Das Haus der Sonnen
hat, macht es keinen Sinn, das Ganze aufzuschieben.«
»Findet die Zeremonie im kleinen Kreis statt?«, fragte Kaskade.
»Für gewöhnlich ist das so, aber unter diesen Umständen kann ich das nicht genau sagen. Unsere Gäste gehören ebenfalls zu den Betroffenen – sie alle sind Opfer des Angriffs, und alle kannten Miere – Sie selbst eingeschlossen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Zeremonie für alle zugänglich sein wird, auch für die Ymirer. Wenn wir sterben, geschieht dies meistens fernab der Heimat, Tausende Lichtjahre von anderen Splitterlingen entfernt. Dann werden wir bei der nächsten Reunion als vermisst vermerkt, und wenn wir beim nächsten Mal immer noch nicht erscheinen, nimmt man an, dass wir tot sind. Dann findet eine Zeremonie statt, und einer von uns bekommt den Auftrag, das Denkmal zu errichten – da der Tod des Betreffenden aber schon einen Umlauf zurückliegt, ist das eher so, als würden wir eines historischen Ereignisses gedenken. Bei Miere verhält es sich anders – es wird viel persönlicher und unmittelbarer sein.«
»Wenn wir etwas für Sie tun können, zögern Sie nicht, uns zu fragen«, sagte Kadenz.
»Ich werde Betonie Bescheid sagen. Ich bin sicher, er hat die Vorbereitungen bereits in Angriff genommen.«
Falls die Robots die Schärfe in meinem Ton bemerkten, der daher rührte, dass Betonie alle wichtigen Entscheidungen an sich riss, so besaßen sie den Anstand, es sich nicht anmerken zu lassen.
»In Anbetracht der Umstände erscheint es uns geraten, unsere Abreise aufzuschieben«, sagte Kaskade. »Uns ist nach wie vor an einem raschen Aufbruch gelegen, doch wir würden Miere gern die letzte Ehre erweisen, wenn die Familie es erlaubt.«
»Das wird sie bestimmt. Es ist sehr freundlich von Ihnen, dass Sie so flexibel sind.«
»Wir haben gesehen, welch große Wertschätzung Sie Hesperus entgegengebracht haben«, sagte Kadenz. »Dafür möchten wir uns revanchieren.«
Ich dankte den Robots für ihre Freundlichkeit.
Das Frühstück war eine Qual. Es gab zahllose Dinge, die wir hätten sagen wollen, doch keiner wagte es, das Schweigen zu brechen. Selbst Betonie behielt seine Gedanken für sich und schwieg bis zuletzt. Uns allen ging durch den Sinn, dass Mieres Mörder möglicherweise mit uns am Tisch saß und eine ebenso betrübte Miene machte wie alle anderen.
»Mieres Totenfeier wird morgen stattfinden«, sagte schließlich Betonie, und einen Moment lang meinten wir, damit sei seine Erklärung auch schon beendet. Er aber kratzte sich am Kinn und fuhr fort: »Heute wird Mezereum die Befragung der Gefangenen fortsetzen. Da die Ereignisse uns zu raschem Handeln zwingen, habe ich sie ermächtigt, die Gefangenen aus der Stasis zu holen.«
»Dann könnte es sein, dass wir beide verlieren«, sagte Campion.
»Dieses Risiko müssen wir eingehen, doch ich halte es nicht für sehr wahrscheinlich. Ich glaube, die Aussichten stehen gut, dass wenigstens einer die Prozedur unbeschadet übersteht.« Er legte die Stirn in Falten und musterte Campion scharf. »Es sei denn, du hast es dir anders überlegt, dann wäre es besser, wenn du dich der Befragung fernhalten würdest.«
Mezereum wischte sich die Finger an der Serviette ab und sagte: »Meinetwegen kann Campion dabei sein. Vorausgesetzt, dass er mir nicht abermals in den Rücken fällt.«
»Macht doch, was ihr wollt«, sagte Campion. »Es gibt zahllose Dinge, die ich lieber täte, als dir dabei zuzuschauen, wie du die Gefangenen folterst.«
»Da sie ihr Wissen nicht freiwillig preisgeben, bleibt mir wohl nichts anderes übrig.« Mezereum faltete die Serviette und legte sie auf den Tisch. »Außerdem ist das eine akademische Frage. Wie Betonie schon sagte, wenn wir diese Phase der Befragung abgeschlossen haben, werden mir bis Mittag Menschen aus Fleisch und Blut zur Verfügung stehen – jedenfalls mindestens einer.«
»Oder keiner, wenn du Pech hast.«
Sie fixierte ihn, ohne zu blinzeln. »Der Tranchierapparat steht bereit. Wenn du möchtest, kannst du gern bei der Prozedur zuschauen.«
»Wir werden alle da sein«, sagte Betonie. »Diesmal gelten keine Entschuldigungen, es sei denn, jemand ist auf Patrouille. Portula, das gilt auch für dich.«
»Als Nächstes wirst du mir dann das Wegschauen verbieten«, sagte ich.
»Ich möchte, dass alle zugegen sind. Wir müssen eure Reaktionen studieren und feststellen, wem bei der Sache unwohl ist.«
»Das dürfte wohl ich sein«, sagte Campion.
»Ich glaube, das ist nicht der
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