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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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finden, doch das ist das Mindeste, was ich für Sie tun kann.«
    »Ist der Speicher transportabel? Ich passe nämlich nicht in Ihr Raumschiff.«
    »Ich kann ihn nach draußen schaffen.«
    »Das würde genügen. Kommen Sie heraus, wenn Sie so weit sind. Lassen Sie sich Zeit; hier kennt man keine Eile.«
    Da ich schon vermutet hatte, dass ich einen Raumanzug brauchen würde, hatte ich den Realisator mit dessen Herstellung beauftragt. Es war ein eigenartiges Gefühl, mich in diese klaustrophobische, ein wenig masochistische Vorrichtung zu zwängen. Das Flitzen ist um einiges angenehmer.
    Der Anzug bemühte sich, es mir bequem zu machen. Ich schlüpfte durch die längst vergessene Seitenschleuse der Bummelant und inspizierte den versengten, pockennarbigen Rumpf, als ich in den luftleeren Hangar hineinschwebte. An verschiedenen Stellen der Hülle traten bereits hexagonale Reparaturplatten aus, die sich miteinander verbanden und aus einem Gitterwerk die funkelnde neue Außenhaut bildeten. In der Rechten hielt ich den Datenspeicher, einen purpurschwarzen, facettierten Zylinder mit einem goldenen Interface-Kragen um die Mitte, mit dem er normalerweise mit dem Schiff verbunden war. Es fühlte sich an, als schleppte ich einen kleinen Neutronenstern mit mir herum. Der Speicher war vollgestopft mit Daten, Wissen und Weisheit.
    »Wird Sie der Anzug eine Weile am Leben erhalten, Splitterling?«
    »Lange genug, hoffe ich.«
    »Dann sagen Sie dem Schiff, es soll auf Ihre Rückkehr warten. Ich nehme an, es kommt während Ihrer Abwesenheit allein zurecht?«
    »Ist schon passiert.«
    »Dann halten Sie still. Sie brauchen nichts zu tun.«
    Die Hände des Kurators bewegten sich auf mich zu, die weit gespreizten Finger schlossen sich langsam, beinahe zärtlich, um meinen winzigen, druckempfindlichen Körper. Der Anzug quietschte, als die Finger mich packten und zusammen mit dem Speicher ans Gesicht zogen. Erst jetzt fiel mir auf, dass sich an dem Ring, der den Helm des Kurators mit dem Rest des Anzugs verband, ein rüsselartiger Fortsatz befand. In dem Rüssel tat sich eine Öffnung auf, und ich wurde in einen schwerkraftfreien Raum von der Größe eines kleinen Hangars geschoben. Die Tür schloss sich wieder, und eine soleartige, rosafarbene Flüssigkeit strömte in den Raum und wirbelte eine Weile darin herum, bis sie das Vakuum ausfüllte. Mein Anzug analysierte die chemische Zusammensetzung. Die Flüssigkeit war dick wie Suppe, angereichert mit langkettigen Molekülen.
    Eine zweite Tür ging auf, und ich wurde von der Flüssigkeit hindurchgespült. Mit den Händen rudernd, bemühte ich mich, meine Position zu stabilisieren. Ich befand mich im Innern des Helms und schwebte zwischen dem Kinn des Kurators und der Glasscheibe. Der Kurator atmete so langsam, dass ich das Gefühl hatte, von trägen Gezeitenkräften bewegt zu werden. Ich schwebte bis zu der furchterregenden Mundöffnung, die sich nach beiden Seiten erstreckte, die Lippen geschwungen wie von unterirdischen Flüssen modellierter Sandstein.
    »Ist Ihnen das unangenehm, Splitterling? Sie müssen mir sagen, wenn es Ihnen unangenehm ist.«
    »Es geht schon.«
    »Nicht jeder Besucher schickt sich so mühelos in die Gegebenheiten wie Sie.«
    »Ich glaube nicht, dass Sie mir wehtun wollen. Sie hatten bereits Gelegenheit dazu.«
    »Ich könnte Sie verzehren wollen. Haben Sie daran schon gedacht?«
    »Jetzt, wo Sie’s sagen …«
    »Ich will Sie nicht verspeisen – jedenfalls nicht im wortwörtlichen Sinn. Allerdings ist es unumgänglich, dass ich Sie verschlucke. Der Grund wird Ihnen in Kürze klar werden. Seien Sie versichert, dass Ihnen nichts geschehen und dass Ihr Aufenthalt in meinem Körper nur vorübergehend sein wird.«
    »Ich schenke Ihrer Versicherung Glauben.« Der Mund weitete sich nach und nach, bis ich zwischen den Lippen hindurchpasste. »Kurator«, sagte ich, als ich in die bodenlose Mundhöhle fiel, »ich hoffe, Sie verzeihen mir die Frage, aber woher wollen Sie wissen, dass ich Ihnen nichts antun werde, wenn ich mich in Ihrem Körperinneren befinde?«
    »Selbst wenn Sie den ganzen Knoten zerstören würden, wäre dies nur ein winziger Bruchteil der in unserem Besitz befindlichen Daten, und der Verlust ließe sich verschmerzen.«
    »Ich könnte es trotzdem versuchen.«
    »Sie wurden eingehender untersucht, als Ihnen bewusst ist. Wir haben uns ein recht genaues Bild über die Fähigkeiten Ihres Schiffes gemacht. Es verfügt über Waffen, ist aber nicht

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