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Das Haus Der Schwestern

Das Haus Der Schwestern

Titel: Das Haus Der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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unterdrücken können, aber diesmal blieb sie unberührt von allem, was sie sah und hörte. Es ging nur um Kate. Es war Frances, als werde der einzige Mensch zu Grabe getragen, der sie wirklich verstanden und vorbehaltlos akzeptiert hatte. Kate hatte sie ermutigt, nach London zu gehen. Kate war dagewesen, als John und Victoria heirateten und Frances kaum wußte, wie sie mit ihrer Verzweiflung fertig werden sollte. Zu Kate hatte sie immer kommen können, hatte sich geborgen gefühlt, wenn die rauhen Hände der alten Frau über ihr Haar strichen, wenn sie den feinen Duft des Lavendelöls roch.
    Nun war sie allein.«

    Barbara legte die Blätter zur Seite und schenkte sich frischen Kaffee nach. Sie verwendete nur einen Tropfen Milch, dafür aber reichlich Zucker. Das heiße, süße Getränk belebte sie und ließ sie sich gleich besser fühlen, auch wenn es immer noch kalt war in der Küche und der Herd nur zögernd etwas Wärme spendete. Sie schloß beide Hände um den Becher und genoß das Kribbeln, das sich durch die Hitze in ihnen ausbreitete. Sie nahm einen tiefen Schluck, verbrannte sich den Mund dabei und nahm dennoch gleich den nächsten, weil es so guttat.
    Sie schrak zusammen, als Ralph plötzlich zur Tür hereinkam; sie hatte seine Schritte nicht gehört und geglaubt, er schliefe noch.
    »Guten Morgen«, sagte er. Er wirkte übernächtigt, blaß. Die Bartstoppeln, die ihn bis zum Abend vorher noch hatten sexy aussehen lassen, machten ihn jetzt noch älter und müder.
    »Wie spät ist es?« « fragte Barbara. Sie hatte ihre Uhr oben liegen-gelassen.
    »Gleich neun. Ich bin spät dran.«
    »Wieso? Wir haben Ferien. Wenn sie auch ein bißchen eigenartig verlaufen. Allerdings«, sie musterte ihn besorgt, »siehst du nicht so aus, als habest du verschlafen. Eher so, als habest du gar nicht geschlafen.«
    Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. »Stimmt. Aber gegen sieben bin ich dann doch eingeschlafen, und so wurde es eben später.«
    »Komm, setz dich und trink einen Kaffee. Leider habe ich keine Geburtstagstorte für dich. Aber du bekommst sie, wenn wir wieder daheim sind.« Sie holte einen zweiten Becher, einen Löffel und stellte die Zuckerdose auf den Tisch. »Möchtest du deine letzte Scheibe Brot haben?«
    »Danke. Ich hebe sie mir für später auf. Morgens geht es noch, aber nachmittags bekomme ich immer einen mörderischen Hunger.«
    »So ist es bei mir auch.« Barbara nahm den Kaffee vom Herd, schenkte Ralph ein. Sie blieb an die Spüle gelehnt stehen und sah zu, wie er trank und langsam einen Hauch Farbe auf den Wangen bekam.
    Schließlich blickte er auf. »Danke auch noch einmal für dein Geschenk«, sagte er, »du weißt, eine Reise hierher habe ich mir schon lange gewünscht.«
    »Oh!« Barbara hob abwehrend beide Hände. »Dafür mußt du dich wirklich nicht bedanken. Es war alles ganz anders gedacht.«
    »Nun - für den Schnee kannst du wirklich nichts.« Er betrachtete die vielen Papiere, die über den Tisch verteilt lagen. »Du mußt ja schon bald fertig sein mit dem Buch!«
    »Es dauert noch eine Weile. Der Erste Weltkrieg ist gerade ausgebrochen. «
    »Und bist du Frances Gray schon nähergekommen?«
    »Ich glaube, ja«, sagte Barbara nachdenklich. »Sie war eine starke Frau, obwohl sie es oft sehr schwer hatte. Im Augenblick geht es ihr gar nicht gut. Ihre Familie hat sich von ihr abgewandt, weil sie mit den Frauenrechtlerinnen gekämpft hat. Sie lebt in großer Armut irgendwo im Osten von London. Ihre Großmutter, ihre engste Vertraute, ist gestorben. Und der Mann, den sie liebt, hat ihre jüngere Schwester geheiratet.«
    »Ich finde, sie sieht hart aus auf diesem Bild im Eßzimmer. Mir ist sie nicht sehr sympathisch.«
    »Du hättest ihre Schwester gemocht. Victoria. Ein anschmiegsames, liebenswürdiges kleines Mäuschen. Sehr hübsch und ohne die geringsten Ambitionen, eigene Wege zu gehen. Häuslich und ganz auf ihren Mann ausgerichtet. Keine, die Scherereien macht oder ehrgeizige Karrierepläne hegt.«
    Barbaras Stimme hatte eine Schärfe angenommen, die Ralph nur allzu vertraut war. Sie schlug diesen Ton immer an, wenn es um Karriere ging, um die Frage, wie sich berufliche Höchstleistungen mit Familie und Kindern vereinbaren ließen. Sie hatten Diskussionen darüber geführt bis zur völligen Erschöpfung. Der springende Punkt war: Barbara wollte einfach keine Familie haben. Sie wollte nicht, und deshalb, das wurde Ralph allmählich klar, war es sinnlos, wenn er sich den Mund

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