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Das Haus der Madame Rose

Das Haus der Madame Rose

Titel: Das Haus der Madame Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatiana de Rosnay
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lassen, wann ich ankomme, aber rechne nicht zu früh mit mir, denn ich möchte so lange wie möglich bei der Baronne de Vresse bleiben.
    Grüße Deinen Mann und die Kinder und meine treue Seele Germaine herzlichst von mir. Sag ihr, dass Mariette eine gute Anstellung bei einer wohlhabenden Familie am Parc Monceau gefunden hat.
    Deine Dich liebende Mutter

Ich musste ganz einfach schmunzeln über die Ironie, die in einigen Sätzen steckte. Bälle, Theater, Worth – ja klar! Meine Tochter, eine typische gelangweilte Provinzehefrau, sticht mit Sicherheit der Neid, wenn sie über mein erdichtetes flottes gesellschaftliches Leben liest.
    Ich räusperte mich und las Gilbert den Brief vor.
    Er brummte.
    »Warum sagen Sie ihr nicht die Wahrheit?«, fragte er dann brüsk.
    »Welche Wahrheit?«
    »Warum Sie dieses Haus nicht verlassen wollen.«
    Ich schwieg eine Weile, dann sagte ich:
    »Weil meine Tochter es nicht verstehen würde.«

In meinen Träumen, den schönen Träumen , kommt mein Kleiner zu mir zurück. Ich sehe, wie er die Treppen hinunterrennt, höre, wie seine Schuhe auf dem Kopfsteinpflaster klacken. Ich höre seine Stimme, sein glockenhelles Lachen. Blau stand ihm, ich ließ alle seine Hemden, seine Jacken und Westen in verschiedenen Blautönen schneidern, auch seine Mütze war blau. Mein blau-goldener Prinz. Als Baby saß er immer ganz still auf meinem Schoß und beobachtete die Welt um ihn herum. Ich vermute, die ersten Dinge, die er sich genau ansah, waren die Stiche im Salon und die Porträts über dem Kaminsims. Mit dem Daumen im Mund ließ er seine runden, wissbegierigen Augen umherwandern und nahm alles in sich auf. Er atmete gleichmäßig und drückte seinen kleinen warmen Körper an mich.
    In diesen Momenten verspürte ich große Erfüllung. Ich fühlte mich wahrlich als Mutter, ein Gefühl, das ich bei Violette, meiner Erstgeborenen, nie empfunden hatte. Ja, dieses kleine Geschöpf war meines, ich musste es beschützen und umsorgen. Man sagt, Mütter würden ihre Söhne bevorzugen. Ist das denn nicht die verborgene Wahrheit? Sind wir nicht dazu da, Söhne zu gebären? Doch ich weiß, dass Du Deine Tochter liebtest. Sie war Dir in einer Weise verbunden, wie es bei mir nie der Fall war.
    Wenn ich von Baptiste träume, sehe ich ihn oben im Kinderzimmer ein Schläfchen halten. Ich bestaunte die Perlmuttlider, die seine Augen bedeckten, seine zuckenden Wimpern. Die weichen, runden Wangen. Seine halb offenen Lippen, seinen ruhigen, gleichmäßigen Atem. Ich konnte das Kind stundenlang betrachten, während Violette unten mit ihren Freundinnen spielte, von ihrer Kinderfrau beaufsichtigt.
    Ich mochte es nicht, wenn die Kinderfrau ihn anfasste, als er klein war. Ich wusste, es gehörte sich nicht für mich, so viel Zeit mit ihm zu verbringen, aber ich konnte nicht anders. Ich musste ihn füttern, musste ihn herzen. Er war die Mitte meines Lebens, und Du sahst dem allem gütig zu. Ich glaube nicht, dass Du eifersüchtig warst. Maman Odette war mit Dir genauso umgegangen. Es überraschte Dich nicht. Wenn möglich, nahm ich ihn überallhin mit. Wenn ich einen Hut oder ein Umschlagtuch kaufen musste, war er dabei. Alle Ladeninhaber kannten unseren Sohn. Die Marktleute riefen ihn beim Namen. Er war nicht eingebildet auf seine Beliebtheit, er nutzte sie auch nie aus.
    Wenn ich von ihm träume – und in den vergangenen zwanzig Jahren träumte ich immer wieder von ihm –, erwache ich mit Tränen in den Augen. Mein Herz schmerzt. Als Du noch da warst, war es einfacher, dann konnte ich im Dunkeln die Hand ausstrecken und mich an Deine tröstende Schulter schmiegen.
    Nun habe ich niemanden mehr. Nur die kalte Todesstille. Ich weine in aller Einsamkeit. Das kann ich mittlerweile sehr gut.

Bussy le Repos, den 6. Juli 1847
    Meine liebe Maman,
    ich verbringe eine herrliche Zeit mit Adèle und ihrer Familie in Bussy. Ich vermisse Dich, Violette und Papa sehr. Dennoch habe ich eine wunderschöne Zeit. Macht Euch also keine Sorgen. Ich hab ein wenig Heimweh, aber es ist sehr schön hier. Und sehr heiß. Gestern haben wir im Teich gebadet, er ist nicht sehr tief. Ich durfte auf den Schultern von Adèles Bruder reiten, er war voller Schlamm. Adèles Mutter brät Schnitzel. Ich esse so viel, dass ich manchmal Bauchschmerzen bekomme. Du fehlst mir abends beim Zubettgehen. Adèles Mutter gibt mir zwar einen Kuss, aber sie ist nicht so schön wie Du, sie hat nicht so weiche Haut und nicht den Duft meiner Maman. Bitte schreib mir

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