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Das Haus Der Schwestern

Das Haus Der Schwestern

Titel: Das Haus Der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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zwangsernährt haben. Das soll sehr schlimm sein.«
    »Es ist nicht besonders angenehm. Aber du brauchst kein Mitleid mit mir zu haben. Ich wußte immer, was ich tat.«
    »Ja ... natürlich ...«
    »Du hast es sicher eilig«, sagte Frances, »dein Mann wartet wahrscheinlich schon.«
    »Er sucht seine Mutter, um sich zu verabschieden. Frances...« Es schien Victoria ungeheure Mühe zu kosten, die richtigen Worte zu finden. »Frances — es tut mir leid, wie alles gekommen ist.«
    »Es tut dir leid, daß du John geheiratet hast? Jetzt schon?«
    »Nein, so meine ich das nicht. Ich meine... du weißt doch, was ich meine. Ich ... habe dir weh getan, und ich wollte dir nicht weh tun. Es ist... mit John und mir, das ist einfach passiert.«
    »Es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen müßtest, Victoria.«
    »Nein?« Es klang hoffnungsvoll. »Wirklich nicht?«
    »Wirklich nicht.« Frances betete, daß Victoria den Widerwillen nicht spürte, mit dem sie in ihr süßes Gesicht unter der goldfarbenen Haarpracht sah. Um nichts in der Welt sollte die Schwester ihre Verletztheit, ihre Verzweiflung bemerken.
    »Mach dir keine Gedanken. Ich bin ein wenig gekränkt, daß ich nicht eingeladen wurde. Das ist alles.«
    Victoria schien tief erleichtert. »Ich bin sehr froh. Weißt du, ich dachte ... du und John ...«
    »O Himmel! Das ist doch ewig her. Kindergeschichten, nichts weiter.«
    »Gott sei Dank! Dann steht nichts zwischen uns, ja? Ich wollte dich natürlich gerne zu meiner Hochzeit einladen, und auch George, aber Vater ... du weißt ja ... er wollte es nicht! «
    Und du wirst dich wohl ein Leben lang danach richten, was andere wollen und was nicht, dachte Frances verächtlich.
    Aber sie lächelte und sagte: »Ich weiß schon. Komm, Victoria, setze deinen hübschen Hut auf und suche deinen Mann. Ihr wollt doch den Zug nicht verpassen.«
    Blitzschnell hauchte Victoria ihrer Schwester einen Kuß auf die Wange, dann drehte sie sich um und lief rasch aus dem Raum. Die Tür fiel hinter ihr laut ins Schloß.
    Frances blieb allein zurück, ihr Gesicht brannte, und erst jetzt nahm sie bewußt den Maiglöckchenduft wahr, der zwischen den Wänden hing. Maiglöckchen. Süß und unschuldig. Lieblich und lockend.
    Frances erschien es in diesem Moment, als verkörpere der Duft alles, was sie nicht hatte. Und nie haben würde.

    Als sie nach Westhill zurückkehrten, trafen sie den Telegrammboten, der für Frances eine Nachricht aus London brachte. Sie stammte von Margaret.
    In knappen Worten teilte sie ihrer Nichte darin mit, daß Phillip Middleton nach der Lektüre von Frances’ Brief völlig zusammengebrochen sei. Am Abend desselben Tages habe er erneut versucht, sich das Leben zu nehmen, und diesmal sei es geglückt.
    Er habe eine Überdosis Tabletten geschluckt und sei noch auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben.

Donnerstag, 26. Dezember/Freitag, 27. Dezember 1996
    »O nein«, sagte Barbara entsetzt und schob den Papierstapel ein Stück von sich fort, so als versuche sie dadurch Abstand zu gewinnen zu dem Gelesenen. Ihre Augen brannten; seit Stunden saß sie über der Lektüre. Erst jetzt registrierte sie, daß das Feuer im Herd erloschen und es unangenehm kühl im Raum war. In der Tasse vor ihr befand sich ein letzter Rest Tee; sie versuchte davon und verzog angewidert das Gesicht. Er war kalt und schmeckte bitter.
    »Willst du gar nichts anderes mehr tun, als in diesem Buch lesen?« fragte Ralph von der Tür her. Er hatte einen Stapel Feuerholz im Arm und brachte kalte Schneeluft mit sich herein. Er hinterließ eine Spur von Schneematsch, als er zum Ofen ging und das Holz im Korb daneben aufschichtete. »Hast du übrigens gerade gerufen?« erkundigte er sich.
    »Ich? Nein. Ich habe nur ›O nein‹ gerufen, weil ich etwas Schlimmes hier gelesen habe«, erklärte Barbara. Sie stand auf und streckte ihre steifen Knochen.
    »Ein Freund von Frances Gray hat sich das Leben genommen. Ein ganz junger Mann. Weil sie seine Gefühle nicht erwiderte.«
    »Laß dich nur nicht zu sehr davon ergreifen«, warnte Ralph. »Das ist alles sehr lange her. Solche alten Häuser wie dieses hier bergen immer eine Menge Geschichten, auch solche mit tragischem Ausgang.«
    »Es scheint mir alles gar nicht so weit weg zu sein«, meinte Barbara nachdenklich. »Frances ist sehr lebendig für mich. Weißt du, was mich sehr berührt? Wie sie ihre Heimat, dieses Haus und das Land ringsum beschreibt. Sie schlägt sich mit dem Gedanken herum, ein Mensch zu sein, der

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