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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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durchgesehen haben und er sich fast in Angriffsposition befindet. Bis dahin sind es noch dreißig Stunden, Campion. Wenn wir bis dahin nichts von Portula gehört haben, sollte selbst dir klar sein …« Er brachte es nicht fertig, den Satz zu beenden.
    »Ich verspreche, dass ich erst dann angreifen werde, wenn keine Hoffnung mehr für sie besteht«, sagte Galgant. »Und jetzt entschuldigt mich bitte. Ich muss noch ein paar Vorbereitungen treffen.«
    Sein Imago flirrte und verschwand.

Vierunddreißig
     
     
     
     
     
    Das Synchromasch veränderte einige Dinge in meinem Körper. Es verlangsamte nicht nur das Zeitgefühl. Doch nachdem ich über zwei Stunden lang mit der Waffe auf Kadenz gezielt hatte – über zwanzig Stunden realer Zeit -, nahm ich ein wachsendes Druckgefühl im Bauch wahr, ein warnendes Grollen, das mir klarmachen sollte, dass meine biologischen Prozesse sich nicht länger behindern lassen wollten. Meine Gedanken faserten immer mehr aus, wie ein altes Seil. Ich konnte mich nicht mehr konzentrieren – mehr als einmal glaubte ich, Hesperus sei wieder wohlauf und wir hätten es geschafft, die beiden Robots zu besiegen. Nach jeder dieser Abschweifungen nahm ich mir vor, wachsam zu bleiben, doch das fiel mir zunehmend schwer. Kadenz beobachtete mich mit gehässiger Aufmerksamkeit und horchte auf das Auf und Ab meiner geistigen Prozesse. Für sie glich mein Geist einem erleuchteten Buntglasfenster. Sie wartete darauf, dass bestimmte Facetten sich verdunkelten. Dann würde sie zuschlagen.
    Nach vierundzwanzig Stunden holte mich das Chronometer in die Realzeit zurück. Ich fühlte mich ebenso ausgelaugt und benebelt wie unter der Wirkung des Synchromasch, doch jetzt verstrich jede Sekunde mit quälender Langsamkeit.
    »Das Wachbleiben fällt Ihnen immer schwerer«, bemerkte Kadenz.
    Ich stand auf. Meine Beine fühlten sich an wie zwei Säulen, die auf wundersame Weise aus dem Zustand der Taubheit in den des brennenden Schmerzes übergingen. Mühsam tappte ich zur Steuerkonsole hinüber, während ich nach wie vor die Energiepistole auf Kadenz gerichtet hielt. Vielleicht war mir ja etwas entgangen, doch ich glaubte nicht, dass wir in der Zwischenzeit angegriffen worden waren.
    »Campion«, sagte ich zur Konsole, »hier spricht Portula. Ich lebe noch und frage mich, ob du mich hören kannst. Gibt es irgendwelche Neuigkeiten?«
    Die Stille dehnte sich wie die verzerrte Raumzeit. Ich wanderte im Raum umher, beäugte die beiden beschädigten Robots und fragte mich, was Campion von einer Antwort abhalten mochte. Eine Nebenwirkung des Absetzens von Synchromasch besteht darin, dass einem der normale Zeitfluss so lange besonders zäh erscheint, bis das Gehirn sich auf die veränderte Situation eingestellt hat. Obwohl ich mir dieses Umstands bewusst war, hatte ich das Gefühl, es dauere außerordentlich lange. Ich wollte gerade einen weiteren Funkspruch losschicken, als seine Stimme ertönte.
    »Du lebst!«, sagte Campion erfreut. »Gott sei Dank. Wir haben so lange nichts mehr von dir gehört, dass wir schon das Schlimmste befürchtet haben. Wir wussten, dass kein Signal durchkommen konnte, solange der Impassor hochgefahren war, aber als der Angriff beendet war, haben wir uns gewundert, weshalb du dich nicht gemeldet hast. Ich habe mir Sorgen gemacht, weißt du? Ich nehme an, du hast den Angriff mitbekommen. Wir haben die Silberschwingen mehrfach getroffen, aber nicht so stark beschädigt wie erhofft. Die gute Nachricht ist, dass wir nur Raumschiffe verloren haben, keine Splitterlinge. Hederich, Melde und Agrimony fliegen bei uns mit. Jedenfalls haben wir nicht aufgegeben. Rede mit mir, Portula. Erzähl mir, was passiert ist.«
    »Sag mir erst mal, wohin wir fliegen.«
    Seine Antwort traf vier Minuten später ein. Der Abstand der Verfolgerschiffe hatte sich in der Zwischenzeit verringert, wenn auch nur geringfügig.
    »Wir konnten kein eindeutiges Ziel bestimmen«, sagte Campion, »aber wir haben deinen Kurs extrapoliert und dabei eine Entdeckung gemacht. Wir wissen noch nicht, wie sie einzuschätzen ist – die Unsicherheiten sind gewaltig. Aber wenn wir deine voraussichtliche Flugbahn um zweiundsechzig Kilojahre verlängern, stoßen wir auf etwas Interessantes, und zwar nicht nur auf ein anderes Sonnensystem oder die Grenze eines Reichs der mittleren Ebene. Da ist ein Sternendamm, Portula – und wir haben ihn erbaut.«
    Ich blickte Kadenz an, um mich zu vergewissern, dass sie keinen Unfug machte. »Ein

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