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Das Haus der glücklichen Alten

Das Haus der glücklichen Alten

Titel: Das Haus der glücklichen Alten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valter Hugo Mae
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war alles, was wir mit der Nation noch am Hut hatten. Wir waren zu sehr vom Alter gebrandmarkt, als dass wir noch zusammenhängendes, vertrauenswürdiges Zeug erzählt hätten. Der europäische Silva meinte, der Horror des Spaniers müsse darin bestehen, dass er immer mehr zu der Überzeugung komme, in jeder portugiesischen Familie werde ein Franco geboren. Alles umgedreht, als wäre es das Gleiche.

17 Die Maschine zum Spaniermachen

    Dona Leopoldina zeterte gegen den Inspektor und sagte ihm klipp und klar, kein Polizist dürfe mehr seinen Fuß über ihre Schwelle setzen. Es öde sie an, wegen eines auf den Fußboden ihres Zimmers gespritzten Blutstropfens ständig belästigt zu werden. Inspektor Isaltino de Jesus wand sich voller Ungeduld, und als er der alten Dame zu verstehen gab, dass dies ganz und gar nichts mit Wollen oder Nichtwollen zu tun habe, wirkte er am Ende so aggressiv, als ob er sie gleich verhaften wollte. Sein Ton wurde bedrohlich, doch die Frau gab nicht klein bei, sondern warf sich in die Brust und erklärte, sie wolle endlich ihre Ruhe haben.
    «Das ist gegen das Gesetz, dass Sie herkommen und mir Fragen stellen, auf die ich nicht antworten kann. Hören Sie mal, wenn so was in der Schule passieren würde, dass man die Schüler abfragt nach Stoff, der noch gar nicht durchgenommen ist, das wäre ein Chaos! Ich bin nicht zuständig dafür, ein bisschen Blut auf dem Boden zu erklären, genauso wenig wie Sie dafür zuständig sind, weil Sie nämlich zu überhaupt keinem Ergebnis kommen und mich deshalb auch nicht verhaften werden, ist doch so, oder?»
    Der Inspektor machte einen Schritt zurück und dann wieder einen nach vorn. Er wütete, so gut er es in diesem winzigen Zimmer tun konnte. «Dona Leopoldina, wenn hier jemand ist, der Verbrechen begeht, dann werden Sie doch wohl interessiert daran sein, dass wir ihn zu fassen kriegen, sonst legt der Mörder seine Würgegriffel noch um Ihren Hals!»
    Sie rief empört: «Sie drohen mir? Sie drohen mir, Sie wollen mich erwürgen? Hat das hier jemand gehört? Wer ist Zeuge, dass dieser Mann erklärt hat, er will mich erwürgen?»
    Als Inspektor Jaime Ramos kam, ging er auf den Hof, als wäre alles Wissen des Heims auf dem Hof zu finden. Der Spanier Enrique schimpfte vor sich hin, und der Polizist blieb stehen und wollte sehen, ob er etwas von dem Gebrabbel verstehen konnte, ob was Brauchbares dabei war oder ob es nur wieder die Tirade eines Verrückten war. Noch einmal sagte der Spanier: «Wir sind Portugiesen. Wir sind alle Portugiesen. Den Franco sind wir los, den Franco sind wir los.»
    Inspektor Jaime Ramos runzelte die Stirn und hielt nicht mit einer Antwort zurück. «Also, werter Herr, das gibt es noch? Das wäre gut, wenn wir Spanisch redeten, spanische Löhne hätten, dazu eine hübsche Prinzessin für die bunten Blätter. Wie konnte man nur so blöd sein, auf dem Abklatsch von einer Halbinsel die Unabhängigkeit zu erklären!»

18 Gott ist ein Verlangen,
das wir in uns tragen

    Das war keine ernste Sache, das mit den auf dem Friedhof zertrampelten Blumen. Für mich war es keine ernste Sache. Was da geschah, ereignete sich in einer anderen Dimension, in gar keiner Dimension, als gehe es direkt in die Unwirklichkeit ein, oder ins Nichts, und es hätte nicht einmal einen Sinn gehabt, es überhaupt zu erwähnen. An jedem Samstag, wenn Elisa Lauras Grab in Ordnung brachte, noch bevor sie mich bei den glücklichen Alten besuchen kam, wartete ich darauf, dass man mich allein ließ, damit ich zum Friedhof laufen und die Blumen zertreten konnte. Seit ich mich dazu überwunden hatte, durch die Friedhofstore einzutreten, wie es nun immer wieder geschah, hatte ich mich so daran gewöhnt, dass ich mich gar nicht daran erinnerte. Es war nur ein Fingerzeig, ein Wutausbruch, der sich pünktlich ohne Sinn und Verstand einstellte. Es war etwas rein Mechanisches, das sich meines Körpers bemächtigte und ihn etwas tun ließ, woran ich mich danach überhaupt nicht mehr erinnerte. Daher war es keine ernste Sache, und zunächst bestritt ich es, ich war überzeugt, man würde mir noch genug vertrauen und jemand anderen verdächtigen. Doktor Bernardo zögerte das Gespräch hinaus, und es wurde so lange hinausgeschoben, dass Elisa die Autorität des Heimdirektors schonen wollte, indem auch sie es vergaß und sich schweren Herzens damit abfand, Lauras Grab immer wieder so vorzufinden, als wäre es ständig von einem schlimmen Sturm heimgesucht worden. Ich stand mit

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