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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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wieder zu weit zu gehen, doch man hatte sie nicht entthront. Denn dies hätte das Eingeständnis bedeutet, dass Betonie und die anderen einen Fehler begangen hatten, als sie Mezereum mit der Befragung beauftragten, und so weit wollten sie nicht gehen. Mezereum wirkte deshalb eher bestärkt als gedemütigt.
    Die Stasiskammern – drei waren besetzt, eine leer – waren in einem Halbkreis angeordnet, so dass deren Insassen einander sehen konnten. Mezereum hatte die Kammern auf den Zeitfaktor einhundert heruntergefahren, und wir hatten alle eine entsprechende Dosis Synchromasch genommen. Die zwölfstündige Befragung würde somit etwa siebeneinhalb Minuten subjektiver Zeit in Anspruch nehmen – bei einer normalen Unterhaltung reichte das kaum für den Austausch von Nettigkeiten. Doch dies war keine normale Unterhaltung. Mezereum stellte flammenden Zorn zur Schau und stieß schon die nächste Frage hervor, kaum dass die vorige beantwortet war. Wenn das Verhör in eine Sackgasse geriet, versetzte sie sich in den normalen Zeitablauf zurück und beriet sich mit den vier Splitterlingen. Trotzdem verging der Tag wie im Flug.
    Am Ende war sie kaum weitergekommen. Eine Gesichtsanalyse hatte ergeben, dass es sich bei den beiden unbekannten Gefangenen um vermisste Splitterlinge der Familien Ectobius und Jurtina handeln könnte, eine Vermutung, die nicht ohne Peinlichkeit war, da Angehörige dieser Familien unsere Gäste waren. Mezereum aber konnte sie nicht dazu bewegen, ihre Identität preiszugeben. Auch in Bezug auf das Haus der Sonnen kam sie nicht weiter; das war immer noch so obskur wie damals, als Hesperus es zum ersten Mal erwähnt hatte.
    »Ich glaube, wir kennen uns inzwischen recht gut«, sagte Mezereum zu Grilse.
    Ich dachte an Melilos Bemerkung, wonach Mezereum sich bei der Verfolgung der Wahrheit als Eiferer hervorgetan habe, als sich die Überlebenden noch in den Überresten des Reunionssystems versteckt hatten.
    »Entscheiden Sie sich«, sagte Grilse. »Schalten Sie mich runter oder schalten Sie mich hoch.« Sein Lachen klang so rau und eingerostet, als wären seine Stimmbänder an der Sonne gedörrt worden.
    »Drei von euch sind noch übrig. Dorn ist tot.«
    »Wer ist Dorn?«
    »Der Splitterling der Mellicta-Familie, Ihr Komplize. Die anderen beiden gehören den Familien Ectobius und Jurtina an. Sie gelten als vermisst.«
    »Das hört sich so an, als wüssten Sie schon alle Antworten, Mezereum.«
    »Ich taste mich ran.« Sie wippte auf den Absätzen, streckte den Rücken wie eine gähnende Katze. »Ich habe Dorn nach dem Haus der Sonnen gefragt. Jetzt frage ich Sie.«
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
    »Offenbar ist das eine Familie. Wenn man eins und eins zusammenzählt, ergibt sich, dass ihr Splitterlinge angehören, die ursprünglich von anderen Familien kommen. Vielleicht braucht das Haus hin und wieder eine Auffrischung, keine Ahnung. Vielleicht infiltriert es bekannte Familien mit perfekten Kopien. In diesem Fall wäre der wahre Grilse möglicherweise schon vor Millionen Jahren gestorben. Wenn Sie während eines Umlaufs seinen Platz eingenommen haben und dann mit seinem Körper und seinem Gesicht, seinen Genen und seinen Erinnerungen bei der Reunion aufgetaucht wären, hätten wir den Unterschied wahrscheinlich gar nicht bemerkt. Warum haben Sie uns das angetan, Grilse? Was haben wir getan, um ein solches Unglück zu verdienen?«
    »Sie haben existiert. Das allein reicht schon.«
    »Im Reunionssystem haben Sie Campion erwähnt. Sie haben uns verhöhnt, weil Sie geglaubt haben, der Mann und sein Datenspeicher wären unwiderruflich vernichtet. Das war Ihr Fehler, Grilse. Campion hat nämlich überlebt. Er hat es geschafft. Und das bedeutet, die Aussichten stehen gut, dass wir den Grund für Ihr Verbrechen werden rekonstruieren können.«
    »Ich halte Sie nicht davon ab.«
    »Hören Sie, Grilse. Ich werde Ihnen jetzt beweisen, wie ernst es mir ist.« Mezereum trat vor die zweite Stasiskammer und legte die Hand auf den Hebel. Der Gefangene – der Mann, den wir für einen Angehörigen der Ectobius-Familie hielten – wand sich angstvoll auf dem Stuhl. Er sagte etwas, doch Mezereum hatte anscheinend das Mikrofon ausgeschaltet.
    »Jetzt ist es zu spät«, sagte sie. »Sie haben Ihre Chance gehabt. Jetzt können Sie sich dadurch nützlich machen, dass Sie Grilse demonstrieren, wie ernst es mir ist.«
    Mir schnürte sich die Kehle zu. Mezereum warf Akonit und den anderen einen Blick zu, doch es fand kein

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