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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alon Hilu
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Zitronenschnitzen und ich mich an meine Bücher und mein Tagebuch setzte und darin schrieb, wie immer ich zu tun pflege, und da war schon ein Klopfen an der Tür, und ich öffnete mit pochendem Herzen, doch es war nicht der Engel, sondern Amina, die flüsternd mir berichtete, eine Verschwörung werde dort unten ausgeheckt, im stillen Kämmerlein, denn der Engel überrede Mutter, mich für eine Woche oder deren zwei zu einem Ort mit Heilquellen zu schicken, meiner niedergeschlagenen Seele Gutes zu tun, meinen angespannten Nerven, und die Schmerzen zu lindern, über die zuletzt ich geklagt, und wir kamen überein, dass zu all seinen Bitten ich Ja sagen sollte, um versöhnlich ihn zu stimmen und zu beschwichtigen und alsdann ihn zu verführen, von dem Gift zu trinken, und Amina küsste auf die Wangen mich, drückte meinen Körper an den ihren und sagte: «Ein mutiger junger Mann bist du, tapfer und beherzt, wollte Allah, dass alle Söhne unseres arabischen Volkes so stark und entschlossen wären wie du», und sie wünschte mir Glück und sagte, sie werde in ihrer Kammer sitzen und um Erfolg für alle unsere Taten zu Allah beten, doch ich spürte, wie meine Knie zitterten und kalter Schweiß von meiner Stirne troff, sodass schnell ich wieder an meinem Schreibtisch Platz nahm, um über meine Freunde nachzusinnen, die mit schwarzer Tinte auf weißem Papier geschrieben, denn Trost und Beistand sind sie mir.
    Die Minuten verrannen und zogen in die Länge sich, ich spitzte meine Ohren, das Nahen des Engels zu hören, die Schritte eines Mannes, der zum Tode verurteilt, auf den Treppenstufen, die zu meinem Zimmer geleiten, und in meinem Herzen lachte über die Dummheit dieses intriganten Mannes ich, der von derHand eines kleinen Jungen fallen würde, und der Geist des Toten rauschte zwischen den Falten des Vorhanges, erteilte unserer Tat seinen Segen, und die Äste des Johannisbrotbaumes, die durch das Fenster blickten, zeichneten für einen kurzen Moment Vaters Antlitz – seine dicken Brauen, seine grünen Augen, seine von dem schwarzen Bart bedeckten Wangen –, und just, da ich meine Wange ihm darbot, seinen Kuss zu empfangen, erklang ein Klopfen an der Tür.
    Es war der Engel, aufgeregt wie ein Kind, ein Funken von Furcht glomm in seinen Augen, und ich bedeutete ihm, neben mir Platz zu nehmen, bot ihm jedoch noch nicht an, sich an dem Zitronentrunk zu erquicken, der auf einem hölzernen Bord stand, und der Engel hob an und sagte: «Salach, wie ein Sohn bist du mir, und du weißt, wie groß meine Sorge um dich», ich jedoch unterbrach ihn behutsam und sagte: «Ich weiß bereits um den Plan, mich fortzuschicken zu den Heilbädern», und der Engel sagte: «Und wie lautet deine Antwort?», und ich erwiderte: «Ich bin voll und ganz einverstanden mit diesem Entschluss, da in meinen Augen ein guter er ist, denn tatsächlich ist meine Seele seit dem Tode meines Vaters sehr verwirrt, so sehr, dass ich nicht mehr zu unterscheiden weiß, was Wahrheit und was Illusion, denn Stimmen hallen in meiner Seele und meinem Hirn wider wie Dschinnen, die auf Bäumen sitzen, und Dämonen, die im Flusse wohnen, und wenn ich einen oder zwei oder gar drei Tage bei den Schwefelquellen und dem Heilwasser verbringe, wird gewiss mein Verstand gesunden», und der gute Engel sah erstaunt und lächelnd mich an, klopfte mir auf die Schulter und sagte: «Ein Freund bist du, ein wahrer Freund›, und das Glas mit dem Zitronensaft zwinkerte mir von seinem Platz auf dem Bord zu, das Gift murrte, inständig flehend, endlich die Kehle des Engels hinabzurinnen, seinen Adamsapfel zu umspülen, in seinen Magen zufließen und sein Blut zu verklumpen, und mit zitternder Stimme sagte ich ihm: «Bitte bediene dich, mein Freund, denn zwischen uns herrscht echte Freundschaft und Brüderlichkeit, nimm dir, trink und lass uns die Erinnerung an unsere schönen gemeinsamen Tage feiern», und der gute Engel schenkte abermals ein überraschtes Lächeln mir, nahm das vergiftete Glas, schwang es zum Zeichen seiner Freude in die Luft und musste jeden Augenblick den Schierlingstrank zu einem letzten Todeskuss an die Lippen führen, doch da besann er sich, stellte das Glas auf seinen Platz zurück und sagte zu mir: «Schenk eine Umarmung mir», sodass für einen Moment wir einander umfingen und er in meine schwarzen Locken flüsterte: «Und dies soll das Ende unserer Feindschaft sein?», und ich sagte: «Gewiss, gewiss, Freunde sind wir wieder, einer dem anderen in Liebe

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