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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alon Hilu
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Gäste zu sehen, darunter Würdenträgeraus dem ganzen Land und der türkische
Kaimakan
aus Jaffa, und die Tische, beladen mit allen nur erdenklichen Köstlichkeiten, die dort standen.
    Es war Mutter, die mit dem Bräutigam tanzte, sie mit trippelnden Schritten eines kleinen Mädchens und er in schwarzen Lederschuhen eines jungen Mannes, und in ihrem Tanz gerieten all ihre künftigen Sorgen in Vergessenheit, die schlechten, schwarzen Tage ihres Haders und seine endlosen Reisen von Land zu Land und Meer zu Meer, doch die Musik erstarb und wurde abgelöst vom Klagen der Trauernden bei Vaters Tod und von der Prozession zu seinem Grab, und von dort entrollte sich mir die Chronik aller Tage, Generationen würden kommen und gehen, und ich flocht ihren Tanz, als Erstes mein eigener Tod, feucht und nass, auf den breiten Stufen, die hinab in die Tiefe des guten Flusses geleiteten, und hernach Mutters erbärmliches Lebensende in einem elenden Krankenhaus, ohne einen Verwandten oder Angehörigen, der sich um sie würde sorgen, und von dort, in immer schnellerer Abfolge, das Leben und der Tod des Engels und seiner Töchter und ihrer Kinder, und alles, was sich würde zutragen in diesem Land, die Flüsse, die erst mit Blut sich würden füllen und alsbald mit Dreck und Unrat, und die Erde, die mit Kloaken bedeckt wäre, mit Steinen und Lehmzäunen, mit Verderbtheit und Verkommenheit, und am Ende der große, strahlende Abgesang, der Quell der Sorge und des Trostes in einem.
    Und ich nahm Mutters Schuhe, die goldenen, in denen sie in besseren, anderen Tagen getanzt, erhob mich und verließ Haus und Gut, und ihre Absätze stanzten hohle Kreise in das Fleisch der Erde, doch ich verlachte alles, denn dem Palast eines Heiligen strebte ich zu, dem Königsthron, und die Vögel segneten auf meiner Reise mich, die Wolken tanzten am dunklen Himmel undglitten von einem Ende zum anderen, und ein Gefühl großer Erleichterung umgab mich, denn der Mahlstein meines Lebens war von mir genommen, meine Träume und Visionen würden schon bald vergehen und verschwinden, und ich lachte wie das Läuten der Glocken, frei und unbeschwert, von jetzt an würde ich den Schwärmen der Fische und Vögel ein Freund sein, den Wasserwesen und Flussdämonen, die in alle Ewigkeit leben unter den Füßen der Menschen, die auf der Erde wandeln.
    Ein süßes Glück war dies, den Fängen des Weltenunrat entronnen zu sein, doch auch Bedauern lag darin, die Trauer um Raschid und Laila, meine Freunde, die zwischen den Seiten gefangen, aus denen sie niemals mehr würden befreit werden, denn ich war nicht nur der Verfasser ihrer Geschichte, sondern auch ihr einziger Leser, ihr erster und einziger Leser auf der ganzen weiten Welt, und ohne ein Auge, das ihr bitteres Schicksal aufnahm, würden mit mir sie sterben, würde niemand ihrer Geschichte jemals wieder Leben einhauchen, und Laila und Raschid zogen im Nachtwind an der Schleppe meines Kleides, flehten, ich solle zurück in mein Zimmer gehen für diesen letzten Freundschaftsdienst, ihre Geschichte zu vollenden und Abschluss und Sinn ihr zu verleihen, denn ohne dies würden auch sie Wanderer zwischen den Welten bleiben, müssten von Schatten zu Schatten und von Finsternis zu Finsternis ziehen, wie Geister, die zu ewiger Odyssee verurteilt, ohne jemals ihre letzte Ruhe zu finden, und ich schwankte und sann, bis ich in meinem Kleid, mit dem der Nachtwind spielte, und meinen hochhackigen goldenen Schuhen zum schlafenden Gutshaus zurückkehrte, ein letztes Mal die Tür zu meinem Zimmer öffnete und mich an mein Tagebuch und meine Bücher setzte, ihnen ihre lang währende, treue Freundschaft zu vergelten und ihre Geschichte zu einer Auflösung zu bringen, ehe ich die meine auflöste, denn es gibt keine ehrenvollereAufgabe für einen Schriftsteller, als ein Ende zu ersinnen, die losen Enden der Geschichte zu verknoten, alle Kreise zu schließen, dem Schurken heimzuzahlen, was er verdient, und dem Gerechten Gunst zu bezeugen für seine Rechtschaffenheit, die Toten in das Land der Toten zu verbringen und die Lebenden im Land der Lebenden zurückzulassen, und auch nicht die geringfügigsten unter den Charakteren zu übergehen, jene, die nur in einer beiläufigen Bemerkung erwähnt, in einem Nebensatz, sondern sie alle unter seine Fittiche zu sammeln und ihre Geschichte bis zum Ende zu entrollen, und auch wenn ich, der Erzähler, nicht mehr am Leben wäre, so würden vielleicht sie, die Erzählten, und sei es nur für einen kurzen

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