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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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hörbarer Austausch zwischen ihnen statt. Mezereum biss die Zähne zusammen und nickte einmal, dann schob sie den Hebel bis zum Anschlag nach links.
    Die Stasisblase brach mit dem gleichen gedämpften Hustengeräusch zusammen wie bei Dorns Ableben, doch der Versagensmodus war ein anderer. Als die Impassoren die anatomisch geformte Kammer freigaben, regnete nur Staub herab. Zu Mezereums Füßen bildete sich eine kleine graue Pyramide. Sie ging in die Hocke, nahm etwas davon in die Hand und ließ dunkle Staubfahnen zwischen den Fingern hindurchrieseln.
    Dann richtete sie sich auf und grub die Absätze in den Staub.
    »Haben Sie alles mitbekommen, Grilse?«, fragte sie und trat vor die andere Kammer, in der der mutmaßliche Jurtina-Splitterling eingesperrt war. »Das gleiche Schicksal könnte in wenigen Minuten auch Sie ereilen. Ich bin bereit dazu – mehr als bereit.«
    »Wir haben den Angriff schmerzlos und ohne Boshaftigkeit durchgeführt«, sagte Grilse. »Wir wollten Ihnen keine Schmerzen zufügen. Das Ganze war ein schneller, chirurgischer Schlag. Wir sind keine Monster.«
    »Wollen Sie etwa behaupten, ich wäre ein Monster?«
    »Blicken Sie in den Spiegel.«
    »Sagen Sie mir, weshalb Sie uns angegriffen haben.«
    »Wie kommen Sie darauf, dass wir das wissen könnten?«
    »Sie haben Campion erwähnt, als Sie glaubten, das bliebe für Sie ohne Konsequenzen.«
    »Man hat mir gesagt, es habe etwas mit Campions Strang zu tun. Mehr sollte keiner von uns wissen. Und selbst das war schon zu viel.«
    »Wer hat Ihnen das gesagt?«
    Ich bemerkte, dass er von kalter Angst erfasst wurde. War dies das erste Mal, dass Grilse andeutete, er stehe im Dienste einer anderen, höheren Macht? Wenn ja, dann hatte er sich den denkbar ungünstigsten Zeitpunkt ausgesucht. Mezereum würde ihn jetzt nicht mehr vom Haken lassen.
    »Wissen Sie was, Mezereum? Sie alle?« Grilse funkelte uns aus der Stasiskammer heraus an. »Ich weiß, dass dort draußen Zuschauer sind – das spüre ich. Ich glaube noch immer, dass wir es schaffen werden, Sie alle zu vernichten. Aber vielleicht sollten wir lieber abwarten, bis ihr euch bei der Suche nach einem Verräter wie wilde Wölfe selbst zerfleischt? Und vielleicht gibt es ja sogar mehr als einen.«
    »Es gibt keinen Verräter in unseren Reihen«, entgegnete Mezereum im Brustton der Überzeugung.
    »Woher wollen Sie das wissen?« Grilses Lächeln war entweder das eines Wahnsinnigen, oder er wusste, dass er nichts mehr zu verlieren hatte. »Es gibt einen Verräter, Mezereum. Das können Sie mir glauben. Er oder sie – da lege ich mich nicht fest – könnte im Moment auch im Publikum sitzen. Und ich wette, ungeachtet dessen, was ich sage, schmiedet er bereits Pläne, wie er den Rest von euch erledigen kann.«
    »Nennen Sie einen Namen«, sagte Mezereum.
    »Ich werde mich hüten. Das müssen Sie schon selbst herausfinden. Setzen Sie Ihre Befragung fort.«
    Mezereum legte die Hand auf den Steuerhebel der Stasiskammer. »Einen Namen.«
    »Und wenn ich sagen würde, Sie sind der Verräter? Würden Sie sich dann selbst einer Befragung unterziehen?«
    »Tun Sie’s nicht«, sagte der Jurtina.
    Mezereum musterte ihn misstrauisch. »Weil Sie mir etwas sagen wollen?«
    »Ich weiß nur, dass wir Sie töten mussten.«
    »Woher stammten die H-Waffen?«
    »Aus einem Versteck, das den Marcellins bekannt war. Die meisten Waffen sind nach dem Homunculus-Krieg verschrottet worden, doch ein paar wurden für den Fall, dass sie wieder gebraucht würden, beiseite geschafft.«
    Sie wandte sich wieder Grilse zu. »Stimmt das?«
    »Es gab ein Versteck. Der Rest der Familie wusste jedoch nichts davon. Sie trifft keine Schuld.«
    »Darüber hat die Körperschaft zu entscheiden.« Mezereum wandte sich wieder dem Jurtina zu. »Sie haben mir noch nichts gesagt, worauf ich nicht schon selbst gekommen bin. Wenn Sie keine Informationen zurückhalten, sind Sie für uns nur noch als Demonstrationsobjekt unserer Entschlossenheit von Wert.«
    »Tun Sie’s nicht«, sagte der Jurtina.
    Mezereum bewegte den Hebel nach links, diesmal ganz langsam. Aus unserer Perspektive beschleunigten sich die Bewegungen des Gefangenen; er zuckte und ruckelte immer heftiger auf dem Stuhl.
    Etwas zerriss in mir.
    »Warte!«, rief ich, bevor der Hebel am Anschlag angelangt war. »Es muss einen anderen Weg geben.«
    Mezereum musterte mich mit eisiger Verachtung. »Hast du etwas beizutragen, Campion? Bis jetzt warst du ungewöhnlich schweigsam.«
    »Wähl dich

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