Das Haus der glücklichen Alten
anklagen und unseren Weg mühelos beenden kann. Ich weiß, die Menschheit erfindet Gott, weil sie nicht an die Menschen glaubt, und man kann leicht verstehen, warum. Die Menschen vertrauen in Gott, weil sie unfähig sind, einander zu vertrauen, und je mehr dies so ist, desto weniger vertrauen wir einander, desto mehr verlangen wir nach polizeilicher Überwachung, und wenn die göttliche Überwachung in eine Krise gerät, weil sich die Geister befreien und das gefräßige Joch der Kirche nicht mehr wirkt, muss man diese polizeiliche Überwachung vom Staat verlangen. Wie schrecklich wäre es, wenn wir in die Zeit einer Sitten- und Glaubenspolizei zurückkehren würden. Wie schrecklich wäre es, wenn wir uns wieder vor den Nachbarn ängstigen müssten und uns die Nachbarn wegen abweichender Ideen ans Messer liefern könnten. Wie schrecklich wäre es, wenn wieder so ein Sauhund an die Macht käme, der für alles, was man sagt, die Zensur einführen und uns befehlen würde, zu denken wie er und so zu handeln, wie er angeblich handelt. Wie schrecklich wäre es, wenn bei allem, was die Menschen tun, der schändliche Wille regierte, den anderen zu übertreffen, mehr als der andere zu können, den anderen zu überzeugen, wie gut es ihm im Erdgeschoss gehe, während man selbst in die oberen Etagen aufsteigt, aufsteigt so allein wie möglich, denn in Gesellschaft zu siegen befriedigt niemanden. Jetzt machen wir alles falsch, ohne Werte, ohne Angst vor der Kirche, ohne einen Faschismus, der unseren ungebändigten Willen lenkt. Wir sind gewissermaßen auf falsche Art vereinsamt. Einsamer denn je sehen wir den Geschehnissen zu, ohne dass wir recht wissen, wem wir vertrauen sollen. Und dabei, das stimmt, gehen wir davon aus, dass alle gute Menschen sind, aber in den Köpfen mancher, wenn nicht aller Menschen werden wohl viele der Unbegreiflichkeiten ausgeheckt, die hier geschehen und die zum Himmel stinken. Viele der Merkwürdigkeiten, die uns immer weniger an die Menschen glauben lassen.
Und das Gesetz, dieses zarte Etwas, das uns liebt und sich darum kümmert, dass wir glücklich sind und es bequem haben, es rührt mich. Es belauert jede Gebärde und stürzt sich begeistert auf uns, wenn es meint, wir maßten uns mehr Raum an als erwartet, oder wenn wir einfach nur eine Entscheidung allein treffen wollen und das genießen wollen, was unser ist, ohne dass wir den anderen Rechenschaft darüber ablegen müssen, was uns gehört, was uns das ganze Leben gehört hat, jetzt aber prozentweise auch dem Staat gehört. Alles müsste essbar sein. Alles. Autos und Häuser müssten essbar sein, und wenn es ans Sterben ginge und etwas für Steuern, Gebühren und solche Räubereien hinterlassen werden müsste, würden wir alles aufessen und den Berg Scheiße, der daraus entsteht, testamentarisch vererben. Wir würden alles aufessen und einen großen Scheißhaufen hinterlassen, den man, wenn man ihn wieder in Häuser und Autos verwandeln wollte, nutzen müsste, um die Felder zu düngen, auf denen dann gesät, gejätet, gewässert und zu guter Letzt geerntet würde, bis es wieder so gute Apfelsinen gibt wie früher im ganzen Land.
Ich würde kein anderes Testament unterschreiben, ich war unbeugsam. Zu der Zeit entdeckten sie, dass ich nur einen Monat nach Lauras Tod ein Testament gemacht hatte. Darin schloss ich Ricardo vom Erbe aus, so weit ich nur konnte, was beinahe nichts war. Weil das mitfühlende Gesetz dazu verpflichtet, dass ein Sohn mit den besten Tischtüchern bedacht wird. Ich würde nie wieder etwas unterschreiben, selbst wenn er hier auftauchen sollte, schrie ich, er soll sich ja nicht bei mir blicken lassen, ich wäre durchaus dazu fähig, ob ich das Recht dazu habe oder nicht, sein Leben von ihm zurückzuverlangen.
Elisa heulte los, und ich weigerte mich hartnäckig, weil man wieder einmal über mich bestimmen wollte. Es konnte nicht sein, dass sie mir alles wegnahmen, und noch weniger, dass sie mit mir über Geld redeten, wo mir doch fast die Zähne schmerzten, so unbändig war meine Lust, auf einen Schlag alles zu vernichten, alles aufzufressen und nichts aufzusparen, was sie auf meine Kosten würden ausgeben können, auf Kosten all der Jahre, in denen ich im Laden stehen und Haare schneiden musste, schließlich hatte ich nie zu denen gehört, die im Sitzen arbeiten. Nicht dass sie mir gekommen wären und mir vorgeschrieben hätten, wer von mir wie viel von dem bekommt, was ich aufgebaut habe, als ich wie ein Huhn Körnchen
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