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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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auszulesen, doch auf diese Weise waren sie vor ungewollten Änderungen oder einer unbeabsichtigten Löschung sicher und selbst vor einer lokalen Supernova geschützt. Zweifelhafte oder flüchtige Daten wurden in den mittleren und den Außenschalen aufbewahrt und bei Bedarf höher oder niedriger eingestuft. Neue Daten wurden unter der gewissenhaften Aufsicht der Kuratoren von außen eingespeist. Nur wenige Lebende hatten jemals eines dieser fremdartigen, langsamen Wesen zu Gesicht bekommen. Man vermutete, dass es mindestens so viele Kuratoren wie Schwarmkörper gab, doch da die Kuratoren kaum jemals innerhalb oder außerhalb des Schwarms reisen mussten, ließ sich ihre tatsächliche Anzahl nicht ermitteln.
    Ich hatte die Speicher konsultiert, doch die einhellige Auskunft lautete, es gebe hinsichtlich der Kuratoren viele Mutmaßungen, die sich größtenteils gegenseitig widersprächen. Die Vigilanz lebte vom Sammeln von Daten, verstand sich umgekehrt aber auch darauf, Fehlinformationen über sich selbst zu verbreiten.
    Darüber dachte ich nach und fragte mich gerade, welchen Informationsschnipsel von zweifelhaftem Wert ich dem Mosaik wohl hinzufügen könnte, als die Bummelant von Kraftfeldern gepackt wurde und relativ zu einem der größeren Schwarmkörper zum Stillstand kam. Wir waren etwa durch die Hälfte der Schale hindurchgefallen: Das Licht des Zentralgestirns sickerte bereits durch den »Boden« der Schwarmkörper hindurch, die gelbweiße Farbe zu einem tiefen, düsteren Scharlachrot gedämpft.
    Eine Stimme, die älter war als die ältesten Zivilisationen, tiefer als die Zeit, langsamer als ein Gletscher, dröhnte auf Trans durch die Brücke. »Nennen Sie den Grund Ihres Besuchs, Splitterling.«
    Ich hatte meine Antwort zahllose Male geprobt. »Ich habe nichts anzubieten, was der Vigilanz würdig wäre. Ich bin gekommen, um Ihnen meine Datenspeicher zu öffnen, so wertlos sie auch sein mögen, und übermittele die ehrerbietigen Grüße der Familie Gentian, Haus der Blumen.«
    »Wünschen Sie, Zugang zu unseren Archiven zu erhalten?«
    »Ja«, antwortete ich, denn die Vigilanz log man nicht an. »Doch ich erwarte nicht, dass mir Zugang gewährt wird. Wie schon gesagt, ich bin auf Goodwill-Basis hergekommen.«
    »Bitte warten Sie«, grollte die Stimme, was sich anhörte wie ein ferner Erdrutsch. »Ihr Anliegen wurde weitergeleitet.«
    Ich wartete.
    Ich wartete eine Woche. Dann wurde ein Monat draus. Dann ein halbes Jahr. Dann sechseinhalb Jahre. Währenddessen konnte sich die Bummelant nicht von der Stelle rühren.
    Als die dröhnende Stimme sich wieder meldete, schlief ich gerade, doch ich hatte entsprechende Vorsorge getroffen, so dass ich von einem Moment auf den anderen hellwach war.
    »Sie werden in den Knoten vorgelassen. Sie selbst brauchen weiter nichts zu tun.«
    Eine der kreisförmigen Öffnungen im Schwarmkörper erwies sich als Irisblende, die groß genug war, um die Bummelant hindurchzulassen. Die Kraftfelder dirigierten mein Raumschiff hinein und schoben es durch einen sich verjüngenden Schacht, bis es in der Mitte eines kugelförmigen Hangars schwebte. Der – alles andere als narrensicheren – Trägheitsmessung der Bummelant zufolge befanden wir uns noch immer in einiger Entfernung von der Mitte des Schwarmkörpers. Die Wände waren mit glatten, vollkommen runden Kratern bedeckt, deren Ränder arterienrot leuchteten. Die Felder hatten ihre Beute freigegeben, doch da das Tor sich hinter mir geschlossen hatte, blieb mir nichts anderes übrig, als zu warten.
    Also wartete ich. Diesmal elfeinhalb Jahre.
    Es mag so scheinen, als seien elf Jahre für einen Splitterling, der es gewohnt war, die Galaxis auf Hunderttausende Jahre währenden Umlaufbahnen zu bereisen, nur ein Klacks. Aber so funktioniert unser Verstand nicht. Diese elfeinhalb Jahre waren für mich gleichbedeutend mit mehreren Menschenleben.
    Schließlich aber bekam ich Gesellschaft. Eine der Kraterblenden öffnete sich, und ein Fahrzeug schwebte in den Hangar. Es war knollenförmig und hatte einen gewölbten Bug, der mit dem eiförmigen Rumpf verbunden war, von dem mehrere kleinere eiförmige Gebilde abzweigten. Das Fahrzeug war nur ein Sechstel so groß wie die Bummelant und maß sieben- bis achthundert Meter vom Bug bis zum Heck. Es machte einen erstaunlich primitiven Eindruck. Die metallisch-braune Hülle wirkte korrodiert, stellenweise war sie fleckig und eingedellt. Die eiförmigen Elemente waren mit mechanischen Vorrichtungen

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