Das Haus der Feuerfrau (German Edition)
überprüften, ob irgendein Gerät darin versteckt war, aber es war ein hundertprozentig alltäglicher Boiler. Sie besichtigten jede Kachel einzeln, fanden jedoch alle fest mit dem Untergrund verbunden, so dass auch hier keine Machinationen stattgefunden haben konnten. Dann wandten sie sich der rechten Seitenwand zu.
„Wissen Sie schon, was sich hier dahinter befunden hat? Noch ein Keller? Hier ist ein relativ großer Bereich zugemauert worden, und es wäre interessant zu wissen, was für ein Raum das war.“ Der ältere der beiden war es, der danach fragte, ein Blonder mit einem Schnauzbart, der mehr martialisch als magisch aussah.
Ich erinnerte mich an die Bemerkung des Baumeisters, von der mir Alec erzählt hatte. „Ich habe nur gehört, es wäre eine Küche gewesen.“
Da meldete sich Robert Junkarts zu Wort. „Wenn Sie einen Augenblick warten ... ich habe einen Plan des Hauses.“ Er verschwand und kam bald darauf wieder, einen sichtlich frisch ausgedruckten Bauplan in der Hand.
„Das ist ein Teil meiner Datei“, erklärte er. „Ich habe mir schon vor Jahren die Baupläne aus dem Stadtarchiv beschafft und sie eingescannt.“ Er reichte den beiden Magiern den Plan, dann fuhr er fort: „In Häusern aus dem 19. Jahrhundert befand sich die Küche zumeist im Souterrain. Das war auch hier der Fall. Der Bereich, der später als Leichenhalle genutzt wurde, war damals der Wein- und Vorratskeller. Hier“ – dabei pochte er beunruhigend kräftig an die ominöse Wand – „lag die Küche mit einer Spülkammer. Sehen Sie sich den Plan an! Hier ist sie eingezeichnet. Sie wurde später zugemauert und vermutlich mit Erde aufgefüllt. Warum das geschah, und wann genau, ist nicht mehr festzustellen gewesen, es muss irgendwann zwischen der Mitte des 19. Jahrhunderts, als das Haus gebaut wurde, und kurz nach der Jahrhundertwende geschehen sein, denn in einem Bericht aus dem Jahre 1910 wird nur mehr ein einziger Kellerraum erwähnt.“
Der Magier studierte den Grundriss des Hauses, dann fragte er Junkarts (den er jetzt als den Kompetenteren von uns beiden erkannte): „Haben Sie sich das Gebäude schon einmal daraufhin angesehen, ob es irgendwo versteckte Hohlräume oder zugemauerte Treppen oder dergleichen gibt?“
Dieser schüttelte entschieden den Kopf. Nein, das hatte er überprüft. In den drei Jahren, in denen er schon hier lebte, war er oft genug allein in dem Gebäude gewesen, um ungestört Nachforschungen vornehmen zu können. Er hatte es sogar einmal, als er Wochen hindurch der einzige Mieter gewesen war, genau ausgemessen und die Maße verglichen, aber der einzige „geheime“ Raum war die vermauerte und mit Erde gefüllte Küche im Souterrain. Ansonsten war die Anlage des Hauses zu simpel und die Mauern zu dünn, um Geheimnisse zu bergen.
Wenigstens, dachte ich, brauchten wir uns nicht wie im „Schloss von Otranto“ mit Falltüren, Geheimtreppen, drehbaren Zimmern und dergleichen herumzuschlagen! Trotzdem blieb es einigermaßen mysteriös, warum die Schwertsaks – denn zu deren Zeit war es geschehen – ausgerechnet eine Küche zuschütten ließen.
Die beiden Magier sahen sich die Wand noch einmal von vorne bis hinten an, dann gingen sie hinaus und umrundeten das Gebäude, um zu sehen, ob es von außen irgendwelche Zugänge gab. Robert Junkarts und ich blieben alleine im Keller zurück.
Er war in Gedanken offenbar noch immer bei der schönen Coco, denn mit einem Mal bemerkte er: „Das war auch eines der Dinge, bei denen das Haus unser Leben bestimmte. Anfangs, als Coco einzog, brachte sie beinahe jede Nacht einen anderen Mann mit. Es ging zu wie in einem Bordell.“ Es kam ziemlich scharf heraus, aber im nächsten Augenblick schien ihm die Bemerkung wieder peinlich zu sein, denn er fügte mit einem verlegenen Lächeln hinzu: „Ich bin wohl in allem, was Sexualität angeht, ein sehr konservativer Mann. Ich habe die Frau, die ich liebte, geheiratet und ein eheliches Kind mit ihr gezeugt, und ich habe sie nie betrogen. Es gab in meinem Leben nie irgendwelche sexuellen Eskapaden, weder in meinem eigenen noch in fremden Betten. Wahrscheinlich war ich ein ziemlich langweiliger Ehemann.“
„Wir sind einfach eine andere Generation. Als Kind habe ich noch gelernt, dass man vom Onanieren verblödet.“
Er lachte leise, und einen Augenblick schwang wieder diese Stimmung vertrauter Kameraderie zwischen uns – zwei Menschen derselben Generation, die die gleichen großen Wellen der Geschichte erlebt
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