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Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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das Gefühl, drei Meter groß zu sein‹. Ich habe keine Ahnung, was er eigentlich meinte, aber einen Satz darin fand ich absolut umwerfend. Es war ein so sagenhafter Satz, daß ich ihn auswendig lernte. Daddy schrieb – Zitat: ›Es ist schrecklich, wenn ein Vater einen absoluten Versager als Sohn hat‹.«
    Er lehnte sich zurück und fuhr sich mit der Hand durch das wirre Haar. Er hatte Schweißflecken unter den Armen. »Na, was hältst du davon? Olivia war versessen darauf, einen echten Enkel zu haben, einen echten Barclay, wie sie es formulierte. Als ob mein Vater einer gewesen wäre! Ha! Gideon war adoptiert, aber diese Kleinigkeit schien Olivia vergessen zu haben. Also trichterte sie ihrem kostbaren Adrian vom Tage seiner Geburt an ein, daß er ein Barclay sei und sein einziger Zweck auf Erden darin bestehe, weitere Barclays zu produzieren. Tja … es klappte nicht. Statt dessen bekamen sie mich. Ha! ha!«
    Charlotte wollte ihm die Flasche wegnehmen. »Gib mir das.«
    Aber er entzog sich ihrem Griff und nahm einen weiteren großen Schluck. »Wußtest du, daß Großmutter ihren Sohn in der Nacht, als sie starb, an ihr Bett rufen ließ und die folgenden Worte zu ihm sprach? ›Adrian‹, sagte sie, ›du hast mich enttäuscht.‹ Die letzten Worte einer Mutter an ihren Sohn. Adrian Barclay, Sohn des großen Gideon Barclay, hatte nicht die Kraft, einen Erben zu zeugen.«
    Er stolperte zurück und stieß gegen das Metallgeländer.
    Charlotte packte ihn. »Des! Du wirst noch die Treppe herunterfallen. Gib mir die Flasche.«
    »Und dann ist da natürlich meine Mutter«, sagte Desmond und riß sich von ihr los. »Ein wirkliches Herzchen.«
    »Sag nicht so was, Des. Du hast sie immer angebetet.«
    Er gab ein lautes, schallendes Rülpsen von sich. »Manchmal werden auch den Frommen die Augen geöffnet.«
    »Irgend etwas muß passiert sein, als ich letztes Jahr weg war. Bei meiner Rückkehr hattest du dich verändert. Genauso wie Mr. Sung. Warum, Des? Was ist passiert?«
    »Ah, Mr. Sung. Der große, undurchsichtige Mr. Sung.« Er erstickte ein neuerliches Rülpsen. »Er hat übrigens meine Adoption abgewickelt. Seine Unterschrift steht auf allen Papieren.« Wieder trank er aus der Flasche und hielt sich dabei am Geländer fest wie auf einem schwankenden Schiff. »Wußtest du, daß meine Eltern nicht aus Liebe geheiratet haben? Sie leben seit ihrem siebten Lebensjahr zusammen. Anscheinend deponierte meine Großmutter mütterlicherseits ihre Tochter bei den Barclays und holte sie nie wieder ab.« Er runzelte die Stirn. »Glaubst du, daß sie je etwas miteinander hatten? Du weißt ja, wie das ist – man kann sich seine Eltern nicht beim Sex vorstellen. Aber in diesem Fall stimmt es wohl wirklich. Meine Mutter kastriert jeden. Ich glaube, mein Vater hat bei ihr nie einen hochgekriegt.«
    »Desmond! Ich hole ein Taxi. Du mußt schlafen.«
    »Und dann war da natürlich noch das Haus. Das wurde natürlich groß geschrieben. Olivia war besessen von ihm.« Er bekam einen Schluckauf und wischte sich das Kinn ab. »Fandest du es nie sonderbar, daß sich meine Mutter ständig dort herumtrieb? Ehrlich gesagt, gefiel mir unser Swimmingpool viel besser. Er war viel neuer und außerdem geheizt. Der alte Barclay-Pool stammte noch aus der Jahrhundertwende.«
    »Warum kamt ihr dann so oft?«
    »Olivia bestand darauf. Sie besuchte uns und fragte: ›Margo, wann warst du das letzte Mal mit Desmond im Haus?‹ Wie deine Großmutter das aushielt, werde ich nie begreifen.«
    »Sie war sehr großzügig. Ihr Haus stand Freunden und Besuchern immer offen.«
    »Um Himmelswillen! Wir lungerten jede Woche dort herum. Was sollte der ganze Unfug?«
    »Wir sind eine Familie, Charlotte. Dieses Haus gehört ihnen so gut wie uns.«
    Wieder ein Schluck. »Jesus, Olivia war verrückt danach. Sie saß stundenlang am Schreibtisch und produzierte tonnenweise Briefe – wie am Fließband.«
    »Briefe? An wen? Worüber?«
    Er zuckte die Achseln. »Sie hatte dieses scheußliche Briefpapier, mit einem großen, obszönen Wappen darauf. Es gehörte früher Fiona. Vermutlich hielt Olivia es für vornehm.« Er wollte trinken, aber die Flasche war leer. Er ließ sie zu Boden fallen. »Ich fühlte mich euch allen immer unterlegen«, murmelte er. »Je mehr meine Mutter mit mir angab, desto wertloser fühlte ich mich. Schließlich war ich kein echter Barclay. Das waren sie zwar auch nicht, aber ich«, er beugte sich wieder über Charlotte und flüsterte, »ich war

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