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Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Büchner
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auch eine nächtliche Szene aus den Zeiten des Lazaretts ab: Offensichtlich war ein Patient in der Nacht gestorben, und nun wurde die Bahre über den Flur gerollt und über die Rampe aus Brettern hinunter in den Keller bugsiert.
    Die Epoche des Bestattungs-Instituts war vor allem durch Gerüche vertreten, zumeist durch den beißenden Geruch eines medizinischen Fluid, nicht selten aber auch durch den Duft frischer Blumen, der das ganze Gebäude aufs Angenehmste erfüllte. Mit dem Geruch der Blumen kehrte eine schattenhafte Szene immer wieder, bei der eine Gruppe Unsichtbarer über den Flur nach hinten zum Lift ging. Das laute Weinen einer Frau begleitete die körperlose Prozession. Eine weitere Szene betraf eine Frau mit einem Koffer in der Hand, die in wilder Hast die Treppe vom zweiten Stock herabpolterte und durch die Hintertüre verschwand.
    „Es könnte dieselbe Frau sein“, vermutete Robert Junkarts, “die wir Schwester Magda nennen, aber sicher bin ich nicht, denn in dieser Szene trägt sie Zivilkleidung und einen Hut. Ich schließe es einfach daraus, dass sie sich genauso unangenehm anfühlt wie die Krankenschwester. Sie scheint auf der Flucht zu rein, sie rennt in heller Panik die Treppe hinunter, dann läuft sie zur Hintertüre.“
    Das war nun ein sehr unerfreulicher Spuk, und ich fragte ihn rasch, ob es auch angenehme Dinge zu sehen gäbe. Er nickte lächelnd, behauptete aber, die meisten dieser angenehmen Dinge seien schwer zu identifizieren, es könnten Hochzeitsgesellschaften sein oder Bälle – die lärmende Party, die vom zweiten Stock herunterschallte, ordnete er der Zeit nach dem Krieg zu, als ein Neureicher, vermutlich ein Schieber, die Villa gemietet hatte. Die übrigen hatten zu der Zeit stattgefunden, als das Bauwerk den Schwertsaks gehört hatte, und später in den Wilden 20er Jahren.
    Alec saß bequem zurückgelehnt auf dem Sofa, die Arme über der Brust verschränkt, und hörte diesen Berichten mit einem Gesichtsausdruck zu, als lauschte er den Unschuldsbeteuerungen eines Klienten, den er insgeheim für schuldig hielt. Schließlich stellte er das Glas ab und wandte sich frontal an Junkarts. „Und warum, wenn ich fragen darf, erzählen Sie uns das alles?“
    Der Rothaarige sah erstaunt aus. „Nun, weil Sie jetzt zum Haus gehören und weil Sie über diese Dinge Bescheid müssen wissen, genau wie wir.“
    Es kam selten vor, dass Alec wirklich fies wurde, aber die Spukgeschichten (die er als Versuch auffasste, ihm sein Traumhaus zu vergraulen) hatten seine ohnehin intensive Abneigung gegen den Ex-Verbrecher noch gesteigert, und so konterte er mit eisiger Stimme: „Verzeihen Sie, Herr Junkarts, aber Sie gehören nicht zum Haus. Ich habe dieses Gebäude gekauft, es ist
mein
Haus, und Sie sind schon länger hier, als es mir recht ist. Sie haben reichlich Zeit gehabt, sich etwas Neues zu suchen. Dass Sie die Gelegenheit nicht genutzt haben, ist allein Ihr Problem. Morgen packen Sie Ihre Sachen zusammen, und bis zum Wochenende sind Sie verschwunden. Das gilt für Sie alle.“
    Tiefes Schweigen breitete sich über den Raum. Ich fühlte, wie meine Wangen brannten. Ich hasste peinliche Situationen. Die drei jungen Leute blickten alle Robert Junkarts an, in der Erwartung, dass er etwas sagen würde, aber entweder fiel ihm nichts ein, oder er konnte sich nicht überwinden, es auszusprechen. Seine Lippen zuckten vor innerer Anspannung. Er fuhr sich mit einer Hand ins Haar und wühlte darin herum, als juckte ihn etwas, dann zog er die Finger ebenso rasch wieder zurück und begann an seiner Brille herumzuspielen. Die Hitze in meinen Wangen wurde immer unangenehmer.
    Terry Hirsch drängte plötzlich: „Du musst es ihnen erklären, Robert.“
    „Ja. Ja ...“ Der Mann war innerlich so erregt, dass er aufstand und sich beide Hände an der Hose abwischte. „Es ist nicht leicht zu erklären“, stieß er hervor. „Aber ... sehen Sie, es ist so:
Wir können nicht von hier fortgehen
.“
    „Sie hatten Zeit genug –“, begann Alec erbost.
    „Es geht nicht um Zeit. Es geht auch nicht um andere Wohnungen.“ Robert Junkarts hatte seine Nervosität überwunden und machte nun plötzlich einen selbstsicheren, ja, geradezu dominanten Eindruck. Ich spürte wieder die gewaltige psychische Kraft, die von ihm ausging. „Ich muss Ihnen das alles von Anfang an erklären, und ich bitte Sie nur, dass Sie beide mir zuhören und mich ausreden lassen. Danach werde ich Sie nicht mehr belästigen. Ist das zu viel

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