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Das Haus Der Schwestern

Das Haus Der Schwestern

Titel: Das Haus Der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Sprung verletzt«, stellte Victoria fest, »meine Schwester hat Ihnen eine Kugel aus dem Bein geschnitten.«
    Er sah Frances interessiert an. »Sie sind Ärztin?«
    »Nein. Ich bin nicht einmal Krankenschwester. Aber irgend jemand mußte es tun — sonst wären Sie gestorben. Und da wir keinen Arzt holen wollten ...«
    »Sie wußten ziemlich bald, daß ich Deutscher bin. Ein Feind Englands also. Warum haben Sie dennoch weder einen Arzt noch die Polizei geholt?«
    »Wir wollten Sie zuerst anhören«, sagte Frances, »und außerdem...«
    »Ja?«
    »Sie waren völlig wehrlos. Es erschien uns nicht richtig, Sie in diesem Zustand einem ungewissen Schicksal auszuliefern.«
    Peter nickte langsam. » Ich verstehe. Das Problem ist — was wird jetzt geschehen?«
    »Woher haben Sie Ihre Schußverletzung?« fragte Frances zurück.
    »Wir sind mitten in der Nacht abgesprungen. Vor knapp zwei Wochen. Wir waren zu dritt. Ich und ein anderer landeten unversehrt, aber unser Kamerad hatte Pech, er stürzte unglücklich und brach sich ein Bein. Wir konnten ihn natürlich nicht liegenlassen. Also brachten wir ihn zum nächsten Dorf. Wir waren ausgestattet mit britischen Pässen und hofften, daß niemand unsere wahre Identität herausfinden würde.« Er verzog bedauernd das Gesicht.
    »Alles hätte gutgehen können. Die Leute in dem Dorf waren sehr mißtrauisch, aber sie vermuteten nicht, daß wir Deutsche waren. Unser Kamerad fand eine Unterkunft beim Pfarrer. Wir beiden anderen hätten uns sofort davonmachen sollen; aber wir waren völlig übermüdet und nahmen das Angebot eines Bauern an, in seiner Scheune zu übernachten. Was währenddessen bei dem Pfarrer geschah, kann ich mir nur zusammenreimen. Offenbar hat er noch einmal die Papiere seines Gastes sehen wollen, und der hat dabei die Nerven verloren. Es ging ihm sehr schlecht, und er drehte einfach durch. Er gab seine Identität dem Pfarrer gegenüber preis, wobei er, wie ich annehme, darauf hoffte, von einem Geistlichen nicht verraten zu werden. Der Pfarrer aber machte das ganze Dorf rebellisch, und sie rückten sofort aus, um uns, die beiden Unversehrten, dingfest zu machen. Zum Glück schlief ich nicht, ich hörte sie kommen. Aber für eine Flucht war es trotzdem zu spät. Sie schossen auf uns. Mein Kamerad wurde getroffen und war auf der Stelle tot. Mir blieb nur noch der Versuch, mir den Weg freizuschießen.«
    Er machte eine Pause. Seine Augen verrieten, daß er die gespenstische Szenerie jener Nacht vor sich sah: die Scheune, die Dunkelheit, Fackeln, die aus dem Nichts auftauchten, aufgebrachte Bauern, Mordlust auf den Gesichtern. Der Mann neben ihm brach tot zusammen. Und er wußte, würden sie ihn lebend fassen, sie würden ihn aufhängen. Zu groß war der Haß auf die Deutschen in England.
    »Als Sie sich den Weg freischossen«, sagte Frances, »haben Sie da jemanden verletzt?«
    Er sah sie an. »Ich habe jemanden getötet.«
    Betroffenes Schweigen herrschte im Raum, während sie alle die Konsequenzen realisierten, die sich daraus ergaben.
    »Sind Sie sicher?« fragte Laura schließlich.
    »Ich traf ihn in den Kopf«, entgegnete Peter, »und ich sah, wie ... nun, egal was ich sah. Er ist gewiß tot.«
    »Es war Notwehr«, sagte Victoria.
    Er lächelte. »Ein deutscher Spion und Notwehr? Nein. Wenn sie mich fassen, werde ich wegen Mordes hingerichtet.«
    »Ach, verdammt !« sagte Frances.
    Er warf ihr einen langen Blick zu. »Ich hatte die Waffe übrigens noch bei mir...«
    Frances erwiderte seinen Blick. »Ich habe sie an mich genommen. Ich halte das vorläufig für besser.«
    »Das muß ich wohl akzeptieren«, sagte Peter, aber ihm war anzusehen, wie sehr er die Situation haßte, in die er hineingeraten war: verwundet in einem Bett zu liegen, unfähig, aus eigener Kraft zu laufen oder zu stehen, und unbewaffnet, nicht in der Lage, sich zu verteidigen.
    »Ihre Waffe hatten Sie noch«, sagte Frances, »aber wieso keine Papiere mehr?«
    »Ich muß sie dort verloren haben. Ich wurde ja auch getroffen und fiel zu Boden. Wahrscheinlich sind sie mir dabei aus der Tasche gerutscht.«
    »Dann haben die ein Photo von Ihnen«, folgerte Frances, und er nickte.
    »Ja. Was eine Fahndung nach mir sehr erleichtern dürfte.«
    »Ein Wunder, daß Sie es geschafft haben zu entkommen«, murmelte Adeline.
    Er wirkte sehr ernst. »Ja. Ein Dickicht. Die Dunkelheit. Und Gott hatte wohl vor, mich noch eine Weile am Leben zu lassen.« Er sah die vier Frauen, die sein Bett umringten, der Reihe

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