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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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ein.«
    »Ein geheimer Flitzweg zu einem geheimen Raum?«
    »Das ist ein großes Raumschiff. Platz genug für ein paar Überraschungen.«
    »Danke, Hesperus. Es wird zwar nichts nützen, aber dann gibt es wenigstens einen Hoffnungsschimmer, an dem ich mich festhalten kann. Wenn ich in Stasis gehe, ist das besser als die unumstößliche Gewissheit, dass ich sterben werde. Dann gibt es ein Fünkchen Licht am Ende des Tunnels, jedenfalls für mich.«
    »Ich habe schon so oft Glück gehabt. Eigentlich spricht nichts dagegen, dass ich auch jetzt wieder meinen Kopf aus der Schlinge ziehen werde. Geh jetzt, Portula.«
    Es gab so vieles, was ich ihm sagen, und tausend Fragen, die ich ihm stellen wollte. Aber der Öffner konnte sich jeden Moment einschalten und seinen unwiderruflichen Befehl an den Sternendamm senden.
    Ich sagte ihm Lebewohl. Dann kehrte ich der Brücke den Rücken und ging zur Flitzkammer. Ich gab das Wort »Ziel« in das Paneel ein und wappnete mich. In dem Moment, bevor das Feld sich aufbaute, kam mir der Gedanke, Hesperus könnte mich angelogen haben, es gäbe vielleicht gar keinen Geheimraum und die Flitzkabine würde mich schmerzlos in den Tod befördern, indem sie mich gegen eine feste Wand schleuderte. Doch das Feld baute sich auf, transportierte mich über einen Weg, von dessen Existenz ich nichts gewusst hatte, und nach einem kurzen Moment irrsinnig beschleunigter Bewegung gelangte ich ans Ziel .
    Ich befand mich in einem Raum, den ich nicht kannte. Als ich aus der Kabine trat, wurde es hell. Der Raum war noch kleiner als die Brücke der Silberschwingen – kaum größer als ein Wohnzimmer oder eine Küche. Die Wände waren quadratisch und aus Metall, mit bolzenartigen Verstärkungen. Bis auf die von Hesperus erwähnte Überlebensvorrichtung war der Raum leer.
    Ich erkannte die Vorrichtung wieder.
    Es handelte sich um einen grünen Würfel, geschmückt mit Reliefs, die Burgen und Paläste, Ritter und Prinzessinnen, Ponys, Drachen und Seeschlangen darstellten. Es war der Puppenpalast oder jedenfalls eine raffinierte Replik dieses Spiels aus meiner Jugend. Offenbar hatte ich ihn von der Goldenen Stunde mitgenommen und sechs Millionen Jahre lang aufbewahrt.
    Er sah genau so aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte.
    Ich trat durch die Öffnung in der grünen Wand des Kubus. Doch statt der leuchtenden holografischen Landschaft des Königreichs mitsamt dem Wolkenpalast erblickte ich nur eine Stasiskammer, umringt von Impassorgeneratoren.
    Weshalb ausgerechnet hier?, überlegte ich. Darauf wusste ich keine Antwort; diese Frage konnte mir wohl niemand beantworten.
    Ich nahm auf dem Stuhl Platz. Bei einem Notfall hatte es keinen Sinn, einen anderen Wert als den höchstmöglichen Stasisfaktor zu wählen. Ich stellte den Hebel auf eine Million. Wenn die Silberschwingen zerstört würde, könnte mich vielleicht nach Monaten oder Jahren Planetenzeit eines der Raumschiffe des Kordons bergen. Andererseits bestand auch die Möglichkeit, dass ich an ihnen vorbeisegelte und Zehntausende Jahre lang durch den Weltraum fliegen würde. Diesmal war ich jedenfalls auf einen längeren Aufenthalt gefasst. Bevor die Gurte sich strafften, träufelte ich mir Synchromasch in die Augen. Die Kombination von Synchromasch, Stasis und relativistischer Zeitdilatation würde mich notfalls so lange am Leben erhalten, bis ich die andere Seite der Galaxis erreicht hätte.
    »Hesperus?«, sagte ich, als die Kabine meldete, das Stasisfeld werde sich jeden Moment aufbauen. »Kannst du mich hören?«
    »Natürlich, Portula.«
    »Ich tauche jetzt jeden Moment ab. Ich wollte dir nur noch sagen …«
    »Du brauchst nichts zu sagen. Ich war dein Freund und werde immer dein Freund bleiben.«
    »Ich hoffe, du verzeihst uns, was wir getan haben.«
    »Wenn unser Plan misslingt, werden Maschinen den organischen Intelligenzen schreckliche Dinge antun. Eines Tages werden wir vielleicht beide darauf angewiesen sein, dass man uns verzeiht. Bis dahin verzeihe und danke ich dir.«
    »Hesperus?«, sagte ich.
    Ich bekam keine Antwort. Die Gurte strafften sich. Bevor ich mich nicht mehr rühren konnte, justierte ich das Chronometer und aktivierte das Synchromasch. Dann befand ich mich auf einmal in Stasis, und ich hatte Zeit, zwei miteinander zusammenhängende Gedanken zu formen.
    Ich lebte.
    Und unser Plan war aller Wahrscheinlichkeit nach gescheitert.

Einundvierzig
     
     
     
     
     
    Als ich aus der Stasis kam, wartete eine Nachricht von Hesperus auf mich.

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