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Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Büchner
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„Dracula“ gelesen hatte, hatte mich der Mummenschanz mit zerbröselten Hostien, Weihwasser und Kreuzen im Verein mit Knoblauchblüten und spitzen Pfählen angewidert.
    Robert Junkarts schaukelte betont lässig in seinem Stuhl; ich hörte immer wieder das entnervende „Klack!“, wenn die hölzerne Lehne gegen die Wand stieß. Zweifellos versuchte er nur seine innere Unruhe auf diese Art loszuwerden, aber er ging uns allen auf die Nerven, und es dauerte nicht lang, bis Terry Hirsch ihn anfuhr: „Mann, wenn du noch lange diesen Lärm machst, ziehe ich dir den Stuhl unterm Arsch weg!“
    Junkarts hörte mit seiner Schaukelei auf, bemerkte aber höhnisch: „Wie wär´s, wenn du dir etwas einfallen ließest, wie wir dieses Ding loswerden, statt mich anzustänkern? Ich dachte, ihr beiden wärt die Experten für Gespenster?“
    Elena schüttelte nur stumm und indigniert den Kopf, Terry jedoch (der eine Heidenangst hatte und unablässig seine blassen knochigen Finger knetete) schnappte zurück: „Du weißt genau, dass es nicht Elenas und meine Sache allein ist. Du bist genauso berufen wie wir und Coco, und Dr. Marhold und Frau Sperling ebenfalls. Entweder uns allen zusammen fällt etwas ein, oder ...“
    „Oder?“, wiederholte Robert, als der Junge unbehaglich schwieg.
    Coco übernahm es, für ihn zu antworten. Mit ihrer sanften, rauweichen Stimme sagte sie: „Oder wir versagen alle zusammen. Und ihr alle wisst, was dann passiert. Wir würden –“
    „Wir wollen jetzt lieber nicht darüber reden“, unterbrach ich sie. Aber natürlich hatten die jungen Leute recht. Wir mussten es alle zusammen schaffen, oder wir würden über kurz oder lang in der Gewalt dieses Unholds sein, der in den tiefsten Tiefen des Hauses brütete.
    Alec rettete uns alle aus der beklommenen Stille, die sich auf diese Bemerkung hin über die Küche senkte. Er begann darüber zu sprechen, was er am Haus ändern wollte und wo man die besten Materialien und Handwerker für dieses Unternehmen fand. Natürlich war dieses Thema nicht dazu angetan, den Rattenkönig zu beruhigen, und bald bemerkten wir, wie sich das Böse von Neuem sammelte. Trotzdem: Dass wir beisammen saßen und Pläne schmiedeten, gab uns Mut. Außerdem war es ein erfreulich trockenes Thema. Robert Junkarts ließ sich lang und breit darüber aus, was man in dem Baumarkt zwei Kilometer hinter dem „Städtchen“ alles zu besonders günstigen Preisen bekam, und Alec ging voll Eifer darauf ein. Es war eine reichlich bizarre Situation: Da unterhielten sich zwei Männer ernsthaft darüber, wo man die billigsten Werkzeuge, Bodenbeläge und Leuchtkörper kaufen konnte, und währenddessen stieg in dem schwach erhellten Haus rund um uns eine schleimige Flut von Bosheit höher und höher ...
    Das Miasma quoll – wie hätte es anders sein können – aus dem Keller herauf, schlüpfte über den Flur, stieg in die höheren Bereiche des Gebäudes hinauf und breitete sich dort aus wie Ölpest an einer sonnigen Küste. Mir schauderte bei dem Gedanken, dass es sich in meinem Zimmer breit machte und dort alles besudelte, was es erreichte. Ich fühlte mich an den Tag erinnert, an dem ich „Die Memoiren der Fanny Hill“ aus der öffentlichen Bibliothek aufgeschlagen hatte und feststellen musste, dass der vorherige Benützer hineingewichst hatte. So erging es jetzt meinem Zimmer, meinem Futonbett, meinen Palmen, meinen Büchern und Disketten ... Zorn stieg in mir auf, aber ich hatte nicht den Mut, mich dem dunklen Wesen zu stellen. Ich saß stumm am Tisch, tat so, als interessiere mich meine Kaffeetasse, und lauschte dabei angespannt auf die schwachen Geräusche, die aus der Unheilszone jenseits der Küchentüre hereindrangen.
    Das auffälligste dieser Geräusche war ein weiches Schlappen und Schlurfen, etwa so, als bewegte sich jemand in riesigen Filzpantoffeln die Treppe hinauf und hinunter, oder als schleife die Schleppe eines sehr schweren Ballkleides über die hölzernen Stufen. Manchmal schien dieses schlurfende Wesen an der Küchentüre zu lauern, wobei es daran schnüffelte oder leckte. Zugleich meinte ich ein Gemurmel zu hören, das aus der Wand drang, ein rhythmisches Brabbeln, als betete die Stimme oder lese laut aus einem Buch vor. Und was für eine Stimme das war! Wenn man sich ein Wesen vorstellen könnte, das völlig aus Fett bestand, weichem, glitschigem, schwartigem Fett, ein Wesen, das jedoch einen Schlund, eine Zunge und einen Atem besaß, dann musste die Stimme dieses Wesens

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