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Das Haus Der Schwestern

Das Haus Der Schwestern

Titel: Das Haus Der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Rechte?« Er zog seine Hand weg, stand ebenso mühsam wie wütend auf. »Ich sage dir, grundsätzlich hast du erst einmal überhaupt keine Rechte. Keine! Nicht einmal ein Recht auf Leben. Schon gar keines auf Glück. Wer, verdammt noch mal, sagt, wir hätten ein Recht auf Glück?«
    »Und welches Recht hast du, das zu beurteilen?« gab Frances kalt zurück. Er bedachte sie mit einem Blick, in dem Wut stand und Verachtung, und dann verließ er wortlos das Zimmer.

    Victoria blieb dabei, daß sie nie wieder im Leben Daleview betreten würde; aber nach zwei Tagen fing sie an zu jammern, daß alle ihre persönlichen Habseligkeiten dort seien: ihre Kleider, ihre Wäsche, ihre Schuhe. Sie hatte nicht einmal eine warme Jacke dabei, und die Luft wurde jetzt Anfang September schon kühler.
    »Du kannst dir doch alles, was du brauchst, von mir leihen«, sagte Frances, »und von Mutter sind auch noch Sachen da!«
    Victorias Augen füllten sich schon wieder mit Tränen. »Kannst du nicht verstehen, daß ich meine Sachen haben will? Ich . . . ich brauche sie einfach. Ich habe sonst das Gefühl, daß nichts mehr Bestand hat in meinem Leben!«
    Frances reagierte gereizt, aber Adeline zeigte Verständnis.
    »Sie braucht etwas, das zu ihr gehört. Sie hat alles verloren, was ihr Leben ausmachte. Muß zu Hause wieder unterkriechen, weil sie Schiffbruch in ihrer Ehe erlitten hat. Sie muß irgend etwas behalten, was sie mit sich selber verbindet.«
    Frances sagte, es sei für sie schwer zu verstehen, wie eine Frau wegen ihrer Kleider lamentieren könne, nachdem sich das Land seit einigen Tagen im Krieg befinde und es weit schlimmere Probleme an allen Ecken und Enden gebe. Aber schließlich erklärte sie sich bereit, zusammen mit Adeline nach Daleview zu fahren und dort Victorias Koffer mit ihren wichtigsten persönlichen Gegenständen zu packen.
    »Das vergesse ich dir nie, Frances«, sagte Victoria, aufrichtig dankbar und tief erleichtert.
    »Schon gut. Ich mache das, damit dein ständiges Gejammere aufhört«, entgegnete Frances, und Victoria preßte die Lippen aufeinander und schwieg.
    Es war ein sonniger Septembertag, strahlend hell und wolkenlos, aber die Luft war frisch und kühl wie klares Quellwasser.
    John war nicht zu Hause, als sie auf Daleview eintrafen, und der Butler, der ihnen die Tür aufmachte, zeigte sich von der Situation überfordert. Er kannte Frances natürlich, und er kannte auch Adeline; aber er wußte nicht, ob er sie hinauf in Mrs. Leighs Ankleidezimmer führen und dort deren Kleider zusammenpacken lassen durfte.
    »Ich weiß nicht«, sagte er ratlos, »nachher bekomme ich Ärger...«
    Victorias Zofe Sarah wurde zu Rat gezogen und erklärte sich schließlich einverstanden, mit den beiden Frauen hinaufzugehen. Wie sich herausstellte, platzte sie fast vor Neugier.
    »Mrs. Leigh kommt wohl nicht mehr wieder?« fragte sie mit vertraulich gesenkter Stimme, mehr an Adeline gewandt, die mit ihr auf derselben gesellschaftlichen Stufe stand. Adeline sah wohl keinen Grund, der Frage auszuweichen.
    »Nein, Mrs. Leigh kommt nicht zurück.«
    »Er war furchtbar betrunken in der Nacht, bevor sie ging!« In Sarahs Stimme klang unüberhörbar ein wohliges Schaudern. »Er hat in der Bibliothek einen Stuhl an die Wand geschmettert, dabei sind zwei Beine abgebrochen. Er hat sie angebrüllt, daß er sie nicht mehr ertragen kann. Die arme Mrs. Leigh war ganz blaß. Sie hat versucht, auch etwas zu sagen, aber da hat er geschrien, sie soll den Mund halten, oder er vergißt sich! Ist das nicht schrecklich?«
    Eine wunderbare Theatervorstellung für das Personal, dachte Frances.
    Sie waren in Victorias geräumigem Ankleidezimmer mit den vielen Wandschränken und der Rosen-und Kornblumen-Tapete angelangt. In der Mitte des Raumes stand ein Frisiertisch mit einem Spiegel, dessen Rahmen mit wunderschönen Schnitzereien verziert war. Auf dem Tisch lag eine silberne Garnitur Bürsten, Kämme und Handspiegel, daneben standen Schmuckkassetten aus Ebenholz mit eingelegtem Elfenbein.
    »Das nehmen wir am besten alles mit«, beschloß Frances. »Ohne Schmuck und Schminke ist Victoria doch verloren.«
    Sie öffnete eines der Kästchen und blickte auf funkelndes Geschmeide. Es mußte eine Zeit gegeben haben, da war John nichts zu teuer gewesen für seine Frau. Aber das lag zu lange zurück, als daß es Frances noch berührt hätte. Sie dachte nur kurz — sehr sachlich, keineswegs mitfühlend —, daß Victoria tatsächlich tief und hart und für

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