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Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Büchner
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betreiben und jeden Tag Hunderte – ja, Tausende unnötige Existenzen liquidieren! – Damit schlug er die Seite seines Fotoalbums um, und ich blickte in das Gesicht einer Leiche – einer rosa-braun gedunsenen Leiche, deren Gesicht ein stieres Krampflächeln verzerrte!
    Ich sprang auf und rannte ... rannte hinaus aus dem Busbahnhof und die nächstbeste Straße entlang, bis ich sicher sein konnte, dass ich ein paar Kilometer zwischen mich und diesen grausigen alten Schurken mit seiner Mordmaschine gebracht hatte ... und ich bin bis heute überzeugt, dass ich damals dem Teufel persönlich begegnet bin, oder jedenfalls seinem Adjutanten.“
    Wir hatten alle angespannt zugehört. In der Küche war es so still, dass ich unsere Atemzüge hören konnte. Coco war die Erste, die wieder zu sich kam; sie staunte Robert Junkarts aus großen braunen Augen an und fragte: „Und es war
wirklich
der Teufel?“
    „Sie will wissen“, sekundierte Terry in einem etwas provokanten Ton, „ob du an einen wirklichen Teufel glaubst, so einen mit Hörnern und Hufen und einem Schwanz.“
    Junkarts warf ihm einen stechenden Blick zu. „Nein, Terry“, antwortete er. „Keine Hörner und Hufe. Der Teufel nimmt immer die Gestalt von Menschen an, wenn er einem begegnet. Für mich war er ein kleiner alter Mann. Für andere Leute hieß er Magda Gutzloff oder Ricky Kossack. Und wenn wir nicht aufpassen, heißt er Terry Hirsch oder Robert Junkarts.“
    Coco lachte darüber, und die gespenstische Stimmung, die sich in der Küche ausgebreitet hatte, zerstob mit diesem Lachen. Auf einmal fanden wir uns alle mitsammen in eine lebhafte, aber nicht sonderlich tiefgründige Diskussion über das Okkulte verwickelt. Wir schwatzten hin und her über UFOs, Löffelbieger, Hellseher und was dergleichen Themen mehr sind, ohne dass etwas Vernünftiges dabei herausgekommen wäre – wenn man davon absieht, dass wir zum ersten Mal wirklich als eine Wohngemeinschaft zusammengesessen waren. Gegen zehn Uhr abends trennten wir uns und zogen uns in unsere verschiedenen Zimmer zurück, alle in der optimistischen Erwartung einer ruhigen und erholsamen Nacht.
Die Kriegserklärung
    Das Haus – besser gesagt, das Böse im Haus – hatte Alecs Ankündigung baulicher Veränderungen als Kriegserklärung aufgefasst, was sie ja auch war, und noch in der derselben Nacht ging es bei uns zu wie in „Tanz der Teufel“. Es war noch nicht einmal elf Uhr nachts, und wir waren gerade alle zu Bett gegangen, als der Terror losbrach.
    Durch das Haus gellte ein Schrei, dass wir alle unsere Türen aufrissen und hinausspähten, jeder in der Meinung, einer von uns hätte geschrien – obwohl ich mich hinterher fragte, wie wir hatten glauben können, dass eine lebendige Kehle im Stande sei, einen so unmenschlich heulenden und klagenden Schrei loszulassen! Wir riefen einander von Stockwerk zu Stockwerk zu, was denn los sei, bis wir uns vergewissert hatten, dass mit uns alles in Ordnung war. Gleichzeitig rannten wir, alle von dem instinktiven Bedürfnis nach Gesellschaft getrieben, zusammen, bis wir uns im Flur des ersten Stocks trafen.
    Die Treppenbeleuchtung war von Anfang an höchst unzureichend gewesen, aber nun hatte ich den Eindruck, dass das ohnehin schwache Licht noch zusätzlich verdunkelt wurde. Es sah aus, als waberte um jede Lampe wie ein halb durchsichtiger Ball eine böse, schmutzige Aura, die die Lichtstrahlen hemmte. Im Haus herrschte ein ungesundes, schillerndes Zwielicht. Und nicht nur das Licht war beängstigend schwach geworden, auch die Temperatur fiel beständig, ein deutliches Zeichen, dass sich etwas Unerfreuliches anbahnte. Wir spürten alle, wie eine Gegenwart, die vorderhand noch keine Form und Gestalt hatte, aus dem lebendigen Raum um uns herum ihre Lebenskraft zog, wie sie am Gewebe der Wirklichkeit saugte, ein widerwärtiger Parasit, der in dem Maß anschwoll, in dem er sich diese Wirklichkeit einverleibte. Es wurde kälter und kälter, es wurde dunkler, und ich konnte mich des beklemmenden Eindrucks nicht erwehren, dass die Luft, die wir atmeten, zusehends dünner wurde. Das finstere Ding zog seine Energie aus Sauerstoff, aus Wärme und Licht und all den anderen Ingredienzien, die wir für unser Überleben brauchten, und so verwandelte es die Welt um uns in eine Un-Welt, eine von giftigen Dämpfen durchzogene arktische Nacht, in der wir erstickten und erfroren und in der Finsternis zugrunde gingen.
    Unwillkürlich hatten wir uns alle dicht aneinandergedrängt

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