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Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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die Handtasche und schaute an die Decke, als könnte ich durch sie hindurchsehen und beobachten, was im Obergeschoß vor sich ging.
    »Richard Barclay war mein geliebter Gatte. Wir waren unzertrennlich.«
    Mein Brief bewies, daß der Ring mir gehörte und ich ein Recht auf den Namen Barclay hatte. Aber wenn ich ihn Fiona zeigte, würde ich ihre kostbaren Erinnerungen an Richard und die Illusion seiner Liebe zerstören. Verschwieg ich ihn jedoch, konnte ich meinen Rechtsanspruch auf den Ring nicht nachweisen, und sie konnte mich verhaften lassen.
    Was sollte ich ihr geben – Brief oder Ring?
    Olivia betrat das Empfangszimmer. »Fiona möchte Sie sprechen. Würden Sie mir bitte folgen?«
    Am Fuß der Treppe drehte sie sich zu mir um. »Das war sehr mutig und gut von Ihnen, vor allem, nachdem sie Sie so behandelt hat. Ich weiß nicht, was für Geschäfte Sie mit Mrs. Barclay haben und wie Sie zueinander stehen, aber ich finde, daß sie grob zu Ihnen war. Auf jeden Fall danke ich Ihnen für Ihre Hilfe.«
    Während ich ihr die große Treppe hinauf folgte, sah ich erst, wie groß das Haus wirklich war und wie voll von Reichtümern und Erinnerungsstücken an eine glorreiche Vergangenheit. Überall hingen Gemälde von Vorfahren in der Tracht ihrer Zeit. Es war dem Haus meiner Mutter in Singapur, das wir verlassen mußten, sehr ähnlich – bewohnt von Geistern früherer Generationen. Fiona Barclay hatte alles, und ich hatte nichts.
    Ich traf meine Entscheidung. Ich würde ihr den Brief geben und meinen Namen fordern.
    Doch dann betrat ich ihr Schlafzimmer. Ich sah mich um. Überall hingen und standen Bilder – gemalte Porträts, kleine Schnappschüsse, ausgeschnittene Zeitungsfotos – eine einzige Erinnerung an meinen Vater. In diesem Zimmer hatte Fiona ihren Mann und ihre Liebe zu ihm am Leben erhalten. Aber es gab auch noch andere Bilder: ein Baby, ein Krabbelkind, ein kleiner Junge in kurzen Hosen, ein älterer in weißem Tennisdreß, ein junger Mann in Blazer und bequemen Hosen – ihr Sohn, mein geliebter Gideon.
    »Meine Mutter war verwitwet und ich ein Baby, als sie Richard Barclay heiratete«, hatte mir Gideon im Drugstore erzählt. Und doch hatte Richard in seinem Brief geschrieben, er hätte Fiona aus Mitleid zur Frau genommen, weil ein Schuft sie sitzengelassen hatte.
    Gideon wußte also nichts davon. Fiona mußte ihm irgendeine Geschichte erzählt haben, vielleicht etwas ganz Edles – daß sein Vater als Kriegsheld gestorben war, zum Beispiel. Genauso hatte meine Mutter ihrer Dienerin befohlen, ihrem eigenen Vater zu berichten, sie sei in der Bucht ums Leben gekommen, während sie versuchte, ein ertrinkendes Kind zu retten.
    Wie engherzig war ich doch gewesen! Ich hatte nur an mich selbst und Fiona Barclay gedacht und das Herz des Dritten in dieser Gleichung nicht berücksichtigt, das meines geliebten Gideon, dem das, was ich mitgebracht hatte, sehr weh tun würde.
    »Ich kann so gut atmen wie schon seit Jahren nicht mehr«, sagte Mrs. Barclay aus ihrem imposanten Himmelbett heraus. Sie war jetzt in Satin und Spitzen gehüllt und lehnte in üppigen weißen Kissen. »Olivia hat mir gesagt, Sie hätten mir etwas von Ihrer eigenen Medizin gegeben.«
    Ich holte die Flasche Goldlotus aus der Tasche und gab sie ihr. Sie inspizierte das Etikett. »Ich werde es natürlich von meinem Drogisten analysieren lassen. Vielleicht kann er etwas davon für mich herstellen.« Sie stellte die Flasche beiseite. »Kann ich nun bitte den Ring meines Mannes haben?«
    Ich sah auf die ausgestreckte Hand und überlegte, weshalb ich hergekommen war. Ich dachte an das, was in meiner Handtasche steckte. Ich betrachtete die Frau, die Gideons Mutter war, und das kleine Foto im silbernen Rahmen neben dem Bett: Gideon als kleiner Junge.
    Schließlich nahm ich die Kette vom Hals und trennte mich zum ersten Mal, seit meine Mutter ihn mir gegeben hatte, vom Ring meines Vaters.
    Ihre Finger umklammerten ihn. Sie schloß die Augen und führte die Faust an die Brust. Ich wußte, daß sie in dieser Sekunde ihren geliebten Richard umarmte.
    Nach einer Weile sagte sie mit glänzenden Augen: »Ich bin jetzt müde. Olivia wird Sie hinausbringen.«
    »Ich bin Richard Barclays Tochter«, erklärte ich sanft. Ich wollte, daß sie es bestätigte, hier vor Olivia, einer Zeugin, die es Gideon berichten würde. Ich verlangte nicht mehr. Nur ein »ja«.
    Aber Fiona schüttelte den Kopf. »Sie sind nicht die Tochter meines Mannes.« Sie rief einen

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