Das Haus Der Schwestern
regelmäßig ausmistet. Auf dem Dachboden waren nur vier Pappkartons und eben eine Zeitung. Ich wünschte, mein Arbeitszimmer wäre einmal so ordentlich wie hier die Abstellkammern! «
»Wir haben schon eine Menge Pech«, murmelte Ralph. »Mein Gott, wie ich mich nach einer funktionierenden Heizung sehne! «
»Du solltest dich jetzt ein bißchen ausruhen«, meinte Barbara. »Warum suchst du dir nicht ein Buch und legst dich damit ins Bett? Sehr viel mehr können wir im Moment ohnehin nicht tun.«
Ralph nickte und wandte sich zur Tür. »Versprich mir, nicht in zu vielen Schubladen zu wühlen. Das gehört sich einfach nicht.«
»Es gibt hier sowieso nichts, was besonders interessant wäre«, sagte Barbara und schloß die Klappe des Sekretärs. Ihrer Ansicht nach schleppte Ralph zu viele Skrupel mit sich herum, aber sie hatte keine Lust, das zum Gegenstand einer Grundsatzdebatte zu machen. Sie hatte generell keine Lust mehr, über ihre Probleme mit ihm zu reden; dabei hatte dies doch der Sinn der Reise sein sollen.
Es war schon dunkel, als sich Barbara auf den Weg zum Schuppen machte. Sie brauchte neue Holzscheite für den Küchenherd, um die vier lächerlichen Kartoffeln für das Abendessen kochen zu können. Von dem Holz, das Ralph mittags herübergebracht hatte, war nichts mehr übrig. Barbara hatte es den Nachmittag über im Kamin des Eßzimmers verheizt. Sie hatte sich dicht an die Flammen gekauert, etwas gelesen und sich einen kleinen Brandy genehmigt. Der Raum war recht warm geworden, und zusammen mit dem Bild der fallenden Flocken jenseits des Fensters und der langsam anbrechenden Dämmerung empfand Barbara tatsächlich ein Gefühl von Behaglichkeit. Irgendwann war sie nach oben gelaufen, um nach Ralph zu sehen. Sie fand ihn tief schlafend in seinem Bett. Im Schein der Kerze betrachtete sie einen Moment lang sein vertrautes Gesicht. Er atmete tief und gleichmäßig, hatte etwas Rührendes an sich, wie ein gefällter Baum, und wirkte seltsam verletzbar. Barbara widerstand der Versuchung, sich zu ihm zu beugen und ihm über die Haare zu streichen. Vielleicht hätte ihn das geweckt; es reichte, wenn er später zum Essen aufstand.
Leise verließ sie das Zimmer, schlüpfte unten in Stiefel und Mantel, um sich für den Weg zum Schuppen zu rüsten. Das Haus ächzte und stöhnte, denn mit Einbruch der Dunkelheit hatte der Sturm wieder zugenommen und jagte heulend gegen Fenster und Mauern. Barbara hatte im Keller ein Windlicht gefunden, gebaut wie eine altmodische Öllampe. Sie hatte eine Kerze darin befestigt und hoffte nun, der Sturm würde sie nicht zum Erlöschen bringen. Vorsichtshalber ließ sie noch ein Päckchen Streichhölzer in ihre Manteltasche gleiten.
Der Sturm riß ihr zuerst die Tür, dann fast die Lampe aus der Hand. Der Schnee wirbelte ihr in dicken, pudrigen Flocken ins Gesicht. Es gab den Pfad noch, den sie und Ralph in so mühevoller Arbeit geschaufelt hatten, aber selbst hier sank Barbara bis fast zu den Knien ein. Mit gesenktem Kopf kämpfte sie sich vorwärts. Die Lampe schaukelte wild hin und her, die Kerze flackerte und verlosch; aber Barbara bemerkte es nicht, da sie ohnehin ihre Augen geschlossen hielt und sich blind vorantastete. Sie erreichte die Schuppentür, stieß sie auf und atmete tief durch, als sie endlich im Schutz der Mauern stand. Ihr Mantel war voller Schnee, ihre Haare vermutlich ebenfalls. Sie kramte die Streichhölzer hervor und zündete die Lampe wieder an. Geisterhafte Schatten tanzten über die steinernen Wände, eine Maus huschte erschrocken über den Fußboden und verschwand hinter einem Stapel von Gartengeräten. Barbaras Blick fiel auf einen großen Weidenkorb, der in einer Ecke stand. Es schien ihr eine gute Idee, ihn für den Transport des Holzes zu verwenden; so konnte sie viel größere Mengen an Scheiten hinübertragen. Sie stellte die Lampe ab und schichtete das Holz in den Korb. Die Stücke fielen sehr unterschiedlich in der Größe aus und waren voller Splitter, aber Ralph mußte wirklich geschuftet haben, denn es hatte sich ein beachtlicher Vorrat angesammelt. Barbara verstaute in dem Korb, was nur hineinpaßte, dann sah sie sich suchend um. Sie brauchte eine Decke oder Plane, um den Korb abzudecken, andernfalls würde das Holz im Nu naß werden und noch schlechter brennen. Sie entdeckte eine alte Wolldecke, die zusammengefaltet auf einem Regal lag, im hintersten Winkel des Raumes.
Vorsichtig turnte Barbara über halbe Baumstämme, Gerümpel und
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