lassen: Er gab jedem eine faire Chance, ob er ihn mochte oder nicht. Also antwortete er: „Ich höre Ihnen zu, aber nicht stundenlang.“
    „Es wird nicht stundenlang dauern.“ Robert Junkarts setzte sich wieder, schlug die Beine übereinander und schlang die Hände ums Knie. Dann begann er rasch und fließend zu sprechen. „Sie kennen meine Geschichte, Dr. Marhold, und daher bin ich sicher, dass Sie, Frau Sperling, sie auch kennen. Als ich dieses Haus vor drei Jahren zum ersten Mal sah, war ich ein gebrochener Mann. Ich war ein Jahr lang obdachlos gewesen, hatte im Untergrund gelebt, immer auf der Flucht vor Menschen, von denen ich Böses befürchten musste. Jemand hatte mir den Tipp gegeben, im ‚Totenhaus‘ seien spottbillige Zimmer zu mieten. Allerdings sei es ein Spukhaus, in dem niemand es lange aushielte. Freilich“ – er lächelte mit matter Ironie – „waren Gespenster damals das Letzte, was mich kümmerte, ich hatte weiß Gott andere Sorgen. Und als ich dann das erste Mal vor dem Haus stand, mit zwei Plastiktüten in Händen, die meinen gesamten Besitz enthielten, da geschah etwas unglaublich Merkwürdiges. Ich hatte das Gefühl, dass dieses Haus mich ansprach – mit mir redete.“
    Ich hatte ihn nicht unterbrechen wollen, aber es rutschte mir einfach heraus. „Es sagte: ‚Hallo, Robert Junkarts! Schön, dich zu sehen!‘ Oder so etwas Ähnliches. Nicht wahr?“
    Sie starrten mich alle an. Dann stammelte Junkarts verblüfft: „Ja ... so etwas Ähnliches. Aber wie konnten Sie das wissen?“
    „Weil es mich und Dr. Marhold genauso begrüßte.“
    Wieder tauschten die vier Mieter Blicke, in denen geheime Botschaften schwangen. Junkarts nahm seine Brille ab, putzte sie am Hemdsärmel ab und setzte sie wieder auf, dann fuhr er fort: „Ich stand auf dem Plattenweg und war völlig überwältigt von dem Gefühl, dass ich nach Hause gekommen war. Ich hatte dieses Gebäude nie zuvor auch nur gesehen, aber ich hätte schwören können, dass ich Jahre darin verbracht hatte – dass ich hier geboren und aufgewachsen war und immer hier leben würde. Als ich darauf zuging, flog die Eingangstüre weit auf und blieb offen stehen. Ich ging hinein, und sie schloss sich von selbst hinter mir. Damals war ich der einzige Mieter, aber kaum war ich eingetreten, fühlte ich mich von Menschen umgeben. Sie umdrängten mich von allen Seiten, eine neugierige Menge, die mich begutachtete, aber ich spürte, dass sie mich willkommen hießen. Keinen Augenblick, den ich hier verbrachte, war ich einsam, obwohl es Wochen dauerte, bis ein weiteres Zimmer vermietet wurde.“
    Er griff nach der Weinflasche, schenkte sein Glas von neuem halb voll und trank ein paar Schluck, ehe er weiterredete. „Am nächsten Morgen wachte ich auf, und das Erste, was ich sah, war all mein Kleingeld, das ich am Vorabend in der Manteltasche gehabt hatte. Es lag auf dem Boden, zu einer 7 arrangiert.“ Er zeichnete mit dem Zeigefinger die Ziffer in die Luft. „Das wiederholte sich in den nächsten Tagen immer wieder. Löffel, Messer, Münzen, alle möglichen kleinen Gegenstände, alles bildete eine 7.“
    „Und haben Sie“, mischte ich mich ein, „herausgefunden, was es bedeutet?“
    „Ja, dazu komme ich gleich. Nach ein paar Wochen hörte dieses Phänomen auf, und ich bemerkte etwas anderes: Nämlich, dass das Haus sich die Leute aussuchte, die es hier haben wollte. Mich hatte es willkommen geheißen, andere wies es ab. In den nächsten zwei Jahren sah ich beinahe jeden Monat andere Mieter. Sie hielten es hier einfach nicht aus. Dann kamen Terry und Elena, und sie wurden willkommen geheißen.“
    „Wir hatten genau dasselbe Gefühl wie Robert, als wir einzogen“, erklärte Terry. „Und kaum waren wir im Haus, da fingen wir an, überall Siebener zu sehen. Es war unglaublich.“
    „Ich habe dasselbe erlebt“, verkündete Coco.
    Alec tippte auf seine Armbanduhr. „Machen Sie‘s kurz, Herr Junkarts“, mahnte er.
    „Ich bin schon dabei. Nun, mit der Zeit lernten wir vier einander kennen und tauschten unsere Erlebnisse aus, und dann wurde uns allen klar, dass wir nicht

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