Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)
Es ist nicht unmöglich, daß jemand etwas gesehen hat, zum Beispiel einen Kunden, der an unseren Packungen herumhantierte.«
Sie machte eine Pause und wartete vergeblich auf Jonathans geflüsterte Entwarnung in ihrem Kopf. Dann wandte sie sich Margo zu. »Ich werde morgen früh als erstes eine Presseerklärung abgeben. Ich möchte, daß du für möglichst weite Verbreitung sorgst.«
Margo antwortete nicht. Sie nahm keine Anweisungen entgegen, nicht, seit Charlotte, die fast dreißig Jahre Jüngere, Vorstandsvorsitzende geworden war.
Wieder spähte Charlotte auf die Uhr. Sie sah, daß Agent Knight das gleiche tat. Kein Flüstern von Jonathan.
Desmond stand auf. »Wenn es dir recht ist …«
»Adrian, ich möchte, daß du die Gratifikationen auszahlen läßt. Die Mitarbeiter werden darin ein gutes Zeichen dafür sehen, daß unser Unternehmen nicht gefährdet ist.«
»Tja …« Adrian zögerte. »Aber das stimmt nicht, oder?«
Beeil dich, Jonathan, dachte sie, als Desmond zur Tür ging.
»Desmond, wir sind noch nicht fertig. Adrian, es ist wichtig für uns, alles zu tun, um Mitarbeitern und Privatinvestoren zu zeigen, daß Harmony eine gesunde Firma ist und wir die Situation unter Kontrolle haben.«
Adrian murmelte etwas von dringenden Telefongesprächen und stand auf. Margo folgte seinem Beispiel, ebenso Mr. Sung, der die ganze Zeit über kein einziges Wort gesagt hatte.
Charlotte suchte krampfhaft nach weiteren Themen. »Ich dachte, ihr hättet auch noch etwas beizutragen«, begann sie.
Desmond hatte die Hand schon an der Klinke. »Mein einziger Beitrag gilt im Augenblick mir selbst: ein dickes Steak, saftig und roh, das in Ketchup schwimmt.«
Agent Knight stieß sich von der Wand ab, an der er gelehnt hatte, und sagte: »Ich stimme für den Steak-Antrag.«
Desmond riß die Tür auf. Man sah den äußeren Empfangsbereich, die Korridore und die Türen zu den Büros.
Charlotte klopfte das Herz bis zum Hals.
Und dann …
»He, Charlotte. Wo bist du? Ich bin auf halbem Weg nach China.«
12
Wieder im Museum, entrollte Charlotte rasch die aus ihrem Büro mitgebrachten Blaupausen und beschwerte die Ränder mit einem Locher und ein paar Kaffeebechern. Sie zitterte vor Wut. »Du hättest sie sehen sollen, Jonathan! Wie sie mich behandelt haben! Bei meiner Großmutter hätten sie nie gewagt, einfach in einer Konferenz aufzustehen.«
»Laß dich von solchen Leuten nicht ärgern, Liebes«, murmelte Jonathan, der damit beschäftigt war, den Plan der Anlage zu prüfen.
Er tippte auf eine Ecke der Zeichnung. »Hier ist es. Nicht gerade leicht zugänglich.«
Sie folgte seinem Blick. Es war ein kompliziertes Diagramm des Kommunikationsnetzes für das gesamte Unternehmen.
»Ich muß dort hinein«, erklärte er, »aber zuerst …« Er ging zum Schreibtisch, an dem er schon vorher seinen mitgebrachten Laptop angeschlossen hatte, und installierte mit geschickten Bewegungen ein kleines schwarzes Kästchen mit grüner Digitalanzeige. »Das ist der Empfänger für die Sender, die ich in euren Büros angebracht habe. Wenn ich ihn hiermit verbinde«, er zeigte auf den Überwachungsmonitor, »können wir jedes Gespräch abhören. Und das«, fügte er mit einem Lächeln hinzu und hielt ein kleineres Gerät hoch, aus dem ein Kabel heraushing, »ist mein Geschenk vom Weihnachtsmann. Agent Knight!« Triumphierend steckte er das Kabel in die Rückseite seines Laptops. »Schau!« Er deutete auf den Monitor. Man sah Valerius Knight, der sich an seinen Schreibtisch setzte und auf die Tastatur einhämmerte. Gleichzeitig hörte man in Jonathans Laptop das Tippen, und auf dem Bildschirm erschien eine Reihe von Buchstaben.
Charlottes Augen wurden groß.
Jonathan lächelte stolz. »Ein kleines Stück Software, von mir selbst erfunden. Ich habe einen Sender an Knights Laptop befestigt. Der Empfänger hier nimmt die Signale auf und leitet sie in meinen Computer, wo dann mein Programm die Anschläge in Buchstaben übersetzt.«
»Du hattest doch auch eine Kamera, Johnny. Was wolltest du damit?«
»Das wird dir Spaß machen.« Er setzte sich an den Computer ihrer Großmutter und nahm die handgroße Kamera aus der Gürteltasche. »Die Software dazu habe ich vorhin installiert.«
Er stöpselte die Kamera ein. Gleich darauf erschienen auf dem Bildschirm Schwarzweißaufnahmen einer nackten Blondine in verführerischen Posen.
»Was ist denn das?«
»Damit, Charlotte, war Desmond beschäftigt, als du deine Sitzung einberufen hast.
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