Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Büchner
Vom Netzwerk:
mehr als das: Sie lebten mit einer Energie, die die unsere weit übertraf. Im Inneren dieses faulenden Monstrums pulste ein gewaltiger Herzschlag, der es in unablässiger, Quallen-ähnlicher Bewegung erzittern ließ.
    Keiner von uns rührte sich, keiner wusste, was wir angesichts dieser Ungeheuerlichkeit unternehmen sollten. Wir wären noch Stunden lang dagestanden und hätten es angestarrt wie von der Schlange hypnotisierte Kaninchen, wäre es nicht von selber wieder verschwunden. Vielleicht hatte es nichts weiter vorgehabt, als uns fürs Erste von seiner Anwesenheit in Kenntnis zu setzen. Jedenfalls löste es sich zuletzt auf, die normale Temperatur kehrte zurück, auch das Licht leuchtete wieder.
    Trotzdem ging keiner von uns wieder zu Bett.
    Selbst Robert, der mehr Spukerscheinungen als wir alle mitsammen gesehen hatte, wirkte beklommen. Er war es auch, der vorschlug, wir sollten uns in die Küche setzen und eine Tasse Kaffee trinken, bis das Haus sich wieder beruhigt hätte – wobei mir klar war, dass er nur hoffen konnte, es würde sich wieder beruhigen. Das Ding, das da aus dem Nichts herausgeplatzt war, hatte nicht so ausgesehen, als würde es brav wieder schlafen gehen. Wenn wir uns in der Küche versammelten, dann taten wir das, um von einem nächsten Angriff nicht im Schlaf überrascht zu werden, darüber waren wir uns alle im Klaren. Am liebsten wären wir – davon war ich überzeugt – alle miteinander in ein und dasselbe Bett gekrochen und hätten uns die Decken über den Kopf gezogen, aber da wir alle erwachsene und wohlerzogene Leute waren, drängten wir uns nur um den Küchentisch aneinander. Wir kochten Kaffee, aber die Flasche Kognak, die Alec aus seinem Apartment mitbrachte, fand entschieden mehr Zuspruch als die Kaffeekanne; Alec musste bald darauf hinweisen, dass es nicht der geeignete Zeitpunkt war sich zu betrinken. Vor allem Coco bediente sich gefährlich oft aus der Flasche.
    Die Küche war ein gemütlicher Raum, auch das Licht blieb, wie es sein sollte, und doch wurden wir alle das Gefühl nicht los, dass wir uns in einer Taucherkugel befanden, in einem Habitat auf dem finstersten Grund des Meeres, dort, wo die rostenden Überreste der TITANIC auf eisigen, leblosen Kieseln gebettet lagen ... Das Haus war besetzt, es befand sich in der Gewalt einer bösen Macht, und wir alle standen mit dem Rücken zur Wand in diesem letzten wohnlichen Raum. Wir waren uns nicht einmal einig geworden, ob wir die Küchentüre schließen und uns damit zu Gefangenen machen sollten oder sie offenlassen und riskieren, dass ein Paar roter Flammenaugen zu uns hereinlugte. Zwar hatten wir auf Alecs Anordnung hin im gesamten Haus das Licht brennen lassen, doch wussten wir, dass uns das nicht viel nützen würde. Das Unwesen hatte uns schon einmal bewiesen, dass es elektrisches Licht einfach ersticken konnte, indem es seine Dunkelheit darüber warf wie einen Schleier.
    Ich muss gestehen, dass ich ernsthaft überlegte, beim ersten Anzeichen neuer Schrecknisse das Fenster aufzureißen und in den regentriefenden Garten hinauszuspringen. Es war mir vollkommen gleichgültig, was meine Leser von mir halten würden, wenn sie von diesem Akt schändlicher Feigheit vor dem Feind erfuhren. Ich hätte jeden, der über mich lachte, eingeladen, ein paar Tage im Totenhaus zu verbringen!
    Wir versuchten, ein Gespräch in Gang zu halten, aber das wollte uns nicht so recht gelingen. Im Moment gab es nur ein einziges Thema, das uns interessierte, und gerade dieses Thema wollten wir nicht in stockfinsterer Nacht diskutieren. Also überlegten wir hin und her, was wir tun sollten, wenn es von Neuem losging, ob es irgendeine Möglichkeit gab, dem Ding die Stirne zu bieten. Aber was hätten wir tun sollen? In der Küchenlade lagen zwar mehrere sehr große und scharfe Fleischmesser, aber die nützten uns wenig gegen ein Ding, dessen wirksamste Waffe das Grauen war. Alec schlug zögernd vor, ein paar Gegenstände kreuzweise aufzulegen, um die Entität auf diese Weise abzuschrecken, aber da wurde Coco geradezu hysterisch. Sie schrie auf und erzählte uns haarklein von der grauenhaften Erscheinung, die das Aufhängen eines Kruzifix in ihrem Zimmer ausgelöst hatte. Alec zog seinen Vorschlag rasch zurück, und ich war froh darüber. Ich hielt mehr davon, den Höchsten unter vier Augen um Hilfe zu bitten, als die Symbole des Glaubens zu Amuletten und Talismanen herabzuwürdigen. Schon als ich vor vielen, vielen Jahren zum ersten Mal Bram Stokers

Weitere Kostenlose Bücher