Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)
die soeben eingetroffene Truppe war er leer. Ringsum standen Bürotüren offen, die Räume dahinter lagen verlassen. Ob die Barclays wohl auch nach Hause gegangen waren? »Ich möchte gern die Anweisung lesen.« Sie streckte die Hand aus.
Er fischte Papiere aus der Innentasche seiner losen Jacke, wobei sie sein Schulterhalfter und die Pistole sah, und erklärte: »Wir werden jetzt Ihr System übernehmen, Ma’am.«
»Ich habe das Recht, vorher diese Anweisung zu lesen.«
»Das Recht haben Sie, Ma’am.«
Und ohne sich weiter um sie zu kümmern, wandte er sich wieder den anderen Agenten zu, die er auf dem Stockwerk ausschwärmen ließ. Sie sollten zuerst die Büros in Angriff nehmen, die noch besetzt waren, die Geräte dort lediglich etikettieren und fotografieren, und auf den Technikberater warten, bevor sie irgendeine Maschine abschalteten.
Charlotte sah, wie die Männer sich rasch und zielstrebig in die Büros bewegten und sich in keiner Weise darum kümmerten, daß sie darauf bestanden hatte, zuerst den Text der Anweisung zu lesen. Sie knallte die Papiere auf die Rezeption und eilte hinter den Agenten her. Unterwegs spähte sie in jedes Büro, um festzustellen, wer noch da war, immer auf der Suche nach Hindernissen für die Agenten.
Vor dem Fotokopierraum stieß sie auf Valerius Knight, der dem Teamleiter gerade einen Plan des Biotec-Geländes zeigte und ihn auf einzelne Gebäude und die Lage der verschiedenen Abteilungen hinwies. Sie blieb stehen. Wenn sie jetzt umkehrte, entging sie seinen Fragen.
»Ah, Mrs. Lee. Wie ich sehe, sind Sie wieder mal im rechten Augenblick aufgetaucht.«
Angriff, entschied Charlotte, war die beste Verteidigung.
»Ich kenne meine Rechte, Agent Knight.« Sie trat zu ihm. »Ihre Beamten sind verpflichtet, sich auszuweisen und den Zweck ihres Besuches anzugeben, bevor sie das Gelände betreten.«
Sein Lächeln war kurz und bissig. »Außer natürlich dann, wenn diese Ankündigung zur Vernichtung von Beweismaterial führen könnte.«
»Ach, hören Sie auf. Sehen Sie hier jemanden, der wie verrückt Dateien löscht?«
»Genau das will mein Team ja auch verhindern.«
Charlotte warf einen Blick auf den Plan in seinen Händen, auf dem der Standort jedes einzelnen Computerterminals von Harmony Biotec verzeichnet war, und begriff, daß Valerius Knight in den letzten vier Stunden nicht müßig gewesen war. Außerdem stellte sie fest, daß das Museum nicht auf dem Plan verzeichnet war. »Sie übernehmen sämtliche Computer?«
»Das komplette System bis zur letzten Diskette. Mit dem Netzwerkserver fangen wir an. Übrigens brauche ich Sie, um den Schaltschrank aufzuschließen, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
Sie reckte das Kinn. »Ich bestehe darauf, daß Ihre Männer von allem, was sie mitnehmen, eine komplette Liste erstellen.«
»Selbstverständlich. Das wird immer so gehandhabt.«
»Und ich möchte, daß mein Computerbeauftragter dabei ist.«
»Ich habe schon mit ihm gesprochen. Leider wohnt er jenseits des Saguaro-Canyons, der zur Zeit ein reißender Strom ist. Wollen wir jetzt den Netzwerkschrank öffnen?«
Weil Harmony ein Pharmazie-Unternehmen war, dessen Datenbank auch Rezepturen für genehmigungspflichtige Arzneimittel speicherte, unterlag die klimatisierte Kammer mit dem Netzwerkserver der höchsten Sicherheitsstufe. Während Charlotte Agent Knight widerwillig den Korridor hinabbegleitete und sich den Kopf darüber zerbrach, wie sie Zeit gewinnen konnte, erklärte sie ihm gleichzeitig, die Sicherheitsstufe sei so hoch, daß ein einzelner allein sich keinen Zugang zum Netzwerkverteiler verschaffen konnte. Um die Tür zu öffnen, seien immer zwei Personen nötig.
»Normalerweise sind das der Computerbeauftragte und ich.«
»Ich bin sicher, wir finden bestimmt noch jemanden, der eine Schlüsselkarte hat.«
»Da bin ich nicht so sicher. Anscheinend sind alle schon weg.«
»Ach, übrigens, Mrs. Lee, wenn Sie einen Moment Zeit hätten, würde ich mich auch gern noch einmal mit Ihnen über die drei Opfer unterhalten.«
Sie zuckte zusammen. »Ich dachte, das Thema hätten wir bereits erledigt.«
Seine Augen durchbohrten ihr Gesicht wie schwarze Sonden. »Es hat neue Informationen gegeben, die ich gerne mit Ihnen durchgehen würde, vor allem, weil Sie sagten, daß Sie die drei Frauen nicht kennen. Vielleicht finden Sie das, was ich Ihnen berichten kann, erhellend.«
»Was zum Teufel geht hier vor?« Adrian kam polternd aus seinem Büro. »Kommt doch so ein Bastard
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